ERFURT (dpa-AFX) - Der Streit um das Mitbestimmungsrecht bei der Besetzung des Aufsichtsrats des größten Softwareherstellers Europas SAP
Luxemburg müsse folgende Fragestellung klären: Muss ein exklusives Vorschlagsrecht für Aufsichtsratssitze, das Gewerkschaften zusteht, auch gewahrt bleiben, wenn sich eine deutsche Firma die Unternehmensform einer Europäischen Gesellschaft (SE) gibt?
Hintergrund des Streits ist genau dieser Schritt: Denn 2014 wandelte sich SAP mit Sitz im baden-württembergischen Walldorf von einer Aktiengesellschaft (AG) in eine Europäische Gesellschaft (SE) um. Dabei wurde die Zahl der Sitze im Aufsichtsrat von 16 auf aktuell 18 erhöht. Neun davon sind für Vertreter der Arbeitnehmer vorgesehen. Davon dürfen Gewerkschaften einen Sitz - unter gewissen Voraussetzungen sogar zwei Sitze - mit einem Vertreter besetzen.
Allerdings sieht eine Vereinbarung, die bei der Umwandlung geschlossen worden war, auch vor, dass die Zahl der Sitze im Aufsichtsrat auf 12 reduziert werden kann. Dies würde dazu führen, dass die festen Sitze für die Gewerkschaftsvertreter entfielen. Daran nahmen IG Metall und Verdi Anstoß, weil sie so ihr exklusives Vorschlagsrecht verlieren würden. Die Gewerkschaften klagten und scheiterten damit in den Vorinstanzen.
Dass die Richter am höchsten Arbeitsgericht in Deutschland das Anliegen der Gewerkschaften jetzt zur Klärung nach Luxemburg geben, werten diese als Erfolg. "Der Versuch, die deutsche Mitbestimmung über eine Vereinbarung bei Umwandlung in eine Europäische Aktiengesellschaft (SE) auszuhebeln, ist zu Recht als europarechtlich relevant eingestuft worden", teilte Christoph Meister vom Verdi-Bundesvorstand mit. Die Zweite Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner, sieht Gesetzgeber auf europäischer und deutscher Ebene gefordert, vorhandene Lücken in den Gesetzen zu schließen, "um weiteren Raubbau an der Mitbestimmung zu unterbinden"./maf/DP/men
Quelle: dpa-Afx