GÖTTINGEN (dpa-AFX) - Der anhaltende Abbau von Lagerbeständen bei Kunden nach der Corona-Pandemie und die allgemeine schwache Nachfrage belasten Sartorius stärker als bisher gedacht. Der Pharma- und Laborausrüster senkte seine Prognosen für den Umsatz und die Profitabilität im laufenden Jahr deutlich. So rechnet der Konzern jetzt mit einem Umsatzrückgang im niedrigen bis mittleren Zehner-Prozentbereich statt eines leichten Wachstums. Am Aktienmarkt kam dies nicht gut an. Die Aktie verlor im frühen Montagshandel rund 13,5 Prozent auf 307,40 Euro.

Aufgrund der geringeren Volumenerwartungen werde bei der Marge auf Basis des um Sondereffekte bereinigten Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) 2023 nun mit einem Wert von etwa 30 Prozent gerechnet, teilte der Konzern am späten Freitagabend in Göttingen mit. Bisher hatte das im Dax notierte Unternehmen einen Wert in etwa auf dem Niveau des Vorjahres erwartet.

Sartorius habe eine üble Umsatz- und Gewinnwarnung veröffentlicht, erläuterte ein Händler. Auch wenn die Warnung nicht völlig unerwartet komme, dürfte der Aktienkurs doch stark unter Druck geraten. Analyst Odysseas Manesiotis von der Berenberg Bank hatte eine Senkung der Jahresziele befürchtet, doch falle sie jetzt erheblich stärker aus als gedacht. Im Gespräch mit dem Management des Laborausrüsters habe sich herauskristallisiert, dass es im zweiten Quartal keine Besserung gebe und das zweite Halbjahr wohl dem ersten entspreche.

Mittelfristig bleibt Sartorius optimistisch. "Die aktuelle Nachfragesituation nach der Pandemie sieht Sartorius als eine Phase an, welche die grundlegenden sehr positiven Wachstumstreiber der Life-Science und Biopharmaka-Märkte nur temporär überlagert." Entsprechend ändert das Unternehmen seine Mittelfristziele bis 2025 nicht.

Demnach sollte der Umsatz bis 2025 auf etwa 5,5 Milliarden steigen. Davon sollen rund 34 Prozent als Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) hängen bleiben. Das wären rechnerisch knapp 1,9 Milliarden Euro. Für Analyst Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan ist es nun aber fraglich, ob Sartorius die Ziele für 2025 erreicht. Im vergangenen Jahr war der Umsatz um etwas mehr als ein Fünftel auf fast 4,2 Milliarden Euro gestiegen. Der bereinigte operative Gewinn hatte gut 1,4 Milliarden Euro betragen und die operative Marge damit bei 33,8 Prozent gelegen.

Zur Umsatzentwicklung im laufenden Jahr sollen Akquisitionen rund einen Prozentpunkt beitragen, wobei die geplante Polyplus-Übernahme noch nicht in der Prognose berücksichtigt ist. Der gesenkten 2023er-Prognose zufolge könnte der Umsatz im laufenden Jahr auf weniger als 4 Milliarden Euro sinken; das operative Ergebnis könnte rechnerisch gemessen an der reduzierten Umsatz- und Margenerwartung auf weniger als 1,2 Milliarden Euro schrumpfen.

Von Bloomberg befragte Experten hatten bisher noch mit einem Erlös von knapp 4,2 Milliarden Euro im Jahr 2023 gerechnet - also auf dem Niveau des Vorjahres. Beim operativen Gewinn liegt die Durchschnittsschätzung für das laufende Jahr derzeit noch bei fast 1,4 Milliarden Euro. Für das Jahr 2025 liegen bei Bloomberg derzeit fünf Analystenschätzungen vor. Der Schnitt liegt hier bei einem Umsatz von 5,3 Milliarden Euro und einem operativen Gewinn von 1,8 Milliarden Euro.

Am Aktienmarkt wurde aufgrund der gesenkte Prognose für das laufende Jahr die jüngste Erholung abrupt beendet. Die seit September 2021 im deutschen Leitindex notierte Vorzugsaktie hatte sich in den vergangenen Wochen von dem Ende Mai erreichten Jahrestief von etwas mehr als 309 Euro erholt. Am Freitag hatte der Xetra-Schlusskurs mit 355,50 Euro knapp 15 Prozent darüber gelegen.

Die Aktie war einer der Gewinner der Corona-Pandemie am Finanzmarkt. Der Kurs stieg von rund 200 Euro Anfang 2020 bis auf 631,60 Euro im November 2021. Im vergangenen Jahr stürzte der Kurs im Juni dann bis auf weniger als 300 Euro ein. Trotz der Verluste seit dem Rekordhoch zählt die Aktie langfristig zu den größten Gewinnern unter den deutschen Standardwerten. In den vergangenen zehn Jahren summiert sich das Kursplus auf fast 1400 Prozent.

Über zwanzig Jahre gesehen sind es aktuell immer noch mehr als 23 000 Prozent. Das Unternehmen ist an der Börse derzeit rund 20,6 Milliarden Euro wert. Größter Nutznießer des Kursanstiegs ist die Gründerfamilie. Sie hält gut die Hälfte der Stammaktien, die wiederum die Hälfte des Aktienkapitals ausmachen./zb/mne/tih/men

Quelle: dpa-Afx