Herzlichen Glückwunsch! Der MDAX ist am 19. Januar 25 Jahre alt geworden. In dieser Zeit avancierte der Nebenwerteindex zum Superstar. Mehr als 1000 Prozent legte er seit seiner Geburtsstunde zu. Damit lässt er den Leitindex DAX weit hinter sich.
Ein Erfolgstreiber ist die breite Aufstellung: Weder hoch technologisch noch stark auf einzelne Branchen ausgerichtet, kam der Index gut durch teils unruhige Gewässer. Wie eine Studie der DZ Bank belegt, lassen sich die starke Performance von 2003 bis 2008 und die zehn Jahre lange Hausse von 2009 bis 2019 auch nicht an einzelnen Firmen festmachen. Vielmehr war es eine Teamleistung. Insgesamt steigerten die MDAX-Unternehmen ihre Gewinne seit der Jahrtausendwende deutlich stärker als die im MSCI World Index versammelten Topkonzerne der Erde.
Eine Einzelleistung ragt dennoch heraus: Zehn Jahre am Stück dominierte Airbus den Index. Rund 20 Prozent des Kursgewinns entfallen in diesem Zeitraum auf den Luft- und Raumfahrtkonzern. Dessen Corona-bedingte Kursschwäche hat der MDAX aber gut weggesteckt. Mitte Dezember schloss er erstmals über 30 000 Punkten, inzwischen sind es gut 31 000.
Den ersten Handelstag beendete der MDAX am 19. Januar 1996 bei einem Stand von 2648,44 Punkten. Die krumme Zahl rührt daher, dass er wie der DAX zum 30. Dezember 1987 auf 1000 Punkte zurückgerechnet wurde. Dass der MDAX mehr als das Doppelte an Rendite brachte als sein großer Bruder, hat mehrere Gründe. Einer hat mit dem Reifeprozess der Unternehmen zu tun: "Werte in der zweiten Reihe performen häufig sehr stark, bevor sie aufsteigen. Ist es dann so weit, sind sie bereits hoch bewertet", sagt Fondsmanager Roger Peeters, geschäftsführender Gesellschafter von Pfp Advisory.
Seit jeher gilt das mittlere Börsensegment als Basislager für höhere Ziele. Zahlreiche Unternehmen holen hier Luft, um weiter nach oben zu streben: Adidas, Beiersdorf, Delivery Hero, Deutsche Wohnen, HeidelbergCement und andere nutzten den Nebenwerteindex als Zwischenstation zum Aufstieg in den DAX. Doch nicht alle Aufsteiger konnten sich dort halten. Für das Bergbauunternehmen K + S etwa war es ein sehr kurzes Gastspiel im DAX. Und den Finanzdienstleister MLP findet man mittlerweile nicht mal mehr im kleineren SDAX. Als One-Hit-Wonder wurde er in tiefere Regionen durchgereicht.
Lediglich zwei Unternehmen sind von Anfang an mit dabei: Der Rüstungskonzern und Automobilzulieferer Rheinmetall und das Bauunternehmen Hochtief, das inzwischen mehrheitlich zur spanischen ACS gehört. Die Performance der MDAX-Dinos zeigt allerdings, dass die Dauer der Zugehörigkeit kein Garant für Börsenerfolg ist: Auf Sicht von zehn Jahren kommt Rheinmetall auf ein vergleichsweise mageres Kursplus von 36 Prozent, Hochtief liegt sogar noch darunter.
Wo die Familie das Sagen hat
Viele Indexmitglieder sind immer noch in Familienhand: Das heißt, dass die Gründerfamilie mindestens 25 Prozent der Stimmrechte hält und ein Aufsichtsrats- und/oder Vorstandsmandat besetzt. Obwohl bei ihnen nicht immer ausschließlich die Gewinnmaximierung im Vordergrund steht, ist die Performance der Familienunternehmen häufig besser. Viele haben eine starke Kapitaldecke und zählen in ihren Branchen zu den Weltmarktführern. Aufgrund ihrer Eigentümerstruktur sind sie in der Regel etwas flexibler, was auch dazu führt, dass sie in Krisenzeiten schneller reagieren können und die Kosten so besser im Griff haben.
