DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Der Finanzvestor Cerberus ist einem Bericht zufolge am Kauf der Staatsbeteiligung an der Commerzbank interessiert. Der Investor aus New York könne sich gut vorstellen, die Beteiligung des Bundes in Höhe von 15,6 Prozent nach der Bundestagswahl zu übernehmen, berichtete das "Handelsblatt" (HB) am Freitag unter Berufung auf mehrere mit dem Thema vertraute Personen. Die Commerzbank-Aktie legte nach den Nachrichten kurz nach Handelsstart um gut vier Prozent auf 5,621 Euro zu.

Der Zeitung zufolge hat Cerberus-Deutschlandchef David Knower in vertraulichen Gesprächsrunden seine Bereitschaft signalisiert, einen Erwerb des Staatsanteils zu prüfen. Ob es dazu kommt, dürfte der Zeitung zufolge auch davon abhängen, wie sich die Corona-Lage und die Wirtschaft in den nächsten Monaten entwickeln - und welchen Preis die Bundesregierung für ihren Anteil haben möchte.

Die Commerzbank wollte sich zu den Informationen am Freitag nicht äußern. Bei Cerberus war zunächst niemand erreichbar. Laut "Handelsblatt" wollte sich der Finanzinvestor ebenfalls nicht äußern, und das Bundesfinanzministerium habe lediglich mitgeteilt: "Über den Umgang mit der Beteiligung des Finanzmarktstabilisierungsfonds an der Commerzbank entscheidet zu gegebener Zeit ein interministerieller Lenkungsausschuss."

Der Staat hatte die Bank in der Finanzkrise 2008/2009 mit dem Kauf von Aktien und Bürgschaften im Umfang von mehr als 18 Milliarden Euro vor dem Untergang gerettet. Die staatlichen Hilfen hat die Bank zwischenzeitlich zurückgezahlt, allerdings ist der Bund immer noch ihr größter Aktionär.

Derzeit ist das Aktienpaket des Bundes an der Börse rund eine Milliarde Euro wert, gekostet hat es einst 5,1 Milliarden Euro. Nach früheren Angaben der Bundesregierung müsste der Bund je Aktie etwa 26 Euro erzielen, um das Commerzbank-Engagement ohne Verlust zu beenden. Von diesem Kursniveau ist das Papier allerdings seit Jahren weit entfernt.

Cerberus ist seit 2017 an der Commerzbank beteiligt und hält derzeit etwas mehr als fünf Prozent an dem Institut. Mit seiner Beteiligung hat der Finanzinvestor bisher hohe Verluste eingefahren. Bei einer Übernahme des Staatsanteils würde der Cerberus-Anteil auf mehr als 20 Prozent steigen.

Dem "Handelsblatt" zufolge halten Insider eine Veräußerung des Bundesanteils an Cerberus vor allem für den Fall für realistisch, dass FDP-Chef Christian Lindner neuer Finanzminister wird. Die Liberalen hatten sich mehrfach für einen Rückzug des Staates aus der Commerzbank ausgesprochen. "Die Bundesregierung muss jetzt eine klare Strategie finden, wie sie sich vollständig aus der Commerzbank zurückzieht", hatte Florian Toncar, finanzpolitischer Sprecher der FDP, Anfang 2019 dem "Tagesspiegel" gesagt.

Auch in der Union und bei den Grünen gibt es dem "Handelsblatt" zufolge eine gewisse Offenheit für einen Ausstieg, wie die Zeitung unter Berufung auf mit den Diskussionen vertraute Personen schreibt. Die SPD ist dem Blatt zufolge bei dem Thema zurückhaltender.

Die Regierungsbildung dürfte nach der Bundestagswahl einige Monate dauern. Laut "Handelsblatt" erwarten Beteiligte bei dem Thema daher erst 2022 mit Bewegung. Dass es dann zu einem Verkauf des Staatsanteils kommt, sei nach Einschätzung von Insidern im Falle einer Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP am höchsten.

Die Commerzbank steckt derzeit wieder einmal mitten in einem radikalen Umbau. Nachdem der langjährige Vorstandschef Martin Zielke und Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann auch unter dem Druck von Cerberus 2020 hingeworfen haben, führt seit Januar der frühere Allianz- und Deutsche-Bank-Manager Manfred Knof das Institut.

Der Manager will die Commerzbank mit harter Hand sanieren. Die Zahl der Vollzeitstellen im Konzern soll bis Ende 2024 von etwa 39 500 auf 32 000 sinken. Das Filialnetz in Deutschland soll auf 450 Standorte fast halbiert werden. Die Eigenkapitalrendite soll so auf sieben Prozent steigen./stw/zb/ben/jha/

Quelle: dpa-Afx