PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Von dem Ansturm von Trump-Anhängern auf das Washingtoner Kapitol haben sich am Donnerstag die Aktien-Anleger in Europa nicht aus der Ruhe bringen lassen. Sie konzentrierten sich lieber auf die Chancen, die die Agenda des gewählten US-Präsidenten Joe Biden verspricht.
In einem insgesamt weiter positiven Börsenumfeld baute daher der EuroStoxx 50 seine hohen Vortagesgewinne noch etwas aus und schloss 0,31 Prozent höher bei 3622,42 Punkten. Der Eurozonen-Leitindex notiert mittlerweile wieder auf dem Niveau von Ende Februar.
In Paris gewann der Cac 40 0,70 Prozent auf 5669,85 Punkte. Der Londoner FTSE 100 hingegen schaffte zwar nur ein Plus von 0,22 Prozent auf 6856,96 Punkte, hatte aber am Vortag mit plus dreieinhalb Prozent besonders deutlich dazugewonnen.
Die Demokraten haben inzwischen auch die Senatshoheit gewonnen. Biden kann daher seine politische Agenda, die noch umfangreichere Konjunkturhilfen vorsehen dürfte mit hohen Investitionen in die Infrastruktur, leichter durchsetzen und erst einmal durchregieren.
Nach der zwischenzeitlichen und gewaltsamen Erstürmung des US-Parlamentssitzes am Vortag zertifizierten mittlerweile die beiden Kongresskammern offiziell den Sieg Bidens bei der Präsidentschaftswahl vom November. Proteste aufgebrachter Trump-Unterstützer waren zuvor eskaliert und hatten das politische Zentrum der USA zeitweise in ein beispielloses Chaos gestürzt. Mit der Bestätigung des Biden-Wahlsiegs und der von Donald Trump angekündigten geordneten Machtübergabe weicht nun Beobachtern zufolge die Unsicherheit aus den Märkten.
Die neuen politischen Verhältnisse in den USA spielen dem europäischen Baustoffsektor in die Karten, besonders jenen Unternehmen mit Geschäftstätigkeit in den Vereinigten Staaten. Sie profitieren von der Aussicht auf steigende Ausgaben für die Infrastruktur. Der Sektor zählte am Donnerstag mit plus 2,3 Prozent zu den Favoriten in der Stoxx-600-Branchenübersicht, mitangeführt von den Aktien des französischen Konzerns Saint-Gobain mit einem Plus von mehr als sechs Prozent. Das Schlussquartal von Saint-Gobain lief offensichtlich deutlich besser als erwartet.
Schwächster Sektor in Europa waren die Reise- und Freizeitwerte mit minus 1,2 Prozent. Im EuroStoxx belegten die Titel des Buchungssystemanbieters Amadeus IT mit einem Verlust von 4,7 Prozent den vorletzten Platz. Die längerfristig zurückgehenden Geschäftsreisen dürften sich negativ bemerkbar machen, hieß es von der britischen Investmentbank Barclays.
In Paris reagierten die Anleger von Atos verschreckt auf die Nachricht, dass der IT-Dienstleister den US-Wettbewerber DXC Technology übernehmen will. Die Anteilscheine von Atos schlossen als mit Abstand schwächster Wert im Cac 40 rund 13 Prozent tiefer. Für die Papiere von DXC Technology ging es zuletzt in New York um rund 6 Prozent nach oben.
Im FTSE 100 hatten die Aktien von Sainsbury mit einem Plus von fast sieben Prozent die Nase vorn. Die Supermarktkette rechnet nach einem starken Quartal nun für das laufende Geschäftsjahr mit einem höheren bereinigten Vorsteuergewinn als bislang./la/he
Quelle: dpa-Afx