WOLFSBURG/BERLIN (dpa-AFX) - VW
Wegen der eingebrochenen Nachfrage in der Corona-Krise sucht die Branche händeringend nach Möglichkeiten, Fahrzeuge aus ihren vollen Lagern abzuverkaufen. Die bei den Beratungen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Juni auf den Weg gebrachten, erweiterten Zuschüsse beim Kauf von Elektro- oder Hybridautos entfalteten jetzt noch ihre Wirkung, meinte Pötsch. Für die nächste Runde zwischen Bund, Ländern, Unternehmen und Gewerkschaften im November rechne er dann wieder mit einem "Zusammenführen" von strukturellen und kurzfristigen Hilfen. Bisher gelten die Zuschüsse nicht für moderne Benziner oder Diesel.
Am vergangenen Dienstag hatten die Teilnehmer des Spitzentreffens vor allem langfristige Pläne diskutiert. In Not geratenen Zulieferern soll möglicherweise ein neuer Fonds frisches Kapital zuschießen - die Finanzierung ist aber noch ungeklärt. Formuliert wurden außerdem neue, ehrgeizige Ziele für Datenanwendungen und das autonome Fahren.
Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos sollen Hersteller der Politik künftig laufend über den aktuellen Stand Bericht erstatten. Pötsch sagte, insgesamt empfinde er die Debatte zum Thema nach wie vor als zu zögerlich: "Da muss man nacharbeiten. Wir sind noch weit davon entfernt, in Deutschland ein hinreichendes Ladenetz zu haben. Hier gilt es insbesondere, die beabsichtigte Förderung des privaten Ladens mit Nachdruck voranzutreiben." Die Installation von Ladepunkten stößt derzeit noch auf Hindernisse, etwa im Mietrecht.
"Sehr positiv" sei für ihn dagegen, dass die Standardisierung der verschiedenen Bezahlsysteme beim Aufladen nun vorankommen soll. "Das ist für viele Kunden entscheidend", glaubt Pötsch. Mehrere Ladekarten und parallele Abrechnungsarten seien zu umständlich für den Alltag.
Beim autonomen Fahren hält der VW-Chefaufseher das Ziel eines Regelbetriebs schon ab 2022 - wie im Ergebnispapier des "Autogipfels" festgehalten - für durchaus realistisch. Er erwartet jedoch, dass die Umsetzung in kleinen Schritten kommt. Man dürfe nicht damit rechnen, dass von Anfang an zum Beispiel bereits auf Autobahnen ein sehr hoher Grad an Automatisierung möglich sein werde. Zunächst werde dies wohl eher nur in verkehrsberuhigten Zonen oder im Lieferverkehr gelingen.
Mit Blick auf die angespannte globale Handelspolitik und weiterhin drohende Zölle für Autohersteller warnte Pötsch vor einer Abschottung des jeweils eigenen Marktes. Dass dies funktionieren könne, sei "in der international verflochtenen Wirtschaftswelt ein Trugschluss".
Er hatte kürzlich bereits in einer Rede an die Politik appelliert, Protektionismus im großen Maßstab unbedingt zu verhindern. "Das scheint uns keine Lösung für die aktuellen Probleme zu sein." Offene Märkte seien entscheidend für Wohlstand auch in Krisenzeiten. "In Deutschland hängt jeder vierte Arbeitsplatz am Export, in der Industrie sogar jeder zweite." Die Autobranche, aber auch andere Wirtschaftszweige wie Chemie, Nahrungsmittelindustrie und Energie blicken weiter auch auf den Handelsstreit zwischen China und den USA.
Es habe im Zuge der Pandemie zwar Störungen in global vernetzen Lieferketten gegeben, so Pötsch. Insgesamt hätten die Beziehungen dem Druck aber standgehalten. Er höre inzwischen auch gute Nachrichten zur Erholung vieler Bereiche, die Politik habe zügig reagiert. Doch in der Summe gelte aus seiner Sicht: "Die Lage bleibt angespannt."/jap/DP/fba
Quelle: dpa-Afx