PARIS (dpa-AFX) - Die internationalen Verhandlungen über die Einführung einer Digitalsteuer kommen wegen der Coronavirus-Pandemie und politischen Meinungsverschiedenheiten langsamer voran als geplant. Ein Abschluss werde nun bis Mitte kommenden Jahres angestrebt, teilte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Montag in Paris mit.
Die Industriestaaten-Organisation steht trotz Fortschritten unter Druck, denn das Thema birgt viel politischen Sprengstoff. So drohte Frankreich mehrfach damit, seine im Alleingang eingeführte nationale Steuer anzuwenden, falls es bis Ende des Jahres keine internationale Lösung geben sollte. Die Steuer sei niemals abgeschafft worden, hieß es nun warnend aus Kreisen des Pariser Wirtschafts- und Finanzministeriums - es wurden nur fällige Vorauszahlungen gestundet.
Die Steuer soll vor allem große US-amerikanische Technik-Konzerne wie Amazon
Die gesamte Reform könnte jährlich weltweit zusätzliche Steuern von bis zu 100 Milliarden Dollar (rund 85 Milliarden Euro) bringen, so die OECD. Deren Generalsekretär Angel Gurría stellte einen Rahmen für die Reform vor, die er an diesem Mittwoch im Kreis der Finanzminister der großen Industrie- und Schwellenländer (G20) debattieren will. Er warnte vor einem Handelskrieg, falls kein Kompromiss gelinge: "Ein Handelskrieg ist immer schlecht", sagte er. Vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie könne es sogar zu einem "sehr ernsten Rückschlag" kommen.
Die USA hatten bereits im Streit um die französische Digitalsteuer mit Strafzöllen gedroht. Die OECD hat nach eigenen Angaben keine Informationen darüber, wie sich die Washington und Paris in dem schwelenden Konflikt weiter verhalten wollen.
In den Kreisen des Ministeriums des französischen Ressortchefs Bruno Le Maire wurden die Fortschritte bei den internationalen Verhandlungen gelobt. "Die auf technischer Ebene geleistete Arbeit ist eine solide Basis, um endlich eine politische Entscheidung zu treffen." Paris drang auf eine rasche Abmachung.
Gurría sagte, Staaten hätten wegen zusätzlicher Ausgaben in der Corona-Krise steigende Defizite. So sucht die Europäische Union (EU) Geldquellen, um die Schulden seines 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbauprogramms abzutragen. Auch Einnahmen aus Digital- und Finanzmarktsteuern könnten nach früheren Angaben dazu dienen./cb/DP/men
Quelle: dpa-Afx