PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Vor den am Freitag erwarteten wegweisenden US-Arbeitsmarktdaten haben Europas Börsen ihre Talfahrt mit weiteren kräftigen Verlusten fortgesetzt. So nährten am Donnerstag schwache chinesische Konjunkturdaten und die rigide Corona-Politik des Landes die Konjunktursorgen der Anleger. Als Belastung hinzu kamen teils deutliche Verluste an den US-Börsen, wo insbesondere die Technologieaktien stark unter Druck gerieten.
Der EuroStoxx 50 büßte 1,72 Prozent auf 3456,70 Punkte ein. Sein deutlicher Gewinn im Juli von 7 Prozent ist nun fast dahin. Der französische Cac 40 verlor am Donnerstag 1,48 Prozent auf 6034,31 Punkte. In London sank der FTSE 100 ("Footsie") um 1,86 Prozent auf 7148,50 Zähler.
Der Abwärtstrend, der bereits Mitte August erneut einsetzte, wurde vergangenen Freitag verstärkt. Da hatte US-Notenbankchef Jerome Powell die Märkte auf eine weiterhin straffe Geldpolitik der Fed im Kampf gegen die Inflation eingestimmt und damit Rezessionssorgen ausgelöst. Die US-Jobdaten am Freitag könnten wichtige Hinweise dafür liefern, ob die Wirtschaft in den USA und damit die Aktienmärkte starke Leitzinserhöhungen vertragen können. Auch in Europa wird - hauptsächlich nach den tags zuvor bekannt gegebenen rekordhohen Inflationsdaten für August - inzwischen eine deutliche Anhebung des Leitzinses im September erwartet.
In der europäischen Sektorbetrachtung gaben sämtliche Branchen nach. Besonders deutlich verlor der Rohstoff- und Bergbausektor mit minus 3,8 Prozent. Dagegen hielt sich die als defensiv und damit weniger konjunkturabhängig geltende Versorgerbranche am stabilsten mit minus 0,2 Prozent.
Unter den Einzelwerten sorgten Zur Rose , Reckitt und Pernod für Gesprächsstoff. Die Anteile der Online-Apotheke Zur Rose büßten fast elf Prozent ein, nachdem sie im Handelsverlauf auf ein Rekordtief gesackt waren. Zur Rose hatte sich frisches Geld über eine Kapitalerhöhung beschafft und zudem eine Wandelanleihe begeben. Dabei nahm der Konkurrent der Shop Apotheke allerdings weniger Geld ein als erhofft.
Für die Aktien von Reckitt ging es im "Footsie" um mehr als fünf Prozent abwärts. Der Konsumgüterkonzern muss sich einen neuen Chef suchen. Unternehmenschef Laxman Narasimhan kündigte überraschend seinen Abgang zum Monatsende an. Angesichts der Verbesserungen, die Narasimhan angestoßen habe, sei der aus persönlichen Gründen erfolgende Rücktritt enttäuschend, kommentierte Analyst James Edwardes Jones von der kanadischen Bank RBC.
Der französische Spirituosenhersteller Pernod Ricard hatte Geschäftsjahreszahlen bekannt gegeben. Er profitierte 2021/22 von einer hohen Nachfrage in allen Regionen und steigerte Umsatz und operatives Ergebnis deutlicher als erwartet. Die Anteilsscheine legten um ein halbes Prozent zu und sicherten sich damit den ersten Platz im Cac 40.
Der Index-Anbieter FTSE Russell hatte zudem am Vorabend die am 19. September in Kraft tretenden Veränderungen für den FTSE 100 bekannt gegeben. Wie erwartet müssen Abrdn , Hika Pharma und Howden Joinery den Index verlassen. Aufsteigen werden wie zuvor von Analysten prognostiziert Convatec und F&C Investment Trust . Überraschend wurde dagegen bekannt gegeben, dass nicht Frasers Group ebenfalls aufsteigt, sondern Harbour Energy . Während Frasers Group um 0,6 Prozent nachgaben, büßten die Anteile von Harbour Energy zwischenzeitliche Gewinne ein und schlossen im Sog der fallenden Energiewerte 1,6 Prozent im Minus.
Außerdem bewegten Umstufungen den Markt. So hatte sich die britische Bank HSBC skeptisch zu den Luxusgüterherstellern LVMH , Hermes und Richemont geäußert, die daraufhin zwischen 2,3 und 4,5 Prozent einbüßten./la/nas
Quelle: dpa-Afx