AMSTERDAM (dpa-AFX) - Die niederländische Großbank ING
Grund für den geringeren Überschuss war die deutlich erhöhte Risikovorsorge für mögliche Kreditausfälle bei russischen Unternehmenskunden. Dies habe das Ergebnis mit 834 Millionen Euro belastet. Insgesamt habe die Risikovorsorge im ersten Quartal fast eine Milliarde Euro betragen. Vor einem Jahr waren es lediglich 223 Millionen Euro gewesen. Die Höhe der Risikovorsorge kam für Analysten überraschend. Die Aktie verlor am Nachmittag fast fünf Prozent und war damit einer der schwächsten Werte unter den europäischen Standardtiteln.
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Viele Finanzinstitute sind vor allem durch ihr Kreditengagement in Russland direkt betroffen. Zudem sind sie besonders anfällig für die Konjunkturprobleme, die durch den Krieg ausgelöst werden. Deswegen sind die Investoren bei den Titeln der Branche besonders vorsichtig, obwohl die gleichzeitig anziehenden Leitzinsen für die Banken grundsätzlich positiv sind - zumindest mittelfristig.
Kurzfristig sorgten diese im ersten Quartal bei ING für Druck auf die Kreditmargen, da die höheren Finanzierungskosten meist erst mit etwas Verzögerung weitergegeben werden können. Dennoch blieb die Marge stabil. Dank höherer Volumina zog der Zinsüberschuss - bereinigt um die positiven Effekte durch für Banken besonders günstige Refinanzierungsgeschäfte - leicht an. Zudem stiegen die Provisionseinnahmen kräftig. Die Kosten gingen dagegen zurück.
Die niederländische Bank, die in Deutschland zu einer der führenden Onlinebanken zählt, reduzierte das Kreditvolumen in Russland zuletzt um rund eine Milliarde Euro auf 5,8 Milliarden Euro. Finanzvorstand Tanate Phutrakul betonte, dass der Abbau von Risiken gut vorankomme. Die Bank unterscheidet dabei direkt in Russland vergebene Kredite und diejenigen, die nicht in Russland an Firmen oder Bürger aus dem Land vergeben wurden.
Einige Analysten bemängelten aber, dass die niederländische Bank anders als zum Beispiel die französische Societe Generale keine klare Strategie zum Ausstieg aus dem Geschäft in Russland habe. Die jetzt getroffene Risikovorsorge dürfte zwar erst einmal ein guter Puffer sein. Aber das Thema werde beim Blick auf die Aktie des niederländischen Finanzinstituts weiter die Stimmung belasten, sagte Philip Richards, Bankanalyst bei Bloomberg Intelligence. Immerhin laufe das Kerngeschäft so gut, dass die Bank weitere 1,25 Milliarden Euro in Aktienrückkäufe und Dividenden stecken könne./zb/men/he
Quelle: dpa-Afx