KARLSRUHE (dpa-AFX) - Tausende vom Abgasskandal betroffene Diesel-Besitzer haben erst 2019 oder 2020 gegen Volkswagen
Der Diesel-Skandal war ab dem 22. September 2015 ans Licht gekommen und hatte danach über Wochen und Monate die Berichterstattung der Medien beherrscht. Die gesetzlich vorgesehene Verjährungsfrist beträgt drei Jahre - beginnend "mit dem Schluss des Jahres, in dem 1. der Anspruch entstanden ist und 2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste".
Eine Ausnahme bei der Verjährung ist nach der Rechtsprechung des BGH nur ausnahmsweise möglich: wenn die Rechtslage zunächst so unsicher und zweifelhaft ist, dass die Erhebung einer Klage unzumutbar wäre.
Eine solche Situation sehen die obersten Zivilrichter beim Diesel nicht. Eine Klage habe schon 2015 hinreichende Aussicht auf Erfolg versprochen, sagte der Vorsitzende Richter Stephan Seiters.
Zwar habe es erst viel später ein Grundsatz-Urteil aus Karlsruhe gegeben. Aus früheren Entscheidungen habe sich aber ablesen lassen, dass eine Klage alles andere als aussichtslos wäre. Dass einige Juristen die gegenteilige Auffassung vertreten und auch manche Gerichte später anders geurteilt hätten, ändere daran nichts.
Der Kläger hatte seinen VW
Allerdings hatte der Mann seine Klage erst 2019 beim Landgericht Stuttgart eingereicht. Das ist den BGH-Richtern zu spät. Der Kläger habe 2015 gewusst, dass sein Diesel wie Millionen andere betroffen war und das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) einen Rückruf angeordnet hatte, sagte Seiters. Diese Tatsachen reichten aus, um bei Volkswagen eine strategische Entscheidung zu vermuten, für die kaum ein einzelner Mitarbeiter verantwortlich gewesen sein könne. Eine genaue Kenntnis der internen Abläufe sei für eine Klage nicht nötig gewesen.
Laut VW sind noch rund 9000 Verfahren offen, in denen erst 2019 oder 2020 geklagt wurde. Der Wolfsburger Autobauer geht aber nicht davon aus, dass alle diese Klagen mit dem Karlsruher Urteil vom Tisch sind. VW-Anwältin Martina van Wijngaarden hatte nach der Verhandlung am Montag gesagt, der Fall sei besonders, weil klar sei, dass der Kläger 2015 Bescheid wusste. "In vielen Fällen ist die Frage, ob Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt, hingegen streitig."
Der Senat hat dazu bereits eine weitere Verhandlung im neuen Jahr in Aussicht gestellt. Für den 23. Februar haben die Richter außerdem schon die drei nächsten VW-Diesel-Fälle terminiert. Dann geht es unter anderem um die Frage, ob auch das aufgespielte Software-Update eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellen könnte./sem/DP/mis
Quelle: dpa-Afx