Die drei größten Gewinner im Zehnjahresvergleich, die aktuell noch im MDAX notieren, zählen alle zu dieser Gattung. Mit einem Kursplus von 5400 Prozent steht der Laborausrüster Sartorius an der Spitze. Bei Analysten galt die Aktie schon immer als sehr oder gar zu teuer. Ihr Rat war meist: mit dem Einstieg warten, bis die Kurse zurückkommen. Das allerdings passierte selten - im März 2020 hätte sich ein Fenster aufgetan.
Extrem gut liefen auch die Titel des Zweitplatzierten Nemetschek: Knapp 2000 Prozent beträgt das Plus des Herstellers von Software für die Baubranche. Der Großteil der Aktien liegt immer noch in Familienhand. Den höchsten Kursgewinn erzielte das Unternehmen allerdings, als es noch im TecDAX notierte. Die Mitgliedschaft in beiden Indizes ist erst seit September 2018 möglich. Vorher hieß es: MDAX oder TecDAX. Mit dem IT-Dienstleister Bechtle (mehr als 1000 Prozent in zehn Jahren) schafft noch ein weiteres Familienunternehmen aus dem TecDAX den Sprung aufs Treppchen.
Beigetragen zur guten Performance des MDAX haben auch Übernahmen. Häufig wurden dabei hohe Prämien auf den Tisch geblättert. So lag das Übernahmeangebot des chinesischen Haushaltsgeräteherstellers Midea für den Roboterhersteller Kuka im Mai 2016 rund 35 Prozent über dem damaligen Kurs. Letztlich zahlte Midea 4,5 Milliarden Euro und Kuka flog aus dem Index. Weitere Übernahmen gab es etwa bei Stada, Osram, Celesio, Techem oder Grohe. Die Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen. Aktuell liegt ein Angebot für den Waferhersteller Siltronic durch den taiwanesischen Wettbewerber Global Wafers in Höhe von 125 Euro je Aktie auf dem Tisch. Auch dabei kassieren Aktionäre einen satten Aufschlag.
Nicht alles geht auf
Wer erinnert sich nicht an die großen Versprechungen, die Cargolifter machte: Ziel war es, gigantische Luftschiffe für schweren Frachttransport zu bauen. Im Mai 2000 ging das Unternehmen an die Börse, kurze Zeit später gelang die Aufnahme in den MDAX. Letztlich liefen jedoch die Kosten aus dem Ruder und die hochtrabenden Pläne verpufften. Knapp zwei Jahre später musste das Unternehmen Insolvenz anmelden. Ein kurzes und unrühmliches Gastspiel hatte auch die Möbelholding Steinhoff. Ende 2017 räumte sie Unregelmäßigkeiten in der Bilanz ein. Die Prüfungsgesellschaft Deloitte verweigerte das Testat, der Aktienkurs stürzte ab. Auch die Insolvenz von Philipp Holzmann ist noch vielen in Erinnerung. Doch letztlich blieben diese Pleiten Ausnahmen: "Der MDAX ist mit einer recht geringen Anzahl von Negativschlagzeilen behaftet. Der typische Vertreter über die komplette Historie ist ein solider Mittelständler", sagt Pfp-Experte Peeters.
Ein neues Gesicht bekommt der Index im September 2021: Während der DAX zehn Mitglieder dazubekommt, nimmt die Anzahl der Unternehmen im MDAX dann wieder auf 50 ab. Dabei gab es erst 2018 eine Indexreform. Damals wurde der MDAX auf 60 Mitglieder aufgestockt. Entscheidend für die Indexzugehörigkeit ist künftig nur noch der Börsenwert. Das Handelsvolumen an der Börse - bisher das zweite entscheidende Kriterium - spielt dann keine Rolle mehr. Allerdings muss eine Mindestliquidität vorliegen.
Auf den folgenden Seiten stellt BÖRSE ONLINE zehn Werte vor, die schon in der Vergangenheit zu den Leistungsträgern des MDAX gehörten, zumeist intakte Aufwärtstrends vorweisen und wohl auch künftig eine tragende Rolle im Index spielen werden, sofern sie nicht im September in den dann auf 40 Werte erweiterten DAX aufsteigen.
