FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Lufthansa
An der Börse wurden die Neuigkeiten allerdings mit einem Kursrutsch quittiert. Die Lufthansa-Aktie verlor am Morgen mehr als sechs Prozent auf 8,28 Euro und war damit größer Verliererin im MDax
Marktteilnehmer fokussierten sich auf die negativen Aspekte der Zwischenbilanz - darunter den bereinigten freien Barmittelzufluss. Dieser lag mit 589 Millionen Euro nur rund halb so hoch wie von Analysten im Schnitt erwartet. Dies überlagere die positive Überraschung beim operativen Gewinn, erklärte ein Aktienhändler am Morgen. Branchenexperte Harry Gowers von der US-Bank JPMorgan monierte die gestiegenen Kosten des Airline-Konzerns, wertete die Quartalszahlen aber als insgesamt solide.
Mit ihrer konkretisierten Jahresprognose stößt die Lufthansa wieder in frühere Gewinnsphären vor. 2017 hatte der Konzern vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten (bereinigtes Ebit) knapp 3 Milliarden Euro verdient, nachdem die bis dahin wichtigste heimische Konkurrentin im August des Jahres Insolvenz angemeldet hatte. Ein Jahr darauf waren es noch gut 2,8 Milliarden Euro.
Nach den Milliardenverlusten aus den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 hatte die Lufthansa 2022 operativ immerhin wieder rund 1,5 Milliarden Euro verdient. Für 2023 hatte der Vorstand noch im Mai nur allgemein einen "deutlichen" Anstieg in Aussicht gestellt.
Dass Konzernchef Spohr und Finanzchef Remco Steenbergen jetzt mindestens 2,6 Milliarden Euro anpeilen, liegt auch an glänzenden Geschäften im zweiten Quartal. Da steigerte die Lufthansa ihren Umsatz dank mehr Passagieren und höherer Ticketpreise im Jahresvergleich um 17 Prozent auf knapp 9,4 Milliarden Euro. Der bereinigte operative Gewinn verdreifachte sich nahezu auf knapp 1,1 Milliarden Euro und lag damit so hoch wie noch nie in einem zweiten Quartal. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 881 Millionen Euro und damit dreieinhalbmal so viel wie ein Jahr zuvor.
Hatten die Passagier-Airlines Lufthansa, Swiss, Austrian, Brussels und Eurowings im zweiten Quartal 2022 kurz nach dem Abklingen der Omikron-Welle noch mit insgesamt 86 Millionen Euro in den roten Zahlen gesteckt, verfehlten sie diesmal mit einem bereinigten operativen Gewinn von 965 Millionen Euro nur knapp die Milliardenschwelle. Alle Airlines des Bereichs lieferten schwarze Zahlen ab.
Zwar mussten die Konzern-Airlines im Zuge der Inflation höhere Kosten für Flugsicherung, Flughäfen, Wartung und Ersatzteile schultern, sodass ihre Stückkosten im Jahresvergleich um sieben Prozent stiegen. Allerdings zogen die Ticketpreise - gemessen an den Durchschnittserlösen - sogar um 13 Prozent an und machten die gestiegenen Kosten damit mehr als wett. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2019 lagen die Durchschnittserlöse sogar ein Viertel höher.
Unterdessen profitierte die Wartungssparte Lufthansa Technik von der gestiegenen Nachfrage. Ihr bereinigter operativer Gewinn stieg um 39 Prozent auf 156 Millionen Euro und lag damit so hoch wie noch nie in einem zweiten Quartal.
Ganz anders erging es der Frachtsparte Lufthansa Cargo, die den operativen Gewinn des Konzerns im gesamten Vorjahr quasi allein eingeflogen hatte. Denn die Sonderkonjunktur aus den Pandemiejahren mit knappen Kapazitäten und hohen Transportpreisen ist inzwischen sichtbar zu Ende. Im Vergleich zum zweiten Quartal des Vorjahres brach der bereinigte operative Gewinn der Sparte nun von 482 Millionen auf nur noch 37 Millionen Euro ein.
Beim Ausbau des Flugangebots auf das Niveau der Vor-Corona-Zeit kommt die Lufthansa indes langsamer voran als manch andere Airline. Nach 83 Prozent im zweiten Quartal sollen es im wichtigen Sommerquartal von Juli bis September immerhin 88 Prozent sein. Für das Gesamtjahr hat der Vorstand jetzt nur noch 85 Prozent auf dem Zettel. Noch im Mai hatte das Management 85 bis 90 Prozent in Aussicht gestellt.
Unterdessen beginnt unter den Stammpiloten der Lufthansa die Abstimmung über das Verhandlungsergebnis im laufenden Tarifkonflikt. Die Mitglieder der Vereinigung Cockpit (VC) sind zu einem Votum bis zum 10. August aufgerufen, wie Unternehmen und Gewerkschaft am Donnerstag intern ankündigten. Laut VC ist die Zustimmung von mindestens der Hälfte der Stimmberechtigten notwendig, um das Paket anzunehmen. Im anderen Fall würden erneut Streiks drohen./stw/ceb/ngu/jha/
Quelle: dpa-Afx