DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Nordrhein-Westfalen wird die Corona-Impfpflicht für Pflege- und Klinikpersonal trotz Bedenken an der Praxistauglichkeit umsetzen. Das Gesetz sei beschlossen worden und werde auch so umgesetzt, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Dienstag in Düsseldorf. Der Sinn des Gesetzes sei nachvollziehbar, aber die Durchführung schwierig. Zugleich hielt Laumann auch an der geplanten allgemeinen Impfpflicht fest, um für den nächsten Herbst gegen Corona gewappnet zu sein.
Laumann forderte die Bundesregierung aber auf, den Personenkreis der im Gesundheitswesen Tätigen bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht klar zu definieren. Außerdem sei ein Leitfaden notwendig, wie die Gesundheitsämter in Einzelfällen abwägen sollten zwischen Infektionsschutz und Versorgungssicherheit der jeweiligen Einrichtung.
Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hendrik Wüst (CDU), sieht bei dem Gesetz Fehler beim Bund. "Die Reaktion der Krankenhäuser und Einrichtungen, der Städte und Kreise ist klar: Die einrichtungsbezogene Impfpflicht stößt in der Umsetzung auf enorme Schwierigkeiten", sagte der NRW-Ministerpräsident auf Anfrage. "Der Bund hat es bis heute versäumt, für die einrichtungsbezogene Impfpflicht wesentliche bundeseinheitliche Regeln vorzulegen." Solange die einrichtungsbezogene Impfpflicht gelte, werde NRW "einen möglichst praxisorientierten Weg" suchen, sie umzusetzen.
Minister Laumann verwies auf den langen Zeithorizont, den die Umsetzung in Anspruch zu nehmen drohe. Es könne angesichts der zahlreichen Verwaltungsverfahren inklusive Anhörung aller Beteiligten durchaus bis zum Sommer dauern, bis es in Einzelfall-Entscheidungen zu Betretungs- oder Beschäftigungsverboten bei Personen komme, die sich nicht impfen lassen wollten. Das Gesetz sei aber nur bis Ende des Jahres befristet. "Da fragt man sich schon: Wie praxistauglich ist das alles?", so Laumann. Er habe immer gewusst, dass die Umsetzung schwierig werde.
Für NRW geht das Ministerium von etwa 50 000 bis 100 000 nicht vollständig gegen Corona geimpften Menschen in den Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen aus. Das Ministerium verwies darauf, dass nicht sofort am 16. März mögliche Betretungs- oder Beschäftigungsverbote ausgesprochen würden. Die Kommunen bekämen vielmehr einen Erlass für ein gestuftes Verfahren zur Durchsetzung der Impfpflicht an die Hand, damit sie diese "effektiv, zielgerichtet und vor allem möglichst aufwandsarm umsetzen können".
Das Gesetz sei zur Zeit der vorherrschenden Delta-Virusvariante verabschiedet worden, inzwischen dominiere Omikron, so Laumann. Zudem sei die Impfquote etwa in Pflegeheimen sehr hoch. Das Land bekomme darüber hinaus ab dem 21. Februar den neuen Protein-Impfstoff Novavax
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte dagegen die vorübergehende Aussetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht angekündigt. Nach Bayern war auch die Union insgesamt auf die Bremse getreten. Das bereits im Dezember von Bundestag und Bundesrat beschlossene Gesetz legt fest, dass Beschäftigte in Pflegeheimen und Kliniken bis 15. März Nachweise als Geimpfte oder Genesene vorlegen müssen - oder ein Attest, nicht geimpft werden zu können. Arbeitgeber müssen die Gesundheitsämter informieren, wenn das nicht geschieht. Diese können die Beschäftigung in der Einrichtung untersagen.
SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty forderte Wüst in dessen Funktion als MPK-Vorsitzender auf, die Unionsländer bei der Umsetzung der Corona-Impfpflicht auf Linie zu bringen. Kutschaty kritisierte Söder für die angekündigte vorübergehende Aussetzung. "Ich weiß nicht, welche neuen Erkenntnisse Herr Söder jetzt hat, die er vor wenigen Wochen nicht hatte, als er der einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Bundesrat selbst zugestimmt hat."
Die Impfpflicht sei eine anspruchsvolle Herausforderung, aber auch "ein großer gesellschaftlicher Konsens", sagte Kutschaty. In den meisten Einrichtungen gebe es bereits eine sehr hohe Impfbereitschaft bei den Beschäftigten. Nur ein kleinerer Teil wolle sich nicht impfen lassen./dot/DP/zb
Quelle: dpa-Afx