ETF und Sparpläne
Kaum zu schlagen
Der MDAX befindet sich pünktlich zum Jubiläum in Rekordlaune. Für die Trendfolger unter den Charttechnikern ist das eher Segen als Fluch. Schließlich untermauern diese Bestmarken den völlig intakten Aufwärtstrend. Folglich ist die Chance auf weiter steigende Notierungen überdurchschnittlich hoch. Wenn die Firmengewinne nicht so schnell gestiegen sind wie die Kurse, gehen Rekordnotierungen aber auch mit höheren Bewertungen einher. Fundamental orientierten Anlegern gefällt das nicht und sie verzichten oft auf einen Einstieg zu Höchstpreisen, weil das ihrer Schnäppchenmentalität widerspricht.
Clever einsteigen
Ein Kompromiss ist, nicht das komplette Kapital auf einen Schlag einzusetzen, sondern gestaffelt einzusteigen. Die Umsetzung dieser Idee ist heutzutage kein Problem mehr, weil Banken und Broker entsprechende Sparpläne anbieten. Eine solche automatisierte Vorgehensweise nimmt auch die für Anlageentscheidungen oft hinderlichen Emotionen aus dem Spiel.
Auch losgelöst von Fundamentalanalyse oder Charttechnik sind langfristige Investitionen in den MDAX sinnvoll. Zumindest, wenn sich die Geschichte wiederholt. Denn der Index für mittelgroße deutsche Unternehmen ist unter Performance-Gesichtspunkten kaum zu schlagen. Die meisten Fondsmanager tun sich schon schwer, mit dem DAX mitzuhalten, am kleinen Bruder beißen sich fast alle die Zähne aus.
Insgesamt gibt es nur sechs ETFs auf den MDAX, die in Deutschland zugelassen sind. Drei davon stammen von Lyxor. In der Tabelle haben wir uns für das vollständig replizierende Lyxor-Produkt mit deutscher WKN entschieden, das im Übrigen auch das einzige ausschüttende ist. Die drei Übrigen reinvestieren die Dividenden, was allerdings auch bei der Berechnung des MDAX-Performance-Index selbst unterstellt wird. Die vier ETFs in der Tabelle partizipieren also nicht nur an der Kursentwicklung, sondern auch an den Dividenden der MDAX-Unternehmen. Theoretisch gibt es zu allen vier Sparplanangebote, was sich aber von Bank zu Bank unterscheiden kann.
Bechtle: Zweifelsfrei ein echter Musterschüler
Würden alle Aktien so gut laufen wie die Anteilscheine der seit September 2018 zum MDAX gehörenden Bechtle AG, wäre das Dasein als Aktionär relativ leicht. Schon beim Börsengang im Jahr 2000 war das Interesse an dem Titel sehr rege, wie eine zwölffache Überzeichnung belegt. Ein Beispiel übrigens, das zeigt, dass Investoreneuphorie langfristig nicht zwingend ein Kontraindikator ist. Das IT-Systemhaus, das Lösungen rund um IT-Infrastruktur und IT-Betrieb anbietet, hat sich prächtig entwickelt. Seit der Gründung 1983 als Einmannunternehmen ist der damals noch minimale Umsatz bis 2019 auf 5,374 Milliarden Euro angestiegen. Und das Ende der Fahnenstange dürfte damit längst nicht erreicht sein. Zumindest formulierte der Vorstand 2018 für das Jahr 2030 ein Umsatzziel von zehn Milliarden Euro. Einhergehen soll das Wachstum mit einer Marge beim Gewinn vor Steuern von mindestens fünf Prozent. Geht diese Rechnung auf, dürfte auch der Aktienkurs den intakten langfristigen charttechnischen Aufwärtstrend weiter ausbauen können. Guter Dinge sind daher auch die Analysten bei der DZ Bank - sie erhöhten am 14. Januar 2021 das Kursziel von 182 Euro auf 209 Euro. Die Begründung für das positive Anlageurteil lautet: "Die strukturellen Wachstumstreiber sind intakt, und Bechtle profitiert von seiner breiten Aufstellung. Der Stellenwert der IT-Infrastruktur wird weiter steigen und von den Kunden zunehmend als wichtiger Wettbewerbsfaktor angesehen. Ein wachsender Anteil höhermargiger Managed Services (wiederkehrende Umsatzerlöse) sowie Skalen- und Cross-Selling-Effekte im Cloud-Geschäft sollten sich in den kommenden Jahren positiv auf die Marge auswirken."
