PREMSTÄTTEN/MÜNCHEN (dpa-AFX) - Bei der Übernahme des deutschen Lichtspezialisten Osram
Der Preis stellt allerdings nur das gesetzliche Minimum für ein sogenanntes Delisting-Angebot dar, wie AMS selbst einräumt. Die Österreicher wollen Osram nämlich von der Börse nehmen, und zwar unabhängig davon, wie viele Aktionäre trotz des sehr mageren Aufschlags auf den Schlusskurs vom Montag von 51,95 Euro das Angebot annehmen.
Am Dienstagmorgen lag die aktuell noch im Nebenwerteindex SDax notierte Osram-Aktie rund 2 Prozent im Plus. Ein Händler verwies darauf, dass die Aktionäre wohl auf ein höheres Angebot setzten.
AMS hatte Osram im Jahr 2019 nach langem Ringen übernommen. Ein erstes Übernahmeangebot verfehlte die Annahmeschwelle, das zweite drohte an Hedgefonds zu scheitern. Doch im Dezember meldeten die Österreicher dann, dass sie das Ziel von 55 Prozent der Anteile erreicht hätten.
Am späten Montagabend meldete sich auch der Osram-Vorstand zu Wort. Man könne das Vorhaben nachvollziehen, hieß es in einer kurzen Mitteilung. Der Vorstand werde "AMS bei diesem Verfahren im Sinne des Unternehmensinteresses unterstützen". Laut Mitteilung werde Osram angewiesen, den Widerruf der Zulassung der Osram-Aktien zum Handel im regulierten Markt an den Börsen in Frankfurt und München einzuleiten.
Der Osram-Mehrheitseigner AMS teilte unterdessen am Dienstag in Premstätten in der Steiermark mit, dass das kombinierte Unternehmen künftig AMS Osram heißen soll. Der Firmenname soll auf der kommenden Hauptversammlung entsprechend angepasst werden. AMS-Chef Alexander Everke will zusammen mit Osram einen europäischen Weltmarktführer für Sensoriklösungen und Photonik schmieden. Er bezeichnete das Delisting-Angebot als "nächsten logischen Schritt" für die Integration von Osram und die Umsetzung der AMS-Strategie. Mit dem Ende von Osrams Börsennotierung würden die umfangreichen finanziellen Berichtspflichten und die Anwendung zahlreicher weiterer Regelungen zur Marktinformation enden.
Osram war schon vor Beginn der Corona-Krise wegen schwach laufender Geschäfte mit der Autoindustrie und Smartphoneherstellern in schwieriges Fahrwasser geraten, ehe dann auch noch die Pandemie hinzu kam. Zuletzt lief es für den lange angeschlagenen Leuchtenhersteller aber wieder besser, neben der Markterholung spielten Osram dabei auch Einsparungen in die Karten. AMS setzt darauf, dass Osram künftig wieder dauerhaft Gewinne einfährt.
Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (BGAV) zwischen AMS und Osram war Anfang März wirksam geworden, dadurch hatte AMS wie erwartet die operative Kontrolle über Osram erlangt. Seit der Umsetzung des BGAV seien bereits "erhebliche Fortschritte" erzielt worden, sagte Everke nun. Die Integration sei in vollem Gange. Gleichzeitig bestätigte das kombinierte Unternehmen einen höheren Gesamtbetrag der erwarteten Kosteneinsparungen von 350 Millionen Euro, die über die zuvor angekündigten und über einen Zeitraum von drei Jahren erwarteten jährlichen Synergien von 300 Millionen Euro hinausgingen.
Außerdem beschäftige sich das kombinierte Unternehmen im Zuge seiner Portfolioanpassung derzeit mit mehreren Zu- und Verkaufsprozessen (M&A), hieß es. Neue Entwicklungen hierzu sollen zu gegebener Zeit bekannt gegeben werden. In der Osram-Belegschaft und im Betriebsrat waren seit der Übernahme durch AMS immer wieder Sorgen laut geworden, dass die Österreicher das Münchner Traditionsunternehmen zerschlagen und sich von Unternehmensteilen trennen könnten. Eine Marktgerüchten zufolge etwa im Raum stehende Trennung vom besonders wichtigen Autogeschäft hatte Everke aber dementiert.
Nach Abschluss des Delistings werde der Handel mit Osram-Aktien am regulierten Markt eingestellt, teilte AMS weiter mit. Die Beendigung der Börsennotierung werde unabhängig von der tatsächlichen Annahmequote im Rahmen des Delistings-Angebot vollzogen. Von der Schwelle zum sogenannten Squeeze-out, also dem Recht des Hauptaktionärs zum Herausdrängen der Minderheitsaktionäre gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aus dem Unternehmen, ist AMS aktuell noch weit entfernt. Denn erst wenn ein Aktionär mindestens 95 Prozent des Grundkapitals hält, hat er in Deutschland das Recht, die restlichen Aktionäre aus dem Unternehmen zu drängen./eas/nas/stk
Quelle: dpa-Afx