GÖPPINGEN (dpa-AFX) - Der Softwareanbieter Teamviewer
Der Anbieter von Fernwartungs- und Videokonferenzsoftware hatte in der Corona-Pandemie lange Zeit von einer hohen Nachfrage nach seinen Produkten profitiert, zuletzt aber mit mauem Wachstum zu kämpfen. Das Management um Chef Oliver Steil muss nun verspieltes Vertrauen bei den Investoren zurückgewinnen. Mit hohen Marketingausgaben und gesenkten Prognosen hatte sich die Laune der Anleger in diesem Jahr merklich verdüstert. Kommende Woche steht ein Kapitalmarkttag für Investoren und Analysten an.
Am Mittwoch stieg der Aktienkurs nach dem Kursverfall der vergangenen Wochen zuletzt um 12 Prozent auf 14,65 Euro. Das Segment mit Großkunden habe bei den in Rechnung gestellten Umsätzen (Billings) besser abgeschnitten als von ihm gedacht, schrieb Goldman-Sachs-Analyst Mohammed Moawalla. Angesichts niedriger Erwartungen könne das die Aktie antreiben. Allerdings steht für das Papier in diesem Jahr auch mit dem Anstieg zur Wochenmitte noch immer ein Minus von gut zwei Dritteln zu Buche.
Besonders schmerzlich für die Investoren: Teamviewer hatte angesichts der schwachen Ergebnisse in den Sommermonaten dann Anfang Oktober auch gleich die Mittelfristprognosen gestutzt, auch um die Erwartungen künftig nicht noch einmal enttäuschen zu müssen. Viele aktuelle Probleme seien wohl nicht nur vorübergehend, sondern dürften dem Unternehmen zunächst erhalten bleiben, hieß es da.
Am Mittwoch sagte Konzernchef Steil in einer Telefonkonferenz mit Journalisten, im Großkundenbereich sei der Konzern weiter gut unterwegs. Vom Abschneiden bei den Kunden mit größerem Vertragsvolumen in den USA könne sich das Unternehmen auch in anderen Regionen etwas abschauen und davon lernen.
Teamviewer war schnell gewachsen und hatte viele Mitarbeiter eingestellt. Damit ist nun erst einmal Schluss, von weiteren Neueinstellungen will das Unternehmen zunächst absehen. Auch bei den Sachkosten will Teamviewer nachsteuern. "Im Wesentlichen müssen wir uns die Wachstumsinitiativen, die wir in den letzten Jahren gestartet haben, anschauen", sagte Steil. Es gebe eine ganze Reihe von Maßnahmen, wo sich Teamviewer im Detail verbessern müsse.
An den Softwareentwicklerinnen und -entwicklern selbst soll aber nicht gespart werden, das erreichte Niveau an etwas mehr als 400 Ingenieuren im Bereich Forschung und Entwicklung soll aufrechterhalten werden. Noch-Finanzchef Stefan Gaiser, dessen Vertrag im Zuge der Enttäuschung von Investoren nicht verlängert wird, hält demnach keine tiefen Einschnitte bei der Entwicklung für nötig.
Vor allem will das Unternehmen Zuständigkeiten neu ordnen. Dazu gehört nach Angaben von Steil auch eine neue Führungsstruktur in Asien. Die Region hatte zuletzt beim Wachstum vor allem in China stark enttäuscht. Insgesamt müsse das Unternehmen das Zusammenspiel von Unternehmen, Produkten und Standorten vereinfachen, sagte Steil.
Bei den einfacheren Einstiegsprodukten rund um das Homeoffice hatte Teamviewer zuletzt arg zu kämpfen. Zum einen blieben viele kleinere Firmen, die im vergangenen Jahr in der Pandemie kurzfristig nach Lösungen für die Heimarbeit gesucht hatten, nicht an Bord. Zum anderen traten neue Wettbewerber auf den Plan mit niedrigeren Preisen. "Wir hatten viel damit zu tun, unsere Kunden zu halten", sagte Steil.
Der Wettbewerb an sich werde in dem Bereich bleiben, sagte der Manager. Allerdings würden sich die Auswirkungen auf Teamviewer nun voraussichtlich etwas normalisieren, sagte er. Daher könne sich Teamviewer künftig auch wieder etwas mehr um die Bereiche kümmern, "in denen wir stark sind". Teamviewer hatte sich unter anderem mit kleineren Zukäufen im Bereich "Augmented Reality" gestärkt - dazu gehören unter anderem Datenbrillen für Wartungstechniker. Damit will Teamviewer das Geschäft bei großen Firmenkunden ausbauen.
Neben den Problemen im Tagesgeschäft hatte sich Teamviewer in diesem Frühjahr teure Werbeverträge als Haupttrikotsponsor des englischen Fußballclubs Manchester United sowie mit dem Mercedes-Formel-1-Team geleistet - um das künftige Wachstum anzukurbeln. Das hatte Investoren aber bereits wegen der hohen Kosten Kopfzerbrechen bereitet, zumal sich Ergebnisse wohl erst in einigen Jahren spürbar auszahlen dürften./men/mis/eas
Quelle: dpa-Afx