Compugroup: Wo Wachstumsstärke auf Qualität trifft
Grund zur Freude haben alle Anleger, die schon seit Langem bei Compugroup am Ball sind. Von Dezember 1999 bis heute stieg der Kurs in der Spitze von 0,52 Euro auf 83,50 Euro. Diese Bestmarke stammt von Ende November 2020. Das heißt, zuletzt reichte es nicht mehr für neue Rekorde. Der langfristige Aufwärtstrend hat aber Bestand, was charttechnisch positiv ist. Punkten konnte der Softwarehersteller bei den Anlegern im Laufe der Jahre sowohl als Wachstums- als auch als Qualitätswert. Die jüngste Index-Rekordjagd hat das MDAX-Mitglied (seit September 2019) indes verpasst, weil angekündigte Investitionen etwas die Stimmung drückten. Schließlich geht damit zunächst Margendruck einher. Doch die Investitionen sollten sich auszahlen. Denn die Koblenzer wollen ihre Stellung als führender Anbieter von Software für Arztpraxen, Apotheken und Krankenhäusern stärken. Der Vorstand der 1979 gegründeten Gesellschaft setzt somit auf den Ausbau der Marktanteile, um gut gerüstet zu sein für das erwartete Branchenwachstum.
Obwohl die Differenzierung über die Softwareprodukte begrenzt ist, verfügt Compugroup laut Berenberg Bank mit mehr als 250 000 Ärzten über den größten medizinischen Kundenstamm in Europa. Dies ist ein Alleinstellungsmerkmal, das einen hohen Anteil an wiederkehrenden Umsätzen garantiert und nur schwer zu kopieren ist. Denn Fachkräfte im Gesundheitswesen nutzen oft nur ein Softwareprodukt und wechseln ungern. Rückenwind versprechen für die kommenden Jahre gesetzliche Regelungen und die zunehmende Digitalisierung im Gesundheitswesen. Vor diesem Hintergrund besteht reichlich Wachstumsfantasie. Wir erhöhen Ziel- und Stoppkurs.
Evotec: Know-how bringt Kursgewinne
Nach dem Börsengang 1999 fuhr der Kurs von Evotec lange rückwärts. Doch seit März 2009 bewegt sich der Titel eindeutig auf der Überholspur. Das bestätigt ein seither von 0,55 Euro auf 30,35 Euro verbuchter Anstieg. Das Chartbild lässt zudem hoffen, dass der seit September 2018 im MDAX vertretene Titel künftig als Index-Stütze fungieren kann. Ein im Dezember aus einem mittelfristigen Seitwärtstrend heraus vollzogener Sprung auf neue Bestmarken sorgte für ein prozyklisches Kaufsignal. Den Status als "Aktienkurs-Dauerläufer" hat Evotec strammen Wachstumsraten zu verdanken. So stieg der Umsatz in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt um gut 26 Prozent per annum. In den nächsten drei Jahren dürfte immerhin ein durchschnittliches jährliches Plus von rund 15 Prozent folgen. Beliebt ist das Unternehmen an der Börse auch dank seines Know-hows. Der eigenen Einschätzung zufolge bietet die Wirkstoffforschungs- und -entwicklungsgesellschaft qualitativ hochwertige, unabhängige und integrierte Lösungen an. Dass der Konzern großes Fachwissen hat, zeigen auch die langjährigen Forschungsallianzen und Entwicklungspartnerschaften mit vielen namhaften Konzernen wie Bayer, Bristol Myers Squibb, Novartis und Pfizer. Laut Warburg Research profitiert Evotec von einer technologischen Führungsposition, insbesondere bei der iPSC-basierten Wirkstoffforschung, hoher Kundenzufriedenheit und günstigen globalen Markttrends (Outsourcing). Der Analystenkonsens sieht das ähnlich. Im Schnitt rechnet man von 2020 bis 2023 mit einem Gewinnanstieg von 0,15 Euro auf 0,49 Euro je Aktie. Ein Szenario, das für weiter steigende Kurse spricht. Wir erhöhen unsere Ziel- und Stoppmarke.
