PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Im Kielwasser der anziehenden Wall Street haben auch die wichtigsten europäischen Aktienmärkte am Dienstag zugelegt. Die Aussicht auf einen möglicherweise steiler als bislang erwarteten Zinserhöhungskurs der US-Notenbank sorgte dies- und jenseits des Atlantiks nicht für Verunsicherung, sondern trieb Finanzwerte an.
Der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone hatte im Handelsverlauf den höchsten Stand seit Ende Februar erreicht und gewann am Ende 1,14 Prozent auf 3926,12 Punkte. Der französische Cac 40 zeigte sich mit plus 1,17 Prozent auf 6659,41 Punkte ebenfalls stark.
Für den britischen FTSE 100 ging es nur um 0,46 Prozent auf 7476,72 Punkte nach oben. Der rohstofflastige "Footsie" hatte sicher aber bereits am Montag mit einem moderaten Plus gegen die europaweit ansonsten trübe Aktienmarktstimmung gestemmt. Öl- und Minenwerte waren am Dienstag kaum gefragt. Sie hatten zuletzt im Zuge des Ukraine-Krieges von Sorgen über Engpässe bei wichtigen Rohstoffen für die Industrie gelitten.
Stattdessen rückte die US-Geldpolitik wieder verstärkt in den Fokus. Notenbankchef Jerome Powell hatte angesichts der "viel zu hohen" Inflationsrate die Möglichkeit schnellerer Erhöhungen des Leitzinses ins Spiel gebracht. Die Fed könnte den Zinssatz bei den kommenden Sitzungen des Zentralbankrats bei Bedarf auch jeweils um mehr als 0,25 Prozentpunkte erhöhen.
"Bei den Aktienanlegern überwiegt weiterhin das Vertrauen in die Fed. Hier gehen alle davon aus, dass die Fed nur so stark erhöhen wird, dass es der Wirtschaft nicht schadet", merkte Fondsmanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners dazu an.
Die Aussagen von Powell ließen europaweit vor allem die Aktien von Banken in die Höhe schnellen. Diese profitieren für gewöhnlich mit höheren Erträgen von steigenden Zinsen.
Auf die Frage, was die Fed davon abhalten könne, bei der nächsten Sitzung am 4. Mai den Leitzins gleich um 0,5 Prozentpunkte zu erhöhen, antwortete Powell mit "Nichts!". Für den Devisenexperten Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank ein klarer "Wink mit dem Zaunpfahl". Der Branchenindex der europäischen Banken gewann an der Spitze des Sektortableaus zweieinhalb Prozent.
Die Versicherungsbranche verzeichnete ein Plus von 2,0 Prozent. Unter den Einzelwerten ging es für die Anteilsscheine von Zurich um 1,8 Prozent nach oben. Analyst Iain Pearce von der Bank Credit Suisse hatte seine Schätzungen für den Konzern erhöht, um positiven Margen- und Umsatzentwicklungen vor allem im Schaden- und Unfallgeschäft Rechnung zu tragen.
Der defensive Pharmasektor dagegen war kaum gefragt. Hier fielen Novartis durch eine Meldung auf, wonach der Konzern zahlreiche Aktivitäten in Russland aussetzt. Die Privatbank Berenberg hielt ungeachtet dessen an der positiven Einschätzung der Novartis-Aktien fest. Die Schweizer böten Wachstum im mittleren einstelligen Bereich und werden ihre Marge wohl bis ins Jahr 2026 steigern können, schrieb Analystin Luisa Hector. Die Erwartungen der Anleger an neue Produkte aus der Pipeline seien derweil sehr gering. Aktien von Novartis gaben um ein halbes Prozent nach.
Unter den weiteren Einzelwerten sackten die Anteilsscheine von Kingfisher am "Footsie"-Ende um mehr als sechs Prozent ab. Der Ausblick der Baumarktkette hatte bei einigen Analysten die Befürchtung geweckt, dass Kunden nach dem Corona-Lockdown nun ihre Heimwerkertätigkeiten zurückschrauben könnten./la/jha/
Quelle: dpa-Afx