FRANKFURT (dpa-AFX) - Am deutschen Aktienmarkt haben Anleger am Mittwoch den jüngsten Rücksetzer für Zukäufe genutzt. Die Zulassung eines zweiten Impfstoffs in der Europäischen Union und die Hoffnung auf ein noch umfangreicheres US-Konjunkturpaket trieben den Dax vor allem am Nachmittag mit Unterstützung der ebenfalls robusten Wall Street an. Bei gut 13 919 Punkten erreichte er ein Rekordhoch.

Mit einem Plus von 1,76 Prozent auf 13 891,97 Punkte ging der deutsche Leitindex nur unweit seines Tageshochs über die Ziellinie. Der MDax konnte dem Dax zur Wochenmitte aber nur mit deutlich weniger Schwung nach oben folgen, er legte um 0,20 Prozent auf 31 121,01 Punkte zu. Der SDax stieg erstmals über die Marke von 15 000 Punkten.

Von den verlängerten und teils verschärften Lockdown-Maßnahmen in Deutschland ließen sich die Marktteilnehmer offensichtlich nicht beirren. Aktienstratege Emmanuel Cau von Barclays Research hatte zuvor seine Meinung bekräftigt, dass Anleger bei Rücksetzern wie am Vortag zugreifen sollten. Die Charttechniker der schweizerischen Bank UBS halten nun einen zeitnahen Angriff auf die runde Marke von 14 000 Punkten für denkbar.

In Europa hat die EU-Kommission am Mittwoch unmittelbar auf eine ausgesprochene Empfehlung der Arzneimittelbehörde EMA reagiert und den Impfstoff des US-Herstellers Moderna als zweites Vakzin gegen das Coronavirus zugelassen. Dies stimmte die Anleger, die zuletzt vorübergehend von den verlängerten Lockdowns verängstigt wurden, wohl erneut mutiger.

Derweil sieht es in den USA bei Stichwahlen im Bundesstaat Georgia nach einem Sieg zweier demokratischer Kandidaten aus. Senator Chuck Schumer teilte mit, damit werde die Partei erstmals seit sechs Jahren wieder eine Mehrheit im Senat haben. Börsianer glauben nun, dies könnte den Weg zu noch umfangreicheren Konjunkturhilfen ebnen. Dies gab auch der Wall Street viel Auftrieb. Der Dow Jones Industrial stand dort zuletzt mit 1,5 Prozent im Plus.

Angesichts der politischen Perspektive in den USA gewannen die Aktien von HeidelbergCement 4,2 Prozent. Der in Nordamerika sehr aktive Zementhersteller dürfte nach Aussage von Händlern von hohen Investitionen in die Infrastruktur des Landes profitieren, sollten die Demokraten im Kampf um den Senat punkten und dann ein milliardenschweres Hilfsprogramm zügig umsetzen.

Ähnliche Schlüsse wurden von Börsianern auch für SMA Solar gezogen. Mit einem Kurssprung um mehr als zehn Prozent kosteten die Aktien des Solarkonzerns erstmals seit Sommer 2018 wieder mehr als 60 Euro. Mit Blick auf erwartete US-Förderungen attestierte Analyst Guido Hoymann von der Privatbank Metzler den Papieren noch Luft nach oben bis 75 Euro.

Die Aktien des Salz- und Düngerproduzenten K+S setzten ihren starken Lauf an der MDax-Spitze mit einem Kurssprung um 6,7 Prozent fort. Analyst Jonas Oxgaard vom Investmenthaus Bernstein prognostiziert für die Zulieferer und Ausrüster der Landwirtschaft ein starkes Jahr.

Allgemein kletterten europaweit die Finanzwerte nach oben, die Papiere der Deutschen Bank zogen an der Dax-Spitze um sechs Prozent an. Neben der wieder hohen Risikoneigung der Anleger wurde als Treiber auch auf steigende US-Zinsen verwiesen, was für das Alltagsgeschäft von Banken als förderlich gilt. Umgekehrt traf dies die Immobilienwerte schwer: Vonovia rutschte auf dem letzten Indexplatz um vier Prozent ab.

Außerdem wurden allgemein die Aktien abgestoßen, die in den vergangenen Monaten und damit auch am Vortag noch als Corona-Gewinner gefeiert wurden. Die Papiere des Softwareanbieters Teamviewer , von Shop Apotheke und des Essenslieferdienstes Delivery Hero büßten zwischen 4,0 und 5,5 Prozent ein.

Nach dem Anstieg auf den höchsten Kurs seit rund drei Jahren löste eine Verkaufsempfehlung von Warburg Research bei ElringKlinger eine Welle von Gewinnmitnahmen aus. Die Papiere sackten schließlich um 7,4 Prozent ab.

Auf europäischer Bühne legte der EuroStoxx 50 um 1,78 Prozent zu. Der Pariser Cac 40 stieg um 1,19 Prozent. Der britische FTSE 100 gewann sogar 3,47 Prozent.

Der Euro erreichte über der Marke von 1,23 US-Dollar einen mehrjährigen Höchststand. Zuletzt wurde die Gemeinschaftswährung mit 1,2287 Dollar aber wieder darunter gehandelt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,2338 (Dienstag: 1,2271) US-Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,8105 (0,8149) Euro.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von minus 0,59 Prozent am Vortag auf minus 0,55 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,24 Prozent auf 146,05 Punkte. Der Bund-Future sank um 0,27 Prozent auf 177,32 Punkte./tih/he

--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---

Quelle: dpa-Afx