OSLO/SAN JOSE (dpa-AFX) - Der Online-Marktplatz Ebay und sein norwegischer Rivale Adevinta
An der Börse wurden die Nachrichten mit Begeisterung aufgenommen. Die Adevinta-Aktie legte in Oslo bis zur Mittagszeit um fast 36 Prozent auf 156,30 norwegische Kronen zu. Damit wurde das Unternehmen an der Börse umgerechnet mit fast 11,7 Milliarden Dollar (10,2 Mrd Euro) bewertet. Seit dem Jahreswechsel hat der Adevinta-Kurs jetzt um mehr als die Hälfte zugelegt.
Dass die Norweger den Zuschlag für die Ebay-Sparte erhalten dürften, war in den vergangenen Tagen bereits durchgesickert, ebenso der etwaige Kaufpreis. Die Details des Deals - vor allem die künftigen Beteiligungsverhältnisse - waren allerdings offengeblieben.
So soll Adevinta den Großteil des Kaufpreises mit neuen eigenen Aktien bezahlen. Nur 2,5 Milliarden Dollar soll Ebay in bar erhalten. Zugleich steigt der Konzern mit einer Beteiligung von 44 Prozent zum neuen Großaktionär von Adevinta auf - und bleibt auf diese Weise auch an dem Anzeigengeschäft beteiligt. Die Stimmrechte des US-Konzerns sollen allerdings auf 33 Prozent begrenzt werden, indem er 11 Prozent der Adevinta-Anteile in Form stimmrechtsloser Vorzugsaktien bekommt.
Bei Adevinta ändern sich damit die Beteiligungsverhältnisse grundsätzlich. Bisher hält der norwegische Medienkonzern Schibsted mit 59 Prozent die Mehrheit an dem Unternehmen, das er erst im vergangenen Jahr an die Börse gebracht hatte. Schibsted will dem Deal mit Ebay zustimmen und künftig nur noch mit einem Drittel an Adevinta beteiligt sein.
Zudem will Schibsted für 330 Millionen Dollar den dänischen Teil von Ebays Anzeigengeschäft herauskaufen, sodass Adevinta für den gesamten Deal selbst nur noch 2,17 Milliarden Dollar an Barmitteln aufwenden muss. Dafür hat sich die Adevinta nach eigenen Angaben einen milliardenschweren Überbrückungskredit gesichert.
Durch den Zusammenschluss soll der größte Anbieter von Online-Anzeigenmärkten der Welt entstehen, der in 20 Staaten mit rund einer Milliarde Einwohnern vertreten ist. Adevinta-Chef Rolv Erik Ryssdal sieht für sein Unternehmen dadurch die Chance, in neue Märkte vorzustoßen. Ebay-Chef Janie Iannone hob hervor, dass Ebay auf diese Weise weiterhin an der künftigen Geschäftsentwicklung im Anzeigenbereich teilhaben könne.
Ebays Anzeigensparte ist bisher in 13 Ländern vertreten, Adevinta in 15. Legt man die Zahlen des Jahres 2019 zugrunde, entsteht durch den Zusammenschluss ein Unternehmen mit einem Umsatz von 1,8 Milliarden Dollar und einem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) fast 600 Millionen Dollar.
Von der Fusion versprechen sich die beteiligten Unternehmen Synergien in Höhe von 150 bis 185 Millionen Dollar. Diese sollen ab dem dritten Jahr nach dem Zusammenschlusses erreicht werden. Die Vertragspartner erwarten, dass sie den Deal bis zum ersten Quartal 2021 vollziehen können. Vorher müssen die Adevinta-Aktionäre und die Aufsichtsbehörden zustimmen.
Der Verkauf der sogenannten Classifieds-Sparte von Ebay steht schon länger zur Debatte, nachdem Hedgefonds den Konzern 2019 dazu gedrängt hatten. Sie hatten gefordert, dass sich der Konzern von einigen Geschäftsteilen trennen soll, die nach ihrer Ansicht den wahren Wert des Unternehmens verschleierten. Das Anzeigengeschäft ist einer der letzten verbliebenen Geschäftsteile abseits des Kerngeschäfts, nachdem Ebay bereits im vergangenen Jahr seine Ticketbörse StubHub verkauft hatte.
Das internationale Anzeigengeschäft der Kalifornier ist unter anderem in Kanada, Teilen Europas, Afrika, Australien und Mexiko vertreten. Nutzer können ihre Produkte und Dienstleistungen dort Interessenten in ihrer Nähe anbieten. Im vergangenen Jahr erzielte Ebay mit dieser Sparte einen Umsatz in Höhe von 1,1 Milliarden US-Dollar, während der Konzern mit seinem Online-Marktplatzgeschäft auf Erlöse von 7,6 Milliarden Dollar kam. Ebays Kerngeschäft litt zuletzt allerdings unter dem zunehmenden Wettbewerb mit Amazon
Adevinta hingegen ist bisher vor allem in Teilen Europas, Lateinamerikas und Nordafrikas vertreten. Mit dem Kauf des Anzeigengeschäfts von Ebay können die Norweger ihre Präsenz in Deutschland erheblich ausbauen./stw/eas/men
Quelle: dpa-Afx