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BERLIN (dpa-AFX) - Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und der Chef des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, haben kurz vor Weihnachten noch einmal zu Familienfeiern nur im kleinen Kreis aufgerufen. Lauterbach bekräftigte am Mittwoch, dass die befürchtete Omikron-Welle zwar nicht mehr verhindert werden könne. Er zeigte sich aber auch optimistisch, dass eine drastische Entwicklung bei den Corona-Infektionen abgewendet werden kann. Wieler warnte vor einer Überlastung des Gesundheitssystems und einer Beeinträchtigung kritischer Versorgungsstrukturen, sollte die Welle nicht gebremst werden. Jeder Einzelne sei gefragt, etwa bei der Kontaktreduzierung.
Bund und Länder hätten am Dienstag klare Beschlüsse gefasst, die das Absinken der Fälle weiter beschleunigen, sagte Lauterbach bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Wieler in Berlin. "Wir werden einen weiteren Rückgang der Fälle sehen. Und werden in dieser Zeit die Booster-Kampagne fahren. Somit versuchen wir eine besonders schwere Omikron-Welle noch abzuwenden". Der SPD-Politiker sagte weiter: "Ich glaube mit den Maßnahmen, die wir jetzt beschlossen haben, können wir das pandemische Geschehen in den nächsten Wochen beherrschen."
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder hatten am Dienstag unter anderem vereinbart, dass sich spätestens ab dem 28. Dezember nur noch zehn Menschen treffen dürfen - auch wenn sie geimpft oder genesen sind. Damit sollen zum Beispiel größere Partys über Silvester ausgeschlossen werden. Im Sport soll es wieder "Geisterspiele" ohne Zuschauer geben, dazu kommen Tanzverbote und Clubschließungen. Die Bundesländer setzen die Vereinbarungen jetzt über eigene Verordnungen um.
- Reichen die Maßnahmen?
Politiker von Union, Linkspartei und einige Ländervertreter kritisierten die Beschlüsse als unzureichend. Die AfD warf der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten der Länder dagegen vor, die Bürger mit willkürlichen und widersprüchlichen Schritten in Panik zu versetzen.
Wieler nannte die Maßnahmen am Mittwoch stringent. "Sie werden das Infektionsgeschehen deutlich verlangsamen, das ist sehr, sehr gut", sagte er. Ob er die Beschlüsse für ausreichend hält, wollte er aber nicht sagen: "Ob ich zufrieden oder unzufrieden bin, ist völlig irrelevant." Das RKI hatte kurz vor den Bund-Länder-Beratungen mit einem Papier deutlich stärkere Einschränkungen gefordert: "maximale Kontaktbeschränkungen", Restaurantschließungen, eine Verlängerung der Weihnachtsferien an den Schulen oder auch eine Schließung von Sportstätten im Innenbereich.
Lauterbach wurde davon überrascht. Das hatte für Verstimmung gesorgt. Auf die Frage, ob er jetzt noch zu Wieler stehe, sagte der Minister am Mittwoch: "Sonst säße er hier nicht." Der SPD-Politiker betonte auch: "In meinem Haus gibt es keine Zensur, was wissenschaftliche Arbeiten angeht. Das wird es auch nicht geben."
Wieler und Lauterbach appellierten erneut an die Menschen, Weihnachten im kleinen Kreis zu verbringen. "Das Weihnachtsfest soll nicht der Funke sein, der das Omikron-Feuer entfacht", sagte der RKI-Chef. Lauterbach sagte, zwar seien die Weihnachtstage keine besondere epidemische Herausforderung. Besondere Vorsicht sei aber geboten etwa bei Zusammenkünften zum Fest. "Ich rate allen, sich vorher zu testen."
- Lockdown nicht ausgeschlossen
Zunächst sind keine Schließungen von Schulen, Restaurants und Geschäften geplant, wie etwa im Nachbarland Niederlande, aber das kann sich auch ändern. In gut zwei Wochen, am 7. Januar, wollen Scholz und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten erneut beraten. Der Gesundheitsminister wiederholte am Mittwoch auf entsprechende Nachfragen, dass man nichts ausschließen könne und es keine roten Linien gebe. "Wir erwägen alles, wenn es notwendig wäre. Jetzt ist der Punkt nicht gegeben."
- Entscheidung über mögliche Impfpflicht rückt näher
Am Mittwochmorgen legte der Ethikrat die von der Politik erwartete Empfehlung zu einer allgemeinen Impfpflicht vor. Das Gremium ist dafür, die schon für Beschäftigte in Kliniken oder Pflegeheimen beschlossene Impfpflicht auf "wesentliche Teile der Bevölkerung" auszuweiten. Laut Bund-Länder-Beschluss sollen nun Bundestag und Bundesregierung die Vorbereitungen bei dem Thema "zügig" vorantreiben und "kurzfristig" einen Zeitplan vorlegen. Angedacht ist, dass der Bundestag ohne Fraktionszwang über eine mögliche Einführung abstimmt. Wann das passiert, ist weiter offen.
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte bei "Welt": Die allgemeine Impfpflicht "brauchen wir schnell". Unklar ist aber auch noch die Ausgestaltung: Denkbar wäre etwa, dass eine Pflicht für alle Erwachsenen kommt oder auch nur für bestimmte Risiko- und Altersgruppen.
- Novavax
Mit der am Wochenanfang erfolgten Zulassung des Impfstoffs des US-Herstellers Novavax verbinden Scholz und die Länderchefinnen und -chefs "sowohl die Hoffnung als auch die Erwartung, dass sich baldmöglichst weitere Personen impfen lassen und damit einen solidarischen Beitrag zur Überwindung der Pandemie leisten", wie es im gemeinsamen Papier vom Dienstag heißt. Es ist der fünfte Corona-Impfstoff mit EU-Zulassung. Das Präparat könnte für Impfskeptiker eine Alternative sein, da es auf einer anderen Technologie beruht als die zuvor zugelassenen Impfstoffe. Lauterbach sagte auf Nachfrage, Deutschland habe vier Millionen Impfdosen bestellt. Man rechne mit einer Lieferung im Januar./jr/bw/ggr/mfi/DP/nas
Quelle: dpa-Afx