HANNOVER (dpa-AFX) - Die Corona-Pandemie ist auch für den Rückversicherer Hannover Rück
An der Börse wurden die Nachrichten positiv aufgenommen. Die Hannover-Rück-Aktie legte am Morgen zeitweise um bis zu 1,6 Prozent auf 153,10 Euro zu und erreichte damit den höchsten Stand seit Juli 2020. Zur Mittagszeit lag sie noch mit 0,73 Prozent im Plus und damit im Mittelfeld des MDax
Branchenexperte Ashik Musaddi von der US-Bank JPMorgan und sein Kollege Kamran Hossain vom Analysehaus RBC lobten die Kapitalausstattung des weltweit drittgrößten Rückversicherers. Allerdings zeigten sie sich von der fehlenden Sonderdividende etwas enttäuscht.
So will die Hannover Rück zwar die Basisdividende von 4 auf 4,50 Euro je Aktie anheben. Doch weil die Sonderdividende entfällt, soll die gesamte Ausschüttung je Aktie im Vergleich zum Vorjahr um einen Euro sinken. Den Großteil der Ausschüttung erhält der Versicherer Talanx
Die Anteilseigner des Rückversicherers sind verwöhnt. Denn der Konzern hatte seit Jahren regelmäßig Sonderdividenden ausgeschüttet und außerdem die Basisdividende mehrfach angehoben. Denn dank hoher Gewinne wuchs die Kapitalbasis des Rückversicherers immer weiter. Und wegen eines jahrelangen Preiskampfs in der Branche ließ sich das zusätzliche Kapital nicht im gleichen Umfang rentabel zum Schultern weiterer Versicherungsrisiken einsetzen. Daher hatte sich die Konzernführung immer wieder für eine Sonderdividende entschieden.
Doch die hohen Schäden durch die Pandemie haben das Geschäftsumfeld verändert. Bei der wichtigen Vertragserneuerung im Schaden- und Unfallgeschäft zum Jahreswechsel konnte die Hannover Rück wie ihre größeren Konkurrenten Munich Re
Die Preisentwicklung im Rückversicherungsgeschäft dürfte auch an der anhaltenden Unsicherheit rund um den weiteren Verlauf der Pandemie hängen. Nachdem die Hannover Rück 2020 coronabedingte Schäden von 1,2 Milliarden Euro schultern musste, geht Henchoz für das neue Jahr von einer geringeren Summe aus. So habe der Konzern bei der Verlängerung von Verträgen im Schaden- und Unfallgeschäft Pandemieschäden vielfach ausgeschlossen, sagte er in einer im Internet übertragenen Pressekonferenz.
Auch in der Personen-Rückversicherung drohen weitere Belastungen, denn die Zahl der Corona-Toten in den USA steigt immer weiter. Daher rechnet der Vorstand im ersten Halbjahr und vermutlich auch im dritten Quartal mit weiteren Belastungen. Rückversicherer stehen in den USA im großen Stil für Todesfallversicherungen gerade. Ungewöhnlich viele Sterbefälle führen daher zu unüblich hohen Zahlungen.
Als Versicherer hoffe man natürlich, dass die Menschen im Schnitt das normalerweise erwartete Alter erreichen, erklärte das zuständige Vorstandsmitglied Klaus Miller. Denn das Unternehmen muss dann nicht nur früher zahlen - sondern erhält auch weniger lang Beitragszahlungen. In den USA sind nach Daten der Johns-Hopkins-Universität bereits mehr als 529 000 Menschen an oder in Zusammenhang mit Covid-19 gestorben.
Wie seit Anfang Februar bekannt, sackte der Gewinn der Hannover Rück im vergangenen Jahr wegen der hohen Schäden durch die Pandemie um 31 Prozent auf 883 Millionen Euro ab. Im laufenden Jahr will Vorstandschef Henchoz den Überschuss wieder auf 1,15 bis 1,25 Milliarden Euro nach oben treiben. Analysten gehen im Schnitt sogar von einem Rekordgewinn von etwa 1,35 Milliarden Euro aus.
Die Schließung der Bremer Greensill-Bank schreckt die Hannover Rück unterdessen nicht. Finanzvorstand Clemens Jungsthöfel und Deutschlandchef Michael Pickel konnten bei Kapitalanlage und der Kredit- und Kautionsrisiken bisher keine Risiken für den Rückversicherer entdecken.
Die Finanzaufsicht Bafin hatte die Bremer Tochter des britisch-australischen Finanzkonglomerats Greensill Anfang März für den Kundenverkehr geschlossen - wegen drohender Überschuldung. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, dem Vernehmen nach geht es um den Vorwurf der Bilanzfälschung. Die Bank hat sich zunächst nicht öffentlich geäußert. Bei ihrem Mutterkonzern haben inzwischen Insolvenzexperten das Ruder übernommen./stw/ssc/stk
Quelle: dpa-Afx