VEVEY (dpa-AFX) - Der Lebensmittelkonzern Nestle rechnet im laufenden Jahr mit einem etwas geringeren Wachstum und Gewinn je Aktie als bisher. Grund dafür ist, dass die Preissteigerungen nicht mehr so hoch ausfallen dürften wie bislang angenommen. Im ersten Halbjahr ist der weltgrößte Lebensmittelhersteller dank höherer Preise und eines gestiegenen Absatzes gewachsen; allerdings nicht so stark wie von Experten erhofft. Der starke Franken belastete dagegen das Ergebnis. An der Börse kam die gesenkte Prognose nicht gut an. Die Aktie gab deutlich nach und gehörte am Donnerstag zu den schwächsten europäischen Standardwerten.

Am Vormittag fiel der Kurs um fünf Prozent auf 88,94 Franken und rutschte damit auf den tiefsten Stand seit dem Corona-Crash im März 2020 ab. Nestle gehört mit einem Börsenwert von 236 Milliarden Franken (242 Mrd Euro) zu den wertvollsten europäischen Unternehmen. Der Schweizer Konzern liegt knapp vor dem deutschen Softwarehersteller SAP , der zuletzt auf rund 235 Milliarden Euro kam.

Die Experten der Schweizer Bank Vontobel lobten zwar die Entwicklung im ersten Halbjahr, waren aber auch von der gesenkten Prognose überrascht. Die Zahlen seien bezüglich Mengenwachstum, Profitabilität und freiem Mittelzufluss durchaus überzeugend, hieß es in einer Studie. Die gesenkte Prognose sei aber eine "kalte Dusche" und dürfte die Bären kaum beschwichtigen. Angesichts des derzeit schwierigen und volatilen Umfelds sei es aber ein kluger Schritt, "eine realistischere Prognose" abzugeben, die auch mit den Markterwartungen übereinstimme.

Von Januar bis Ende Juni setzte Nestle 45 Milliarden Franken (46,7 Mrd Euro) und damit 2,7 Prozent weniger als vor einem Jahr um. Dabei drückten negative Wechselkurseffekte den Umsatz um 4,4 Prozent, teilte das Unternehmen mit. Organisch - also um Wechselkurseffekte sowie Zu- und Verkäufe bereinigt - wuchs Nestle aber um 2,1 Prozent. Damit hat das Unternehmen die Erwartungen der Analysten verfehlt. Sie hatten im Schnitt mit einem organischen Wachstum von 2,4 Prozent gerechnet.

Grund für das langsamere Wachstum war, dass sich die Preiserhöhungen deutlich abschwächten. Nestle erhöhte die Preise im ersten Halbjahr durchschnittlich um 2,0 Prozent. Im ersten Quartal hatten die Erhöhungen noch 3,4 Prozent betragen. Nestle wird die Preise jetzt auch im Gesamtjahr weniger stark erhöhen als bislang erwartet. Darum senkt das Unternehmen die Erwartungen für das organische Wachstum von bislang "um die 4 Prozent" auf "mindestens 3 Prozent".

Doch während das Unternehmen zum Jahresstart - auch dank der Preiserhöhungen - noch die Zurückhaltung der Konsumenten gespürt hatte, griffen diese im zweiten Jahresviertel wieder verstärkt zu Nestle-Produkten wie Cini-Minis-Cerealien, Kitkat-Schokoriegel oder Hirz-Joghurt. Das Mengenwachstum (internes Realwachstum, RIG) betrug im zweiten Quartal 2,2 Prozent, nach minus 2,0 Prozent im ersten Jahresviertel. Es war damit so hoch wie seit dem Startquartal 2022 nicht mehr.

Der Betriebsgewinn (Ebit) von Januar bis Juni ging leicht auf 7,8 Milliarden Franken zurück. Experten hatten mit einem Gewinn in dieser Größenordnung gerechnet. Die zugrunde liegende operative Marge als Maß für die Profitabilität nahm derweil um 0,3 Prozentpunkte auf 17,4 Prozent zu. Unter dem Strich erzielte Nestle wie ein Jahr zuvor einen Reingewinn von rund 5,6 Milliarden Franken.

Abgesehen von den leicht geringeren Wachstumserwartungen senkt Nestle den Ausblick für das Gesamtjahr auch in Bezug auf den bereinigten Gewinn pro Aktie. Dieser soll "im mittleren einstelligen Bereich" steigen. Zuvor hatte das Unternehmen mit einer Steigerung von 6 bis 10 Prozent gerechnet. Die Erwartungen für die zugrunde liegende operative Marge bleibt bei einer "moderaten" Steigerung. 2023 hatte diese bei 17,3 Prozent gelegen./tv/tt/AWP/zb/jha/

Quelle: dpa-Afx