PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Ein Hinweis auf eine mögliche Reduzierung der Corona-Hilfen der Europäischen Zentralbank (EZB) hat den EuroStoxx 50 am Dienstag unter dem Strich ein klein wenig belastet. Nachdem der Leitindex der Eurozone zunächst mehrheitlich von den jüngsten Rekorde an der Wall Street gestützt worden war, trübte sich die Stimmung gegen Mittag ein. Schon im frühen Handel hatten schwache Konjunkturdaten aus China zu viel Euphorie einen Riegel vorgeschoben.
Der EuroStoxx bewegte sich aber am Ende dank eines kleinen Schlussspurtes mit minus 0,06 Prozent auf 4196,41 Punkte kaum vom Fleck. Im frühen Handel hatte das Börsenbarometer noch seine Erholung fortgesetzt und weiter Kurs auf das langjährige Hoch bei gut 4242 Punkten genommen, das es Mitte August erreicht hatte. Auf Monatssicht ergibt sich damit ein Plus von 2,6 Prozent.
Der französische Cac 40 fiel am Dienstag um 0,11 Prozent auf 6680,18 Punkte. Für den britischen FTSE 100 ging es nach dem feiertagsbedingt verlängerten Wochenende um 0,40 Prozent auf 7119,70 Zähler nach unten.
Der Chef der österreichischen Zentralbank, Robert Holzmann, hatte eine Debatte über die konjunkturstützenden Wertpapierkäufe der EZB gefordert. Die Wirtschaft des Euroraums erhole sich in etwa erwartungsgemäß von der Corona-Krise, sagte Holzmann der Nachrichtenagentur Bloomberg. Dies erlaube, über geringere Anleihekäufe nachzudenken. Holzmann bezieht sich auf das Corona-Krisenprogramm Pepp.
Der abrupte Rücksetzer am Aktienmarkt in der Mittagszeit offenbare die hohe Nervosität unter Marktteilnehmern, schrieb Timo Emden, Marktanalyst vom Analysehaus Emden Research. Die Gedankenspiele eines teilweisen Abdrehens des Geldhahns der Europäischen Zentralbank nähmen Investoren kurzfristig den Appetit auf Wertpapiere, kommentierte der Experte.
Aus Branchensicht büßte der Index der Reise- und Freizeitunternehmen 0,7 Prozent ein. Hier belasteten die von der Europäischen Union empfohlenen, wieder strengeren Einreiseregeln für Menschen aus Ländern wie den USA und Israel. Insgesamt sechs Staaten waren am Montagabend von der Liste der Drittländer gestrichen worden, für die keine Corona-Beschränkungen mehr gelten sollen. Grund sind insbesondere hohe Inzidenzzahlen. Die USA ihrerseits halten bislang an weitreichenden Corona-Einreiseverboten für Menschen aus Europa fest.
Der Index der Medienkonzerne gab um ein halbes Prozent nach. Die zuletzt rekordhohen Vivendi-Titel verloren mit rund zwei Prozent überdurchschnittlich. Der Unterhaltungskonzern hatte den Verkauf weiterer Anteile an der vor der Abspaltung stehenden Musiksparte Universal Music Group bekanntgegeben. Zudem könnte Vivendi bald seinen Platz im EuroStoxx verlieren. Etwaige Änderungen wird die Deutsche-Börse-Tochter Qontigo am Mittwoch, 1. September, nach Handelsschluss bekannt geben.
Die Aktien von Prosus setzten sich indes mit einem Plus von gut sechs Prozent an die EuroStoxx-Spitze und machten damit den Rückschlag vom Vortag mehr als wett. Die niederländische Internetholding will sich über ihre Beteiligung PayU in einem Milliardendeal den indischen Zahlungsabwickler Billdesk einverleiben. Das Fintech-Unternehmen PayU und die Billdesk-Aktionäre einigten sich laut Prosus auf eine Zahlung von 4,7 Milliarden US-Dollar.
Jefferies-Analyst Ken Rumph sprach von "einem der besten Deals" in der Unternehmensgeschichte. Zu Wochenbeginn hatte Prosus angesichts der Beteiligung am chinesischen Internetriesen Tencent unter der Nachricht gelitten, dass die chinesische Führung die Regeln für jugendliche Nutzer von Online-Spielen verschärft.
Bei Valneva konnten sich die Aktionäre über eine nochmalige Beschleunigung der Kursrally freuen: Die Anteilsscheine des französischen Impfstoffherstellers schossen um fast elf Prozent hoch. Valneva setzt bei seinem Covid-19-Impfstoffkandidaten auf die klassische Herangehensweise mit einem inaktiven Virus. Damit könnte man Skeptiker erreichen, die der neuen mRNA-Technologie der Hersteller Biontech und Moderna misstrauen./la/mis
Quelle: dpa-Afx