HAMBURG (dpa-AFX) - Die schwache Konjunktur und die rückläufige Nachfrage nach Transporten auf See haben Umsatz und Gewinn bei Hapag-Lloyd
Im Zeitraum Januar bis Juni sackte das Konzernergebnis auf knapp 2,9 Milliarden Euro. Dabei knickte der Gewinn im zweiten Quartal noch deutlich stärker ein als im ersten Vierteljahr. Zum Vergleich: 2022 standen zur Halbzeit 8,65 Milliarden Euro zu Buche, nach 2,72 Milliarden Euro im ebenfalls schon sehr profitablen ersten Halbjahr 2021.
Vergleichbare Einbrüche hatte in der vorigen Woche auch der große dänische Konkurrent Maersk gemeldet. Angesichts geringerer Nachfrage und inzwischen deutlich steigender Kapazitäten spricht auch der internationale Schifffahrtsverband Bimco von anhaltenden Herausforderungen.
Der Umsatz der mit 258 Schiffen und einer Transportkapazität von fast 1,9 Millionen 20-Fuß-Standardcontainern (TEU) weltweit fünftgrößten Containerreederei sackte im ersten Halbjahr um fast 41 Prozent auf gut 10 Milliarden Euro. Der Einbruch beruht vor allem auf zwei Faktoren. Zum einen lagen die transportieren Mengen mit 5,81 Millionen TEU um 3,4 Prozent unter dem Vorjahresniveau, weil Kunden noch auf hohen Lagerbeständen sitzen und generell die Nachfrage nach Transporten auf See schwächer ausfällt. Zudem sanken die Preise für Seetransporte, im Branchenjargon Frachtraten genannt. Hapag-Lloyd beziffert die durchschnittliche Frachtrate für das erste Halbjahr mit 1761 Dollar je TEU, nach 2855 Dollar ein Jahr zuvor.
Die jahrelang gestörten Lieferketten auf den Weltmeeren haben sich normalisiert, das Thema Stau ist inzwischen weitgehend passé. Wie aus laufenden Berechnungen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hervorgeht, liegen inzwischen nur noch weniger als acht Prozent der Gütermengen weltweit auf wartenden Schiffen abseits der Häfen, etwa so wenig wie in der Zeit vor dem Ausbruch von Corona im Jahr 2020. Die gewaltigen Verwerfungen mit Verspätungen und langen Staus vor den Seehäfen kombiniert mit knappen Kapazitäten hatten die Frachtraten rasant in die Höhe getrieben und alle Containerreedereien zu Gewinnern der Corona-Pandemie gemacht - nach vielen Krisenjahren mit Preiskämpfen, Überkapazitäten und roten Zahlen.
An der Prognose für das Gesamtjahr hält die Reederei fest. Demnach soll das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) zwischen 2 und 4 Milliarden Euro liegen. Steuern fallen bei Hapag-Lloyd wie bei vielen anderen Reedereien unverhältnismäßig wenig ins Gewicht. Möglich ist das wegen der Tonnagesteuer - einer Methode zur Gewinnermittlung, die vor mehr als 20 Jahren zur Unterstützung des Schifffahrtsstandortes Deutschland eingeführte wurde. Dabei wird anstelle des tatsächlichen Gewinns ein fiktiver Gewinn pauschal nach der Größe der Schiffe ermittelt. Der ist meist geringer als der tatsächliche Gewinn.
Ein erneuter drastischer Anstieg der Frachtraten ist nicht nur wegen der konjunkturellen Lage unwahrscheinlich. Nach Bimco-Berechnungen haben nämlich die Containerreedereien ihre Flotten in diesem Jahr im Rekordtempo ausgebaut. "Die Auslieferungen neuer Containerschiffe in den ersten sieben Monaten des Jahres erreichten mit 1,2 Millionen 20-Fuß-Standardcontainern (TEU) im Jahr 2023 einen neuen Höchststand und übertrafen den bisherigen Rekord um 0,2 Millionen TEU", berichtete der in Bagsværd bei Kopenhagen ansässige Verband. "Da das Recycling von Schiffen gering geblieben ist, ist die Flottenkapazität seit Januar um 4,3 Prozent gewachsen", sagte Bimco-Analyst Niels Rasmussen.
"Die Vergrößerung der Flottenkapazität erfolgt zu einer Zeit, in der das derzeitige Handelswachstum in vielen wichtigen Regionen rückläufig ist und sich die Wachstumsaussichten der Weltwirtschaft für die kommenden Jahre abschwächen", schreibt der Verband weiter. Für Schiffseigner und -betreiber werde das Wachstum auf der Angebotsseite eine Herausforderung bleiben./kf/DP/jha
Quelle: dpa-Afx