DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Der Energiekonzern Uniper blickt auf schwere Monate zurück. Kurz vor Weihnachten soll nun auf einer außerordentlichen Hauptversammlung das mit der Bundesregierung beschlossene Stabilisierungspaket von den Aktionären durchgewinkt werden. Doch der Weg dahin ist noch nicht geebnet. Was bei Uniper los ist, wie die Anleger reagieren und Analysten die Lage einschätzen.

DAS IST LOS BEI UNIPER:

Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass bei Uniper die ersten dunkle Wolken aufzogen. Ende Dezember 2021, also noch vor Russlands Krieg gegen die Ukraine, hatte sich der Anstieg der Gaspreise beschleunigt, weshalb sich der Konzern Unterstützung in Milliardenhöhe bei seinem Mutterkonzern Fortum und der Förderbank KfW besorgte. Durch den Krieg verschärfte sich die Situation dann dramatisch, weil Russland immer weniger Erdgas lieferte. Dadurch hat sich die Situation dramatisch zugespitzt, die Summe sich vervielfacht, die Uniper zur Stützung braucht.

Denn der Düsseldorfer Konzern muss für das fehlende Gas aus Russland teuren Ersatz auf dem Gasmarkt einkaufen, um seine eigenen Lieferverträge zu erfüllen. Das bringt das Unternehmen finanziell in die Klemme. In der Spitze machte Uniper bei der Gasbeschaffung täglich 200 Millionen Euro Verlust, wie Konzernchef Klaus-Dieter Maubach vergangene Woche berichtete.

Um eine Insolvenz abzuwenden, hat sich der Konzern mittlerweile mit der Bundesregierung und seinem bisherigen Mehrheitseigentümer Fortum auf ein Stabilisierungspaket verständigt, das eine Verstaatlichung vorsieht. Geplant ist neben einer Barkapitalerhöhung von acht Milliarden Euro unter anderem der Erwerb der Uniper-Anteile des finnischen Mehrheitsaktionärs durch den Bund. Weitere bis zu 25 Milliarden Euro kann sich der Konzern durch künftige Kapitalerhöhungen beschaffen.

Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 19. Dezember sollen die Aktionäre ihr Okay für das Paket geben. Gegenstimmen sind keine zu erwarten. Größter Anteilseigner ist schließlich Fortum mit knapp 78 Prozent, und die Finnen dürften froh sein, ihren Kopf aus der Schlinge ziehen zu können. Doch es fehlt noch die Genehmigung seitens der EU-Kommission für die Staatshilfen. Und deshalb wird man bei Uniper allmählich unruhig.

Aus Unternehmenskreisen hieß es vergangene Woche, der Konzern werde nach der Krise ein Drittel seiner Ertragskraft verloren haben. Ziel müsse daher sein, dass Uniper darüber hinaus nicht im Kern weiter beschädigt werde. Das Paket müsse nicht nur Uniper, sondern vielen Menschen und dem europäischen Gasmarkt helfen. Eine Logik nach dem Grundsatz "großes Hilfspaket, deshalb große Auflagen" sei daher nicht gerechtfertigt. Denn sie dürfte die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens stark verschlechtern, hieß es.

Die Arbeitnehmerseite befürchtet gar eine Zerschlagung. Konzern-Betriebsratschef Harald Seegatz sagte vor zwei Wochen: "Uniper muss im Sinne seiner Beschäftigten, der Gesellschaft und nicht zuletzt für den deutschen Steuerzahler überlebensfähig bleiben und Zukunftschancen haben. Deshalb muss Uniper als gesamter Konzern erhalten bleiben."

DAS MACHT DIE AKTIE:

Angesichts Unipers dramatischer Lage hat sich auch der Börsenwert pulverisiert. Die Aktie hat seit Jahresbeginn rund 90 Prozent an Wert verloren, stieg im September aus dem MDax in den SDax ab. Momentan wird Uniper an der Börse noch mit rund 1,3 Milliarden Euro bewertet. Und dabei ist die erwartete Rettung durch den Staat schon eingepreist.

Nachdem im Juli erste Stabilisierungsmaßnahmen beschlossen worden waren, rutschte der Kurs auf fast 5 Euro ab, im September ging es dann deutlicher unter die 3-Euro-Marke. Die Erholung auf mehr als 8 Euro im November ist mittlerweile auch schon wieder Geschichte.

Vor allem wegen der weiteren Kapitalspritze vom Bund von bis zu 25 Milliarden Euro hatten die Anleger kurzfristig Hoffnung geschöpft. Mittlerweile ist der Kurs aber wieder auf unter 3,50 Euro gerutscht. Auch Analysten sahen die Erholungsrally nicht als gerechtfertigt an.

Nach Ansicht von Piotr Dzieciolowski von der Citigroup droht der fundamentale Wert der Uniper-Papiere bei einer starken Verwässerung für die Altaktionäre von wohl 99 Prozent unter 1 Euro zu sinken. Altaktionäre dürfen bei den Kapitalerhöhungen nämlich nicht mitmachen. Analyst Sam Arie von der Schweizer Großbank UBS kann sich die Kurskapriolen vor allem mit der Schließung großer Leerverkaufspositionen erklären.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Ähnlich wie die Anleger haben sich auch die Analysten in den vergangenen Monaten vermehrt von Uniper abgewandt. Einschätzungen zur künftigen Kursentwicklung gibt es kaum noch, geschweige denn Kaufempfehlungen für die Aktie. Die verbliebenen von dpa-AFX erfassten Studien kommen von der Schweizer Großbank UBS sowie den US-Banken JPMorgan und Citigroup. Alle drei empfehlen, die Uniper-Position im Portfolio zu verringern.

JPMorgan-Analyst Vincent Ayral hat dabei mit einem Kursziel von 2,20 Euro noch die optimistischste Sicht auf die Aktie. Die Fundamentaldaten für Uniper blieben düster, schrieb er. Der Versorger werde als Schutzschild für die deutsche Wirtschaft benutzt. Ayral stellte in Aussicht, dass die Minderheitsaktionäre auf dem Rechtsweg eine materielle Entschädigung erhalten könnten. Kurzfristig sei das jedoch unwahrscheinlich.

Die Citigroup orientiert sich mit ihrem Kursziel von 1,70 Euro an dem Stückpreis, den der deutsche Staat für die vorgesehenen neuen Aktien und bisher von Fortum gehaltenen Aktien zahlen soll. UBS-Analyst Sam Arie liegt mit 1,80 Euro nur geringfügig darüber. Er verwies in einer Studie auch auf die Neunmonatszahlen. Sie zeigten, unter welch hohem Druck der Versorger stehe. Bis Ende September belief sich Unipers ausgewiesener Nettoverlust in diesem Jahr auf 40,3 Milliarden Euro.

Arie kalkuliert damit, dass der Konzern von den möglichen 25 Milliarden Euro durch Kapitalerhöhungen wohl 20 Milliarden benötigen wird. Er sieht "keine solide, fundamentale Basis für eine optimistischere Einschätzung"./lew/stw/mis

Quelle: dpa-Afx