BIETIGHEIM-BISSINGEN (dpa-AFX) - Der Maschinen- und Anlagenbauer Dürr will im neuen Geschäftsjahr die Pandemie komplett abhaken. Umsatz und Ertrag sollen das Vorkrisenniveau trotz der aktuellen Lieferkettenprobleme wieder erreichen oder gar übertreffen. Die Chancen stehen gut, denn die Auftragsbücher der Schwaben sind hierfür prall geführt. Schon im vergangenen Jahr profitierte der Konzern dank der allgemeinen Konjunkturerholung von der regen Nachfrage seiner Kunden und schrieb auch unter dem Strich wieder schwarze Zahlen.
Während der Ausblick im Rahmen der Markterwartungen liegt, fallen die vorläufigen Kennziffern für 2021 allerdings etwas schwächer aus als erwartet. Im Zuge der allgemein schwachen Börsen standen die im MDax notierten Dürr-Papiere im frühen Handel unter Druck. Kurz nach dem Handelsstart ging es um drei Prozent abwärts. Damit setzen die Aktien ihre bereits seit rund einem Monaten anhaltende Talfahrt fort. Nach dem Zwischenhoch bei 42,60 Euro Ende Januar haben sie mittlerweile mehr als ein Fünftel an Wert eingebüßt.
Der neue Konzernchef Jochen Weyrauch zeigt sich für 2022 derweil optimistisch. "Wir wollen unser profitables Wachstum fortsetzen", sagte der Manager laut Mitteilung. Beim Umsatz peilt das Management demnach im Vergleich zum Vorjahr ein Wachstum um mindestens zehn Prozent auf 3,9 bis 4,2 Milliarden Euro an, beim Nachsteuerergebnis wird ein noch weitaus kräftigerer Zuwachs auf 130 bis 180 Millionen Euro angepeilt.
Dabei soll sich auch im Tagesgeschäft die Profitabilität deutlich verbessern: Die bereinigte operative Marge (bereinigte Ebit-Marge) soll auf 6,5 bis 7,5 Prozent klettern, nach 5,6 Prozent im vergangenen Jahr. Laut einer vom Unternehmen selbst bereitgestellten Umfrage liegen Analysten mit ihren Erwartungen derzeit tendenziell im oberen Bereich der Konzernprognose.
Im vergangenen Jahr gingen bei Dürr dank der wieder anziehenden Konjunktur so viele Kundenbestellungen ein wie noch nie, der Auftragseingang kletterte vorläufigen Berechnungen zufolge um knapp ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr auf 4,3 Milliarden Euro. Ende 2021 lag der Auftragsbestand bei rund 3,4 Milliarden Euro.
Das sind beste Startvoraussetzungen für den erst seit Jahresbeginn amtierenden Firmenlenker Weyrauch, der vorher lange Jahre bereits im Vorstand bei Dürr gesessen hatte und zuletzt als stellvertretender Konzernchef das Kerngeschäft verantwortete. Allerdings rechnet das Management gleichzeitig damit, dass die aktuellen weltweiten Lieferkettenprobleme noch besonders im ersten Halbjahr 2022 anhalten werden. Danach aber wird mit einer deutlichen Abschwächung gerechnet. Gleichzeitig stellt Weyrauch seinen Ausblick auch unter die - aktuell nur schwer zu bemessende - Voraussetzung, "dass die Auswirkungen des Russland-Ukraine-Konflikts auf die Weltwirtschaft sich in Grenzen halten". Am Donnerstag hat Russland mit dem Angriff auf die Ukraine begonnen.
Der Dürr-Konzern stellt unter anderem Lackier- und Endmontageanlagen und Maschinen- und Robotertechnik her. Den Löwenanteil des Umsatzes macht das Unternehmen mit der Automobilindustrie. Die Tochter Schenk ist eigenen Angaben zufolge Weltmarktführer für Auswucht- und Diagnosetechnik, mit der Homag Gruppe gehört zudem ein Spezialist für Holzbearbeitungsmaschinen zum Konzern.
Im vergangenen Jahr trieb vor allem Homag das Wachstum bei Dürr an, die Gruppe profitierte von den wieder anziehenden Investitionen der Möbelindustrie und dem Trend zum klimafreundlichen Bauen. Deutliche Zuwächse verzeichnete der Konzern aber auch im Geschäft mit der Automobilindustrie, die 2020 ihre Ausgaben noch kräftig zurückgefahren hatte.
Konzernweit stieg der Umsatz um 6,4 Prozent auf rund 3,5 Milliarden Euro, das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) wurde auf 199 Millionen Euro in etwa verdoppelt. Unter dem Strich kehrte der Hersteller mit rund 85 Millionen Euro in die schwarzen Zahlen zurück - 2020 hatte die Pandemie Dürr noch knapp 14 Millionen Euro Verlust eingebrockt. Weyrauchs Vorgänger Ralf Dieter hatte darauf mit einem Sparprogramm inklusive einem Stellenabbau reagiert. Die Mitarbeiterzahl stieg aber zuletzt, größtenteils wegen Übernahmen im In- und Ausland. Ende 2021 beschäftigte der Konzern 17 800 Menschen./tav/nas/eas
Quelle: dpa-Afx