PLANEGG (dpa-AFX) - Der Wirkstoffforscher Morphosys hat in klinischen Tests einen Durchbruch mit seinem Hoffnungsträger Pelabresib erzielt. In einer zulassungsrelevanten Studie trafen die Bayern ihr wichtigstes Ziel und wollen nun Mitte kommenden Jahres einen Zulassungsantrag in den USA und in Europa beantragen. Analysten stieß allerdings auf, dass das Medikament die Symptome des seltenen Blutkrebs Myelofibrose ungenügend verbessern konnte. Einige Experten bezweifeln, dass die Zulassung erfolgen wird. An der Börse brach die Aktie deshalb am Dienstag massiv ein und baute damit die Verluste der vergangenen Tage aus.

Am frühen Morgen kurz nach dem Handelsstart ging es für das Papier um rund 30 Prozent nach unten auf ein Tief seit Mai. Dabei schwankte das Papier vorbörslich noch stark. Ein Händler sagte, nach den Daten sei eine Zulassung nicht sicher. Auch das Urteil der Analysten fiel gemischt aus.

UBS-Experte Xian Deng sprach von durchwachsenen Daten: Während Morphosys sein primäres Ziel erreicht habe, sei beim sogenannten sekundären Endpunkt - der Verbesserung der Krankheitssymptome - nicht durchweg bei allen Probanden-Gruppen eine statistisch signifikante Verbesserung erzielt worden. Besonders negativ formulierte es Goldman-Sachs-Experte Rajan Sharma, er sieht das Medikament bei den zweitrangigen Zielen als komplett durchgefallen. Die Analysten von Kempen halbierten gar ihr Kursziel auf zehn Euro und bestätigten ihr Verkaufsvotum.

Die Daten waren an der Börse mit Spannung erwartet worden. Spekulationen über das Ergebnis hatten den Aktienkurs in den vergangenen Wochen immer wieder stark bewegt. Das Papier war seit Jahresbeginn bis Anfang November auf fast das Eineinhalbfache angezogen - hatte dann aber bereits binnen der vergangenen zwei Wochen rund ein Drittel an Wert eingebüßt. Offenbar wollten viele Anleger auf Nummer sicher gehen und nahmen lieber Gewinne mit. Nach dem aktuellen Kursrutsch kostet ein Papier nun rund 15 Euro, im Januar 2020 hatte die Aktie zeitweise noch mehr als 146 Euro gekostet.

Morphosys hatte in der Studie seinen Hoffnungsträger Pelabresib bei Patienten mit Myelofibrose getestet. Dabei handelt es sich um einen seltenen Blutkrebs, der seinen Ursprung im Knochenmark hat. Neben einer fehlerhaften Bildung von weißen Blutkörpchen geht die Krankheit mit einer Vergrößerung der Milz einher. Nebenwirkungen der Krebserkrankung sind etwa Fieber, große Müdigkeit und Gewichtsverlust.

In der Morphosys-Studie der Phase 3 (Manifest-2) sorgte die Kombinationstherapie aus Pelabresib mit dem Mittel Ruxolitinib bei rund zwei Dritteln der Patienten für eine Reduzierung des Milzvolumens um mindestens 35 Prozent, wie der Konzern am späten Vorabend mitgeteilt hatte. Es handelt sich laut Morphosys um eine statistisch signifikante und bedeutsame Verbesserung. Bei der Symptomreduktion sprach das Unternehmen hingegen zusammenfassend lediglich von einem "starken positiven Trend".

Unternehmenschef Jean-Paul Kress kommentierte die Daten optimistisch: "Wir sind mit dem positiven Ergebnis der Studie sehr zufrieden", sagte er der Mitteilung zufolge. "Pelabresib in Kombination mit Ruxolitinib zeigte eine starke Verringerung des Milzvolumens und der Symptome im Vergleich zur Ruxolitinib-Monotherapie - dies sind die eindrucksvollsten Verbesserungen, die in klinischen Studien bei Patienten mit Myelofibrose bisher beobachtet wurden."

Kress hatte bereits in der vergangenen Woche auf einer Analystenkonferenz angedeutet, dass er mit einer wohlwollenden Antwort der Regulierungsbehörden auch bei gemischt ausfallenden Daten rechnet. Die Regulierer hätten die Schwere der Krankheit Myelofibrose und den hohen, bisher ungestillten medizinischen Bedarf im Blick, hatte er gesagt.

Die US-Arzneimittelaufsicht FDA hatte der Kombinationstherapie aus Pelabresib und Ruxolitinib bereits 2018 den "Fast-Track-Status" verliehen, womit diese Aussicht auf ein beschleunigtes Zulassungsverfahren hat. Diesen Status vergibt die Behörde bei schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankungen, in denen ein dringender Bedarf an neuen Therapien besteht.

Für Morphosys ist ein Zulassungserfolg besonders wichtig, da das Unternehmen wegen hoher Forschungskosten unter anderem für Pelabresib rote Zahlen schreibt. Das Unternehmen hatte den Wirkstoff mit der kostspieligen Übernahme des US-Krebsspezialisten Constellation Pharmaceuticals im Jahr 2021 für rund 1,7 Milliarden Dollar zu sich ins Haus geholt./tav/mne/zb

Quelle: dpa-Afx