PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Gewinnmitnahmen, neu aufgeflammte Virussorgen und schwache US-Börsen haben am Dienstag die Aktienmärkte in Europa kräftig nach unten gezogen. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 , der am Montag einen neuen Höchststand seit 2008 erreicht hatte, sackte nun um 1,98 Prozent auf 3940,46 Punkte ab. Der Cac 40 büßte 2,09 Prozent auf 6165,11 Punkte ein, nachdem der Pariser Leitindex zum Wochenstart erstmals wieder seit November 2000 die Hürde von 6300 Punkten überwunden hatte. Der britische FTSE 100 beendete seine Talfahrt am Dienstag mit minus 2,00 Prozent auf 6859,87 Punkte.
Dass Anleger nach der Rekordjagd einen Teil ihrer Gewinne mitnähmen, sei verständlich, sagte Marktanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets. Eine Trendwende sieht er deshalb noch nicht. Auch saisonal blase den Börsen mit dem Slogan "Sell in May and go away" womöglich bald ein kälterer Wind entgegen. Stanzls Kollege Michael Hewson in London verwies zudem auf die bevorstehende Sitzung der Europäischen Zentralbank an diesem Donnerstag sowie zahlreiche Unternehmensberichte, die für Unsicherheit sorgten. Druck kam zudem am Nachmittag mit zunehmend schwächelnden US-Börsen in die Märkte - und auch wegen weiterer Coronavirus-Mutationen, wie zuletzt nun der indischen Variante.
Die Verluste zogen sich nahezu quer durch alle Branchen. Ausnahme war die Immobilienbranche , die sich knapp im Plus hielt. Besonders schwach indes war hingegen der Tourismus- und Freizeitsektor , der nach dem Anstieg am Vortag nun 3,7 Prozent verlor. Sorgen wegen weiter hoher Covid-19-Infektionszahlen in vielen Ländern lösten bei den betroffenen Aktien Verkaufsdruck aus.
Derzeit steht die indische Virus-Variante im Blick, denn in Indien sind die Fallzahlen geradezu explodiert. Damit werden auch Befürchtungen wach, dass die bestehenden Erwartungen an eine rasche Erholung des weltweiten Wirtschaftswachstums zu hoch sein könnten. Das wiederum setzte vor allem Aktien zu, die stark auf konjunkturelle Veränderungen reagieren. Infineon etwa gaben um mehr als vier Prozent im EuroStoxx nach und ASML um rund zwei Prozent.
Unter den Einzelwerten fielen zudem die Papiere von Atos auf, die im Cac 40 um 5,5 Prozent absackten. Der französische IT-Dienstleister hatte über gleich mehrere Käufe informiert. Zudem fiel der Umsatz im ersten Quartal schwächer aus als im ersten Quartal 2020. Danone verloren nach Umsatzzahlen zum Jahresauftakt 1,8 Prozent Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie der starke Euro hatten das Geschäft des Nahrungsmittelherstellers zum Jahresauftakt belastet.
Die schweizerische DocMorris-Mutter Zur Rose Group profitierte im ersten Quartal zwar weiter vom Trend zu Online-Käufen, dennoch kam es im Handelsverlauf zu Kursverlusten. Das Analysehaus Warburg Research verwies darauf, dass der Umsatz leicht unter den Zielen für das Gesamtjahr gelegen habe. Die Aktie büßte letztlich 2,5 Prozent ein.
Die Aktien der Tabakunternehmen BAT und Imperial Brands büßten jeweils mehr als 7 Prozent ein. Nachdem am Vortag bereits US-Aktien wie Altria nach einem Pressebericht auf Talfahrt gegangen waren, erfasste die Welle nun auch die beiden britischen Tabakaktien. Dem "Wall Street Journal" zufolge erwägt die US-Regierung eine Regelung für Tabakkonzerne, den Nikotingehalt auf nicht süchtig machende Niveaus zu senken.
AB Foods büßten zudem nach Zahlen für das erste Geschäftshalbjahr knapp 6 Prozent ein. Vor allem die herben Verluste bei der konzerneigenen Modekette Primark belasteten die Aktie des Nahrungs- und Einzelhandelsunternehmens./ck/stw
Quelle: dpa-Afx