PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die Spannungen zwischen China und den USA wegen Taiwan haben am Dienstag auch an den Börsen Europas ihre Spuren hinterlassen. Die Anleger waren nervös, denn sie befürchten, dass der Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi die Missstimmung zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften verschärfen könnte. China sprach kurz nach der Landung von Pelosi in Taipeh von einem "sehr gefährlichen Spiel mit dem Feuer" und kündigte Manöver mit Schießübungen in sechs Meeresgebieten rund um die demokratische Inselrepublik an.
Der EuroStoxx 50 ging mit einem Abschlag von 0,59 Prozent auf 3684,63 Punkte aus dem Handel. Für den französischen Cac 40 ging es um 0,42 Prozent auf 6409,80 Punkte abwärts. Der britische FTSE 100 verlor dank starker Ölaktien nur 0,06 Prozent auf 7409,11 Zähler.
Kapitalmarktexperte Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets sieht "brandgefährlichen Zündstoff" durch den Besuch der US-Demokratin und sprach von einem "weiteren geopolitischen Ausnahmezustand", den die Börsen nun verarbeiten müssen.
Unter den einzelnen Branchen zählten Technologiewerte zu den größten Verlierern. Der Sektor gab um 1,6 Prozent nach. Die Anteile des Schwergewichts ASML etwa sanken um 2,2 Prozent. "Jeder zweite Halbleiter wird in Taiwan produziert", erklärte Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect. Eine Eskalation in Taiwan könnte daher einen harten Schlag gegen die westlichen Industrienationen bedeuten. Der Halbleiterausrüster ASML ist in Taiwan mit Fertigungsstätten vertreten.
Am deutlichsten gab die Finanzdienstleister-Branche nach mit minus 1,8 Prozent. Credit Suisse (CS) büßten 6,3 Prozent ein, nachdem die Ratingagentur Moody's die Kreditwürdigkeit der Großbank herabstufte und den Ausblick auf "negativ" bestätigte. Auch Standard & Poor's versah das Rating der CS mit einem negativen Ausblick.
Ölaktien dagegen zählten mit plus 0,6 Prozent in der Branchenübersicht zu den Favoriten an diesem Tag. Nicht zuletzt war dies BP zu verdanken. Das bereinigte Nettoergebnis des Ölkonzerns verdreifachte sich in den Monaten April bis Juni und fiel deutlich höher aus als von Analysten erwartet. Zudem soll für das zweite Quartal mehr als Zwischendividende ausgeschüttet werden als im Vorquartal. Die Aktie kletterte um 2,8 Prozent hoch und war Spitzenwert im währungsgemischten Stoxx Europe 50 . Shell profitierten mit und stiegen um 1,6 Prozent.
Für die Papiere von A.P. Moller-Maersk ging es in Kopenhagen um 2,1 Prozent nach oben. Die Reederei ist nach einem starken zweiten Quartal optimistischer für das laufende Jahr gestimmt. Die Überlastung der globalen Lieferketten halten länger an als ursprünglich erwartet, und die daraus resultierenden hohen Transportpreise kommen den Reedereien zugute.
In Zürich sprangen die Aktien der Versandapotheke Zur Rose um 8,5 Prozent hoch. Zur Rose könnte vom "Jäger zum Gejagten" werden, titelte die Wirtschaftszeitung "Finanz und Wirtschaft" in ihrer Online-Ausgabe und schürte damit Übernahmefantasien./ck
Quelle: dpa-Afx