HANNOVER (dpa-AFX) - Die Hochwasserkatastrophe in Deutschland und mehreren Nachbarländern hält auch den Versicherungskonzern Talanx
An der Börse ging es für die Talanx-Aktie am Vormittag dennoch abwärts. Mit einem Abschlag von 0,32 Prozent auf 37,24 Euro lag sie zuletzt im Mittelfeld des Nebenwerte-Index SDax. Seit dem Jahreswechsel hat ihr Kurs um rund 17 Prozent zugelegt. Das Rekordhoch von 48,38 Euro, das das Papier kurz vor dem Corona-Crash im Februar 2020 erreicht hatte, ist aber immer noch ein gutes Stück entfernt.
Für Gesamtjahr rechnet die Talanx-Führung jetzt mit einem Überschuss von 900 bis 950 Millionen Euro. Zuvor hatte sie bis zu 900 Millionen angepeilt, doch Analysten hatten im Schnitt bereits fast eine Milliarde Euro erwartet.
Im zweiten Quartal verdiente Talanx unter dem Strich 269 Millionen Euro, gut zweieinhalb Mal so viel wie im coronageprägten Vorjahreszeitraum. Im ersten Lockdown wegen der Pandemie hatten der Ausfall von Veranstaltungen und die Schließung von Betrieben wie Restaurants bei Talanx aufs Ergebnis geschlagen.
Diesmal musste der Konzern unter anderem für die Folgen des Sturmtiefs "Volker" in die Tasche greifen, das im Juni mit Starkregen und Hagel in Deutschland und anderen Ländern Europas hohe Schäden angerichtet hatte. Einschließlich der Schäden bei dem Rückversicherer Hannover Rück, an dem Talanx gut die Hälfte der Anteile hält, summierte sich die Belastung auf 34 Millionen Euro.
Die Folgen des Sturmtiefs "Bernd" in Deutschland und mehreren Nachbarstaaten werden Talanx und Hannover Rück ein Vielfaches dieser Summe kosten. Bei der Flutkatastrophe nach lang anhaltendem Starkregen sind nach bisherigen Erkenntnissen hierzulande fast 200 Menschen ums Leben gekommen, Häuser, Betriebe und Dörfer wurden ganz oder teilweise zerstört. In vielen Fällen sei der Boden der Grundstücke verunreinigt, weil Abwasserrohre gebrochen sind, sagte Wicke. "Das ist toxisch, das muss weg, und das ist teuer."
Auch bei Betrieben in der Region verzeichnet Talanx ihm zufolge deutliche Schäden. Bei einem Maschinenbauer, der bei HDI versichert ist, sei die Flut durch die Fabrik gerauscht und habe bereits auslieferungsfertige Maschinen beschädigt. "Da schaut man jetzt, ob man noch etwas retten kann, aber es sieht nicht wirklich gut aus." Wicke sprach von "tragischen Schicksalen". Schließlich gehe es in diesen Fällen auch um Arbeitsplätze.
Insgesamt muss Talanx inklusive der Tochter Hannover Rück nach eigener Schätzung insgesamt versicherte Schäden in Höhe von mindestens 600 Millionen Euro begleichen. Allerdings haben beide Versicherer einen Großteil der Risiken bei anderen Unternehmen rückversichert. Daher müssen sie voraussichtlich nur rund 300 Millionen Euro selbst tragen. Der Großteil dieser Summe entfällt auf die Hannover Rück. Das auf die Talanx-Aktionäre entfallende Ergebnis im dritten Quartal dürfte daher unter dem Strich noch mit rund 150 Millionen Euro belastet werden, rechnete Wicke vor.
Unterdessen spürt Talanx ihm zufolge wie andere Versicherer bei seinen Kunden eine anziehende Nachfrage nach Versicherungen gegen Elementarschäden wie durch Hochwasser. Überlegungen zu einer generellen Versicherungspflicht in diesem Bereich steht Wicke aber ablehnend entgegen. Seiner Ansicht nach darf es nicht darum gehen, die Risiken derjenigen zu sozialisieren, "die am Flussufer wohnen und die Aussicht genießen". Der Staat müsse Menschen in gefährdeten Gebieten auch sagen: "Hier geht es nicht mehr."
Allerdings würde der Manager "nicht grundsätzlich ablehnen", dass eine Versicherung gegen Elementarschäden standardmäßig Bestandteil der Gebäudeversicherung würde - und die Kunden diesen Schutz aktiv abwählen müssten. "Das würde Klarheit in der Beratungssituation schaffen." Dem deutschen Versichererverband GDV zufolge sind bisher weniger als die Hälfte der Häuser in Deutschland gegen Elementargefahren versichert. Die versicherten Schäden infolge der Flutkatastrophe schätzt der Verband allein hierzulande auf 4,5 bis 5,5 Milliarden Euro.
Unterdessen muss Talanx auch für die Folgen der Explosion in einer Sondermüll-Verbrennungsanlage in Leverkusen zahlen. Der Schaden durch die heftige Detonation in dem Chemiepark dürfte Wicke zufolge mit einem mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Betrag bei dem Konzern zu Buche schlagen. Bei dem Unglück Ende Juli sind mindestens sechs Menschen ums Leben bekommen. 31 wurden nach Angaben des Betreibers verletzt. Ein Mensch wurde zuletzt noch vermisst./stw/mis/eas
Quelle: dpa-Afx