BERLIN (dpa-AFX) - In der Krise um knappes und teures Gas ringt die Regierung an den verschiedenen Krisenherden weiter um Lösungen. Nach der angekündigten Verstaatlichung von Uniper
Securing Energy for Europe (Sefe) bei einem weiteren Unternehmen eingreifen. Gleichzeitig kündigte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) neue Hilfen an - und für kommende Woche eine Änderung der umstrittenen Gasumlage. Finanzminister Christian Lindner (FDP) sucht per Arbeitsgruppe nach einem Weg, um die Auswirkungen hoher Gaspreise einzudämmen.
Über die möglicherweise geplante staatliche Übernahme der Sefe berichtete am Donnerstag der "Spiegel". Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft des russischen Staatskonzerns Gazprom
Habeck hatte die Bundesnetzagentur im April als Treuhänderin für die damalige Gazprom Germania und heutige Sefe eingesetzt. Der Minister hatte dies mit unklaren Rechtsverhältnissen und einem Verstoß gegen Meldevorschriften begründet. Ziel sei es, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Mitte Juni hatte der Bund das Unternehmen mit einem Milliardenbetrag über die KfW gestützt, um eine Pleite zu verhindern. Damals hieß es, in einem nächsten Schritt prüfe die Bundesregierung Möglichkeiten, das Darlehen in Eigenkapital umzuwandeln, um so auch langfristig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Zugleich kündigte Habeck am Donnerstag im Bundestag wegen der gestiegenen Energiekosten erweiterte Hilfen für Unternehmen an. Die volkswirtschaftliche Substanz in Deutschland müsse erhalten und geschützt werden, sagte der Grünen-Politiker. Dazu solle ein Energiekosten-Programm des Bundes erweitert werden.
Hilfen sollen demnach künftig nicht mehr nur an Firmen gehen, die im internationalen Handel stehen, sondern auch an Unternehmen, die Verluste machen. Das gelte für die Industrie. Auch für den Mittelstand sollen Hilfen erweitert werden. Außerdem solle es schnell Abschlagszahlungen geben, sagte Habeck.
Der Bund hatte ein Programm aufgelegt, bei dem Firmen einen Zuschuss zu ihren gestiegenen Erdgas- und Stromkosten bekommen können. Das Wirtschaftsministerium hatte bereits erklärt, es seien Erweiterungen für den Mittelstand geplant. Der Bundesverband der Deutschen Industrie hatte unter Verweis auf eine Umfrage im industriellen Mittelstand mitgeteilt, extrem steigende Energiepreise stellten die Industrie vor fundamentale Probleme.
An Lösungen für diese Probleme arbeitet inzwischen auch das Bundesfinanzministerium. Auf Anweisung von Ressortchef Christian Lindner (FDP) ist dort vergangene Woche ein "Arbeitsstab Gaspreisbremse" eingerichtet worden, wie die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag von mit dem Vorgang befassten Personen erfuhr. Lindner sei höchst besorgt, dass die Auswirkungen einer "Lawine" unterschätzt würden, die auf die deutsche Wirtschaft zurolle. Tempo und Umfang der bisherigen Maßnahmen zum Schutz von Mittelstand, Handwerk und Industrie seien aus Lindners Sicht noch unzureichend. Vor allem müsse die "ruinöse Preissteigerung beim Gas" bekämpft werden, bis eine Normalisierung des Marktgeschehens eingetreten sei.
Eine bereits beschlossene, wenn auch umstrittene Maßnahme in der Krise ist die Gasumlage. Hier will Wirtschaftsminister Habeck dafür sorgen, dass sogenannte Trittbrettfahrer keinen Anspruch auf Gelder daraus haben. Der Grünen-Politiker hatte das bereits angekündigt, nun befindet sich ein entsprechender Entwurf für eine Änderung des Energiesicherungsgesetzes in der Ressortabstimmung.
Demnach soll nun ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich nur für Gasimporteure gelten, bei denen die ersatzbeschafften Mengen einen Anteil von mindestens einem Prozent am deutschen Gesamtgasverbrauch ausmachen und die ohne die Zahlung des Ausgleichs im jeweiligen Quartal ein negatives Ebitda ausweisen - dies ist das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen.
Die Änderungen sollen voraussichtlich am 28. September vom Kabinett beschlossen werden, so das Ministerium am Donnerstag. Mit der Gasumlage sollen Gasimporteure gestützt werden, die wegen ausbleibender russischer Lieferungen sehr hohe Kosten für Ersatzbeschaffungen haben. Die Bundesregierung will trotz der geplanten Uniper-Verstaatlichung vorerst an der Gasumlage festhalten, die zum 1. Oktober eingeführt werden soll. Mehr als 90 Prozent der 34 Milliarden Euro, die laut Wirtschaftsministerium für die Gasumlage anfallen, gehen nach dpa-Informationen an Uniper und die bisherige Gazprom Germania - also die Sefe, die nun auch verstaatlicht werden könnte./cn/DP/stw
Quelle: dpa-Afx