BERLIN (dpa-AFX) - Die SPD im Bundestag verspricht als Reaktion auf jüngste Affären und Skandale weitgehende Transparenz beim Lobbyismus in Deutschland. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sprach sich nach einer Klausur der SPD-Bundestagsabgeordneten am Freitag in Berlin für ein Lobbyregister als "starke Antwort auf Einflussnahme in der Politik" aus.

Ein Gesetzentwurf von Union und SPD sieht vor, dass sich Interessenvertreter für Lobbyarbeit im Bundestag künftig unter bestimmten Voraussetzungen registrieren müssen. Falsche Angaben sollen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Der Entwurf war unter anderem von Transparenzorganisationen als zu lasch kritisiert worden.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte in ihrer Sommer-Pressekonferenz vor einer Woche verteidigt, dass die Bundesregierung bei dem geplanten Lobbyregister ausgespart werden soll. Die Regierung arbeite schon sehr transparent, so Merkel.

Mützenich sagte über das geplante Lobbyregister: "Das müssen wir noch einmal diskutieren." Am Ende müsse man sich mit der Union auf die Regeln verständigen. "Von daher habe ich den Eindruck, dass auch auf der parlamentarischen Ebene noch große Skepsis vorhanden ist."

Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann kritisierte die bisherigen Pläne als "absolute Light-Version eines Lobbyregisters". Die Bundesregierung solle nicht zu mehr Transparenz verpflichtet werden, sagte Haßelmann der Deutschen Presse-Agentur.

"Auch der legislative Fußabdruck, der Aufschlüsse über die Entstehung und Mitwirkung an Gesetzentwürfen gibt, fehlt komplett und es gibt große Ausnahmebereiche der Eintragungspflicht für Verbände", sagte Haßelmann. "Union und SPD müssen jetzt dringend nachbessern."

Auf so ein Register für den Bundestag verständigt hatten sich die Fraktionen von CDU/CSU und SPD bereits nach der Affäre um den CDU-Abgeordneten Philipp Amthor. Amthor war wegen einer Nebentätigkeit und Lobbyarbeit für das US-amerikanische IT-Unternehmen Augustus Intelligence stark in die Kritik geraten.

Für den inzwischen insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard wiederum hatten - so kam ans Licht - der Ex-Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Klaus-Dieter Fritsche, sowie der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Lobbyarbeit betrieben. Mit Spannung wird in Berlin auch beobachtet, ob der Skandal zum Problem bei der Kanzlerkandidatur von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) werden könnte.

Mützenich attestierte Scholz im Wirecard-Skandal "volle Transparenz, volle Aufklärung". Mützenich versicherte, beim vom Bundestag eingesetzten Untersuchungsausschuss werde die SPD mit großem Interesse mitarbeiten. Sie werde auch "das, was offensichtlich in Bayern schief gelaufen ist, dort auch zur Sprache bringen", sagte der SPD-Mann mit Blick auf Gerüchte über eine Verbindung der bayerischen Staatsregierung zur Wirecard-Spitze./bw/DP/nas

Quelle: dpa-Afx