KARLSRUHE (dpa-AFX) - Seit mehr als einem Jahr drückt der Berliner Senat den Anstieg der Mieten in der Hauptstadt mit dem Mietendeckel - ein bundesweit einmaliges Gesetz, das Kritiker für verfassungswidrig halten. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht die neuen Vorschriften unter die Lupe genommen. Am Donnerstag (9.30 Uhr) veröffentlichen die Karlsruher Richter ihre Entscheidung. (Az. 2 BvF 1/20 u.a.)
Die bundesweite Mietpreisbremse, die seit 2015 in besonders begehrten und teuren Wohngegenden verhängt werden kann, geht der rot-rot-grünen Landesregierung nicht weit genug. Mit dem Mietendeckel-Gesetz hat sie zum 23. Februar 2020 die Mieten für rund 1,5 Millionen Wohnungen ganz eingefroren, und zwar auf dem Stand von Juni 2019. Laut Senatsverwaltung betrifft das neun von zehn Mietwohnungen. Ab 2022 sollen Vermieter zumindest die Inflation ausgleichen dürfen.
Ziehen neue Mieter ein, bleibt es bei der alten Miete, oder es greifen Obergrenzen. Mieten, die um mehr als 20 Prozent über der für die Wohnung geltenden Obergrenze liegen, gelten als zu hoch. Seit dem 23. November ist der Vermieter gesetzlich verpflichtet, sie abzusenken.
Bei Verstößen droht ein Bußgeld von bis zu 500 000 Euro. Der Mietendeckel gilt nicht für neue Wohnungen, die seit 2014 fertig wurden. Die Regelung ist auf fünf Jahre befristet, also bis 2025.
Die Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht haben mehr als 280 Bundestagsabgeordnete von FDP und Union angestoßen, mit einem gemeinsamen Normenkontrollantrag. Sie wollen erreichen, dass zentrale Passagen des Gesetzes für nichtig erklärt werden. Ihrer Ansicht nach sind einzelne Länder wie hier Berlin nicht befugt, im Mietrecht einen eigenen Weg zu gehen. Der Bundesgesetzgeber habe alles abschließend geregelt. Nun sei in Berlin verboten, was bundesweit erlaubt sei.
Auch das Berliner Landgericht und ein Amtsgericht, bei denen Vermieter geklagt haben, halten die Vorschriften für verfassungswidrig. In diesem Fall sind sie verpflichtet, die Verfahren auszusetzen und die Frage an Karlsruhe weiterzugeben.
Sollten die Richterinnen und Richter des Zweiten Senats die Mietendeckel-Regelungen ganz oder teilweise für nichtig erklären, müssten Mieter wieder die eigentliche, höhere Miete zahlen. Für den Fall, dass das rückwirkend gilt, hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Mieterinnen und Mietern bereits empfohlen, das gesparte Geld vorerst zurückzulegen. Unter Umständen sei die Differenz für die gesamte Vertragslaufzeit nachzuzahlen./sem/DP/zb
Quelle: dpa-Afx