BERLIN (dpa-AFX) - Die mögliche Erneuerung der Zulassung des Totalherbizids Glyphosat in der EU stößt bei einer Reihe von Wissenschaftlern auf Kritik. Eine Zulassung für weitere zehn Jahre wäre "wissenschaftlich unbegründet und vollkommen unangemessen", erklärte Rita Triebskorn, Arbeitsgruppenleiterin am Institut für Evolution und Ökologie der Universität Tübingen. Der EU-Vorschlag sei inakzeptabel. Es gibt aber auch andere Forscheraussagen. Nach Vorschlag der EU-Kommission vom Mittwoch soll die Zulassung von Glyphosat des Herstellers Bayer um zehn Jahre verlängert werden. Aktuell läuft sie noch bis zum 15. Dezember.
Zwar sieht die Kommission Einschränkungen und Bedingungen vor - zum Beispiel Höchstwerte für toxikologisch relevante Verunreinigungen im Glyphosat, nicht besprühte Pufferstreifen am Feldrand und einen besseren Schutz von Land- und Wasserpflanzen vor sogenannter Sprühdrift bei der Ausbringung. Diese seien aber nicht ausreichend, um den Wirkstoff gefahrlos in die Umwelt zu entlassen beziehungsweise die zunehmende Akkumulation in Mensch und Umwelt zu begrenzen, erklärte die Tübinger Ökotoxikologin Triebskorn gemeinsam mit ihrem Institutskollegen Heinz-Rüdiger Köhler.
Wissenslücken bei toxikologischen und ökotoxikologischen Befunden würden als Argument für eine Zulassung gewertet, bemängelten Köhler und Triebskorn, die Mitglied des Expertengremiums Spurenstoffe des Bundesumweltministeriums ist. Langfristige Wirkungen seien bislang kaum erforscht - das Fehlen solcher Daten dürfe aber kein Grund für eine weitere Zulassung sein, sondern müsse nach dem Vorsorgeprinzip im Gegenteil dazu führen, dass die Substanz nicht länger eingesetzt werden darf.
Christoph Schäfers vom Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie, kommt zu einer anderen Einschätzung. "Ich halte den Vorschlag für angemessen", teilte er mit. Durch die Beschränkung auf 10 statt der üblichen 15 Jahre werde deutlich gemacht, dass es sich um eine besonders zu beobachtende Substanz handele. "Bei der Bewertung des Restrisikos sollte berücksichtigt werden, dass es bis heute keine Substanz gibt, die bei vergleichbarer Wirkung weniger unerwünschte Nebenwirkungen hat."/kll/DP/zb
Quelle: dpa-Afx