NÜRNBERG (dpa-AFX) - Unter Volkswirten geht die Furcht vor den möglichen ökonomischen Folgen einer zweiten Welle der Corona-Pandemie um. "Der konjunkturelle Aufschwung dürfte bis zum Frühjahr weitgehend zum Erliegen kommen", sagte die Chefvolkswirtin der staatlichen Bankengruppe KfW, Fritzi-Köhler Geib, in einer dpa-Umfrage. "Dadurch dürfte auch die Arbeitslosigkeit in den kommenden Monaten stagnieren oder - wenn es schlecht läuft - deutlich zunehmen", fügte sie hinzu.
Die Beschäftigungsrisiken blieben gerade in kundennahen Wirtschaftsbereichen hoch. Besonders für das Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Teile des Einzelhandels und der Kulturwirtschaft würden die Herbst- und Wintermonate noch einmal zur Belastungsprobe. Eine Ansicht, die auch Marc Schattenberg, Volkswirt bei der Deutschen Bank teilt: "Die Situation ist belastend, besonders für den Dienstleistungssektor", betonte er.
Die Deutsche Bank
Auch der Arbeitsmarkt sei betroffen - Saisonjobs etwa auf Weihnachtsmärkten seien besonders in Gefahr, betonte Schattenberg. Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg sieht es ähnlich. "Der Arbeitsmarkt hatte sich im Sommer gefangen, die Erholung verläuft hier aber weitaus schleppender, und einige Bereiche wie die Industrie bauen weiter Beschäftigung ab."
Die Allianz-Gruppe rechnet bei der Wirtschaftsleistung sogar mit einem Minus von 6 Prozent in diesem Jahr und einem Plus von 3,5 Prozent im kommenden. "Die Risiken nach unten überwiegen", sagte Katharina Utermöhl von der Allianz. "Leider dürfte es jedoch schon ab Herbst wieder ungemütlicher für die deutsche Wirtschaft werden", sagte sie. Das Auslaufen stützender Nachholeffekte werde unmissverständlich deutlich machen, dass die derzeitige Konjunkturerholung kein Selbstläufer sei. Die Wirtschaft befinde sich coronabedingt "in einem Stop-and-Go-Modus".
Sie gehe fest davon aus, dass die zum Jahresende auslaufenden staatlichen Stützungsmaßnahmen verlängert werden, sagte Utermöhl. Köhler-Geib setzte sich dafür ein, einen Teil der vielen Kurzarbeiter und auch Arbeitslose möglichst für Berufe zu qualifizieren, die in Zukunft unter Fachkräftemangel leiden könnten./dm/DP/fba
Quelle: dpa-Afx