ESSEN (dpa-AFX) - Der Industrie- und Stahlkonzern Thyssenkrupp
So will die Unternehmensführung es in den kommenden Jahren erreichen, dass mittelfristig vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten 4 bis 6 Prozent des Umsatzes als Gewinn hängen bleiben. Im abgelaufenen Geschäftsjahr (Ende September) hat das Maß für die Profitabilität trotz deutlicher Verbesserungen nur bei 2,3 Prozent gelegen. Laut Analyst Alan Spence von der Investmentbank Jefferies liegt der Konzern mit dem Plan etwas über den Erwartungen von Analysten - diese hätten im Schnitt nämlich für das Geschäftsjahr 2023/24 einen Wert von 4,1 Prozent auf dem Zettel.
Die Thyssenkrupp-Aktie lag in einem schwachen Umfeld am Vormittag 0,85 Prozent im Minus. Das Papier hatte zuletzt Mitte November deutlich zugelegt, nachdem es Spekulationen über das Vorantreiben der Börsenpläne für das Wasserstoffgeschäft gab und der Konzern mit den Jahresergebnissen eine zuversichtliche Prognose für das laufende Jahr präsentierte. Zuletzt pendelte der Kurs um die 10 Euro, hatte aber im Frühjahr kurzzeitig auch schon über 12 Euro gelegen. An der Börse ist der Konzern insgesamt derzeit etwas mehr als sechs Milliarden Euro wert.
Der freie Mittelzufluss vor Zu- und Verkäufen von Unternehmensteilen soll mittelfristig wieder "signifikant positiv" ausfallen. Die Rückkehr zu verlässlichen Dividendenzahlungen sei "klar als Ziel definiert", hieß es vom Unternehmen. Auch für das gerade begonnene Geschäftsjahr hatte sich der Konzern nach drei Nullrunden in Folge bereits wieder eine Ausschüttung an die Aktionäre vorgenommen. Das Wachstum dürfte in den kommenden Jahren nach Vorstellung des Managements vor allem aus der Digitalisierung sowie dem Umbau der Geschäfte um Großwälzlager, der Autozulieferung und dem Materialhandel kommen.
Im Stahlgeschäft und dem Schiffsbau plant Finanzchef Klaus Keysberg mittelfristig operative Margen (bereinigtes Ebit) von 6 bis 7 Prozent ein. Lukrativer sollen die Autozulieferung mit 7 bis 8 Prozent und die Industriekomponenten mit mindestens 10 Prozent Marge sein. Im Materialhandel beläuft sich die Zielrendite auf 2 bis 3 Prozent. Vor allem die Autozulieferung und der Schiffsbau würden demnach besser abschneiden als von Analysten erwartet. Beim Stahl und den Industriekomponenten können sich die Experten dagegen auch noch mehr Marge vorstellen.
Thyssenkrupp hat viele schwere Jahre hinter sich. Probleme im Geschäft gingen einher mit Führungswechseln und Strategieschwenks. Das Management hat das ehemalige Industriekonglomerat darauf vorbereitet, dass es nicht auf ewig in der althergebrachten Form Bestand haben dürfte. Auch die Stahlsparte als Herz des Konzerns ist nicht mehr unantastbar.
Das Management hat zuletzt vor allem Einschnitte bei den Kosten gemacht, Tausende Jobs fallen dem zum Opfer. Bis zum Geschäftsjahr 2023/24 sollen 12 000 Stellen wegfallen, 7800 davon hat das Unternehmen bereits in den vergangenen zwei Geschäftsjahren abgebaut. Ende September zählte das Unternehmen rund 101 000 Vollzeitstellen.
Auf dem Weg zu einer wendigeren Aufstellung könnten noch einige Umbaumaßnahmen ins Haus stehen. Das europäische Stahlgeschäft steht weiter zur Disposition - der Konzern sondiert nach der gescheiterten Spartenfusion mit Tata Steel nach wie vor die Optionen, wie das lange schwächelnde Geschäft am besten aufzustellen ist und ob es eigenständig langfristig nicht besser dran ist als unter dem Konzerndach. Weitere Felder sind der Schiffsbau, der Chemieanlagenbau und das Zementgeschäft. Fest in Thyssenkrupp-Hand bleiben sollen dagegen der Materialhandel, Industriekomponenten und die Autozulieferung.
Ein Kernelement der Strategie ist dabei der Umbruch zu klimafreundlicheren Technologien. Insbesondere die Stahlproduktion gehört zu den großen Verursachern von Emissionen des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) und muss sich infolge der EU-Emissionsvorgaben in den kommenden Jahren hin zu einer "grünen" Stahlerzeugung wandeln.
Dazu ist unter anderem ein verstärktes Engagement rund um Wasserstoff als Energieträger geplant. So hatte das Unternehmen auch den Plan öffentlich gemacht, das Wasserstoff-Joint-Venture Uhde an die Börse zu bringen. Thyssenkrupp will allerdings die Mehrheit an dem Geschäft behalten. Uhde Chlorine Engineers (UCE) ist ein Spezialist für den Bau von großen Elektrolyse-Anlagen, etwa zur Wasserstoff-Gewinnung aus Wasser mit Hilfe Erneuerbarer Energien. Am 13. Januar will Thyssenkrupp auf einer separaten Investorenveranstaltung detaillierter über das Geschäft berichten./men/zb/eas
Quelle: dpa-Afx