HANNOVER (dpa-AFX) - Der Versicherungskonzern Talanx
Einen Milliardengewinn hatte Vorstandschef Torsten Leue eigentlich erst für 2022 ins Auge gefasst. Im ersten Corona-Jahr 2020 war der Überschuss noch auf 673 Millionen Euro eingebrochen, weil pandemiebedingte Schäden wie Veranstaltungsausfälle und die Schließung von Hotels und Restaurants ins Kontor schlugen. Für das laufende Jahr peilt der Vorstand weiterhin einen Gewinn von 1,05 bis 1,15 Milliarden Euro an.
Die Talanx-Aktie profitierte am Freitag nur kurz von den Neuigkeiten. Nach einem Kurssprung von gut zwei Prozent zum Handelsbeginn ging es abwärts. Zuletzt lag das Papier am Vormittag mit knapp einem Prozent im Minus bei 41,92 Euro und gehörte damit zu den schwächeren Titeln im MDax
Aus Sicht des Branchenexperten Thorsten Wenzel von der DZ Bank lässt sich zur Qualität des Gewinns anhand der bekannten Daten noch nicht viel sagen. Allerdings werde der Talanx-Konzern an der Börse derzeit nur rund 300 Millionen Euro höher bewertet als seine gut 50-prozentige Beteiligung an Hannover Rück. Mittelfristig sei eine höhere Bewertung der Erstversicherung realistisch, schrieb der Experte. Dafür müssten sich die Ergebnisse aus diesen Geschäftsfeldern verbessern. Außerdem müsse der Konzern die von der Hannover Rück gezahlten Sonderdividenden auch an seine Aktionäre weiterreichen.
Talanx erklärte den Gewinnsprung von 2021 auch mit den Sanierungs- und Spar-Erfolgen in der Industrieversicherung sowie in der deutschen Privat- und Firmenversicherung. Hatte die Erstversicherung mit der Hauptmarke HDI im Jahr 2018 nur 31 Prozent zum Konzernergebnis beigesteuert, seien es im vergangenen Jahr schon 45 Prozent gewesen.
Größter Gewinnbringer des Konzerns ist damit immer noch Hannover Rück. Der weltweit drittgrößte Rückversicherer hatte bereits am Donnerstagmorgen seine vorläufigen Jahreszahlen veröffentlicht und einen Nettogewinn von 1,23 Milliarden Euro gemeldet. Da Talanx nur gut 50 Prozent der Hannover-Rück-Aktien gehören, bleibt auch nur gut die Hälfte des Rückversicherer-Gewinns bei dem Mutterkonzern hängen.
Unterdessen baute Talanx das Geschäftsvolumen im abgelaufenen Jahr deutlich aus. Die gebuchten Bruttoprämieneinnahmen legten um fast elf Prozent auf 45,5 Milliarden Euro zu. Der operative Gewinn sprang um 46 Prozent auf 2,45 Milliarden Euro nach oben. In diesen Zahlen ist auch das gesamte Geschäft der Hannover Rück enthalten.
Dabei konnte Talanx wie der Rückversicherer die Schäden durch Naturkatastrophen in den USA und in Europa abfedern. In Deutschland hatte im Juli die vom Sturmtief "Bernd" ausgelöste Flutkatastrophe Schäden angerichtet und Menschen in den Tod gerissen. In den USA richtete unter anderem Hurrikan "Ida" schwere Zerstörungen an. Die Hannover Rück hatte allerdings einen Teil ihrer Risiken wiederum bei anderen Unternehmen rückversichert und kam wie Talanx vergleichsweise glimpflich davon.
Das Sturmtief hatte im Juli mit lang anhaltendem Starkregen vor allem in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen immense Überflutungen ausgelöst. Die Wassermassen rissen viele Häuser mit, unterspülten Ortschaften und zerstörten Straßen und Brücken. Allein in Deutschland starben mehr als 180 Menschen. Auch Belgien, die Niederlande, Österreich und die Schweiz waren betroffen. Der deutsche Versichererverband GDV schätzt die versicherten Schäden allein in Deutschland bisher auf etwa 8,2 Milliarden Euro.
Die Talanx-Aktionäre sollen für 2021 wie angekündigt eine Dividende von 1,60 Euro je Aktie erhalten, 10 Cent mehr als im Vorjahr. Hauptnutznießer ist der Haftpflichtverband der Deutschen Industrie, ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Ihm gehören rund 79 Prozent der Talanx-Aktien. Den vollständigen Jahresabschluss will der Konzern am 14. März veröffentlichen./stw/mis
Quelle: dpa-Afx