ERKNER (dpa-AFX) - Zum Auftakt einer hitzigen Anhörung mit mehr als 100 Kritikern der Fabrik von US-Elektroautobauer Tesla
Die Anhörung mit rund 115 Kritikern von über 400 Einzelpersonen oder Verbänden mit Einwänden begann schleppend. Ob sie bis Freitag abgeschlossen sein wird, war unklar. Tesla will ab Sommer 2021 in Grünheide E-Autos herstellen, der Bau schreitet schnell voran - über vorläufige Genehmigungen, weil das komplette grüne Licht aussteht. Die Kritiker des Projekts, die vor allem Folgen für Wasser und Umwelt fürchten, machten ihrem Ärger Luft. Naturschützer und Anwohner meldeten sich zu Wort, es ging zunächst aber nicht um die Umwelt.
Nach etwa einer Stunde wurde die Sitzung wegen eines Befangenheitsantrags unterbrochen. Der Vizechef der Naturfreunde Berlin, Uwe Hiksch, forderte die Ablösung von Versammlungsleiter Stock und warf ihm vor, er habe in einem Beitrag des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) das Ergebnis vorweggenommen. Stock, der die Abteilung Technischer Umweltschutz im Landesamt für Umwelt leitet, sagte am 3. September: "Nach jetzigem Stand können wir keine grundsätzlichen Genehmigungshindernisse erkennen, auch nicht aufgrund der eingereichten Einwendungen." Der Antrag wurde vom Landesumweltamt abgewiesen auch mit dem Verweis, dass es bereits vorläufige Zulassungen für einzelne Schritte gebe. Weil die umweltrechtliche Genehmigung aussteht, baut Tesla über vorläufige Erlaubnisse.
Bei der Anhörung sollen Kritiker die Gelegenheit bekommen, ihre beim Land eingereichten Einwände vorzutragen. Eine Entscheidung fällt dort noch nicht. Die Naturschützerin Julia Neigel, die mehrere Petitionen für die Bürgerinitiative Grünheide gegen die "Gigafactory" verfasst hat, meldete sich mehrmals zu Wort. Sie kritisierte, dass Tesla und nicht das Land ein Unternehmen damit beauftragt hat, das Protokoll der Sitzung zu erstellen. Ein Anwalt sagte bei der Anhörung, er halte dies für bedenklich und drohte, den Termin unterbrechen zu lassen. Der Versammlungsleiter sagte zu, dass Tesla den Auftrag bereitstellt, damit geprüft werden könne, ob daraus eine Beeinflussung hervorgehe.
Es blieb nicht bei einem Befangenheitsantrag gegen Stock. Im zweiten Fall kritisierte ein Gast, dass Stock Neigel das Mikrofon abgestellt habe. Der Versammlungschef entgegnete, er habe das Recht dazu und wolle auch anderen die Möglichkeit zum Wortbeitrag geben. Er sagte am Rande über die Atmosphäre: "Es ist sehr selten in Brandenburger Erörterungsterminen, dass es Buhrufe gibt und Beifall." Er habe aber damit gerechnet.
Schon vor Beginn machte die Bürgerinitiative Grünheide ihre Bedenken deutlich. "Der Hauptpunkt ist (...), dass eine Riesenfabrik ins Trinkwasserschutzgebiet gebaut wird", sagte Manuela Hoyer.
Am Vorabend stellte der Wasserverband Strausberg-Erkner für den Bau der Fabrik eine wichtige Weiche: Die Verbandsversammlung genehmigte den Erschließungsantrag für das Werk. Der Beschluss sei möglich geworden, da Tesla den Wasserbedarf im Genehmigungsantrag gesenkt habe und die Behörden zusätzliche Entnahmemengen genehmigt hätten, teilte der Verband mit. Es gehe nur um die erste Ausbaustufe.
Tesla will von Sommer 2021 an in Grünheide bei Berlin zunächst bis zu 500 000 Elektroautos pro Jahr mit rund 12 000 Mitarbeitern bauen. Ein Tesla-Vertreter sagte, die "Gigafactory" sei ein wichtiger Schritt, um die Energie- und Verkehrswende zu beschleunigen. Tesla-Chef Elon Musk hatte Kritik, die den Umweltschutz betrifft, bei einem Besuch in Grünheide Anfang September zurückgewiesen.
IG-Metall-Chef Jörg Hofmann will dem Tesla-Chef selbstbewusst begegnen: "Herzlich willkommen im Land der Mitbestimmung und der Tarifverträge! In einem Land, wo Ökologie und Soziales nicht als Widerspruch, sondern als gegenseitige Bedingung gesehen werden", sagte er der Wochenzeitung "Die Zeit".
Musk will einen Tesla zum Schnäppchenpreis auf den Markt bringen - der zudem vollautonom fahren kann. "Wir sind zuversichtlich, dass wir ein sehr, sehr überzeugendes Elektroauto für 25 000 Dollar bauen können", sagte der Unternehmer am Dienstag (Ortszeit) bei Teslas "Battery Day" im kalifornischen Fremont. Allerdings müssen sich Kunden noch gedulden, denn Voraussetzung dafür, dass die Preise so stark fallen können, sind drastische Kostensenkungen in der Batterieherstellung. Musk glaubt, diese in etwa drei Jahren erreichen zu können./vr/hbr/DP/nas
Quelle: dpa-Afx