MÜNCHEN (dpa-AFX) - Die allmähliche Erholung der Luftfahrtbranche in der Corona-Krise stimmt den Triebwerksbauer MTU
Obwohl der Konzern aus München im zweiten Quartal etwas besser abschnitt als von Analysten erwartet, konnte sich die MTU-Aktie dem allgemeinen Abwärtstrend an der Börse am Freitag nicht entziehen. Um die Mittagszeit lag sie mit 1,2 Prozent im Minus bei 208,40 Euro und damit im Mittelfeld des schwächelnden Dax. Seit dem Jahreswechsel hat das Papier damit rund drei Prozent eingebüßt.
Die MTU-Spitze rechnet für 2021 jetzt mit einem Umsatz zwischen 4,3 und 4,5 Milliarden Euro. Damit engte MTU die bisherige Spanne an jedem Ende um 100 Millionen ein. Bei der Gewinnentwicklung wird der Vorstand etwas optimistischer: So sollen jetzt 10 bis 10,5 Prozent des Umsatzes als bereinigter operativer Gewinn (bereinigtes Ebit) hängen bleiben. Bisher hatte er mindestens 9,5 Prozent angepeilt.
Im zweiten Quartal hat MTU die neue Mindestschwelle mit 10,2 Prozent bereits übertroffen. Doch das erste Quartal war schwächer, und im ersten Halbjahr lag die Marge insgesamt erst bei 9,5 Prozent. Daher muss der Konzern in der zweiten Jahreshälfte noch etwas zulegen.
Dass dies gelingt, machen Winkler und Finanzchef Peter Kameritsch an einer veränderten Nachfrage fest. So dürfte das Wartungsgeschäft in diesem Jahr statt um 15 bis 25 Prozent nur um 15 bis 20 Prozent zulegen. Dafür soll das Militärgeschäft um einen mittleren bis hohen einstelligen Prozentsatz wachsen. Und im Seriengeschäft (OEM) mit neuen Triebwerken und Ersatzteilen erwartet der Vorstand ein Umsatzplus im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich - in beiden Fällen mehr als bisher gedacht.
Gerade das OEM-Geschäft könnte den Gewinn deutlich nach oben treiben. Zum Vergleich: Im zweiten Quartal war die operative Marge in diesem Segment mit 18 Prozent mehr als dreimal so hoch wie in der Wartungssparte. Denn an Ersatzteilen verdienen Triebwerkshersteller besonders viel.
Im zweiten Quartal steigerte MTU den Umsatz im Vergleich zu dem vom ersten Lockdown geprägten Vorjahreszeitraum um 31 Prozent auf gut eine Milliarde Euro. Der bereinigte operative Gewinn legte von 42 Millionen auf 103 Millionen Euro zu und übertraf damit die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten. Unter dem Strich konnte das Unternehmen den Gewinn auf 54 Millionen Euro mehr als vervierfachen.
MTU mischt als Partner anderer Triebwerkshersteller wie Pratt & Whitney
So ist Airbus' Mittelstreckenjet-Modellfamilie A320neo trotz der Branchenkrise vergleichsweise stark gefragt. Zwar hat Airbus die Produktion im vergangenen Jahr von 60 auf 40 Maschinen pro Monat gedrosselt, weswegen auch MTU seither weniger Antriebe fertigt. Doch Airbus fährt die Produktion bereits wieder ein Stück hoch. Ab dem Jahr 2023 will der Hersteller pro Monat so viele Jets der A320-Familie bauen wie nie zuvor.
Boeing hingegen kämpft noch immer mit dem Debakel um sein Konkurrenzmodell 737 Max, das nach zwei tödlichen Abstürzen rund 20 Monate lang weltweit nicht mehr abheben durfte. MTU hat mit dem Antrieb dieses Jets nichts am Hut.
Allerdings fertigen die Münchner Teile der Triebwerke für Boeings Großraumflugzeuge 777 und 787 "Dreamliner". Deren Produktion läuft nicht nur wegen der Krise auf besonders niedrigem Niveau: Wegen Qualitätsproblemen kann Boeing auch eine Menge bereits fertiger "Dreamliner"-Jets vorerst nicht an seine Kunden ausliefern. Dadurch müssen auch die Triebwerkshersteller wie MTU auf ihr Geld warten.
Der Münchner Konzern ist bisher ohne ein Verlustquartal durch die Corona-Krise gekommen. Allerdings hat auch der Dax-Konzern Arbeitsplätze abgebaut. Rund 1500 Jobs sollten wegfallen. Der Abbau sei abgeschlossen, sagte Winkler in einer Telefonkonferenz. Doch einige betroffene Mitarbeiter, die Altersteilzeit gewählt hätten, seien noch bis Ende 2021 an Bord.
Unterdessen stellt MTU bereits wieder neue Leute ein: Um das Triebwerk für das neue europäische Luftkampfsystem FCAS zu entwickeln, will Winkler noch in diesem Jahr eine größere Zahl Ingenieure an Bord holen. Ende Juni beschäftigte MTU gut 10 200 Mitarbeiter, rund 100 weniger als Ende vergangenen Jahres./stw/nas/jha/
Quelle: dpa-Afx