Gerresheimer: Injektion für weiter steigende Notierungen
Eine bewegte Vergangenheit liegt hinter Gerresheimer. Der heutige Verpackungsspezialist geht aus der im Jahr 1864 gegründeten Gerresheimer Glas hervor. Der Traditionskonzern war sogar in der Startformation des MDAX 1996 vertreten. Die Folgejahre waren dann geprägt von einem ständigen Auf und Ab, des Öfteren wechselte das Unternehmen den Besitzer. Unter den Fittichen der US-Investmentgesellschaft Blackstone ging es dann im Jahr 2007 wieder zurück an die Börse, nur ein Jahr später erfolgte erneut die Aufnahme in den MDAX.
Heute versteht sich Gerresheimer als Partner der Pharma- und Gesundheitsindustrie. Mit ihren Spezialprodukten aus Glas und Kunststoff kümmern sich die Düsseldorfer um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen. Derzeit sogar in einem ganz besonderen Maße: Das Unternehmen ist ein wichtiges Glied in der Kette zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Bestellungen für mehr als 500 Millionen Glasfläschchen für den Transport von Covid-19-Impfstoffen sind bei den Rheinländern bereits eingegangen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Vorbestellungen. Die Nachfrage dürfte im Zuge immer mehr zugelassener Wirkstoffe in diesem Jahr weiter zunehmen. Der Vorstand rechnet damit, ein Drittel der global für die Impfungen benötigten Injektionsfläschchen zu liefern. Das wären etwa eine Milliarde Stück. Doch dürfte es mit einer einmaligen Impfung nicht getan sein, und so könnten später nötige Auffrischungen die Sonderkonjunktur bei Gerresheimer noch über eine längere Zeit aufrechterhalten.
Hellofresh: Stay-at-Home-Profiteur mit Appetit auf mehr
Der MDAX-Aufstieg am 23. März 2020 hätte als das Highlight des Jahres in die Börsenhistorie von Hellofresh eingehen können. Doch in den darauffolgenden Monaten sorgte die Corona-Pandemie beim Kochboxenlieferanten sowohl operativ als auch auf dem Parkett für viele weitere Superlative. Viermal hat Vorstandschef Dominik Richter die Prognose erhöht. Bei einem mehr als verdoppelten Umsatz hält er mittlerweile eine Verfünffachung der operativen Marge für möglich. Zwar ist dieser Ausblick im Kurs eingepreist. Doch die vor Weihnachten gesteckten mittelfristigen Ziele sprechen dafür, dass der Höhenflug von Hellofresh weitergeht. Richter peilt beim Umsatz die Marke von zehn Milliarden Euro an und möchte dabei noch profitabler agieren. Geht dieser Plan auf, würde sich das Geschäftsvolumen gegenüber 2020 annähernd verdreifachen. Neben einer umfangreicheren Speisekarte und kürzeren Lieferzeiten setzt der Chef auf die geografische Expansion. Pro Jahr soll der derzeit 14 Länder umfassende Aktionsradius der Berliner um ein bis zwei Märkte erweitert werden. Hellofresh hat in den vergangenen Monaten eindrucksvoll bewiesen, dass die eigenen Ziele nicht aus der Luft gegriffen sind. Kurzfristig sprechen zudem die weiter bestehenden Kontaktbeschränkungen für ein florierendes Geschäft. Insofern könnte die bereits vorliegende erste Prognose für 2021 rasch überholt sein. Auch in puncto Indexaufstieg ist ein Déjà-vu möglich: Hellofresh zählt zu den Kandidaten, die mit der Umsetzung der DAX-Reform im September in die erste Börsenliga aufsteigen könnten.
LEG Immobilien: MDAX-Stütze mit DAX-Fantasie
LEG Immobilien ist zwar erst seit Anfang Februar 2013 an der Börse notiert, stieg aber bereits wenige Monate später - im Juni - in den MDAX auf. Gemessen am Schlussrekordhoch von 127,32 Euro vom 5. Januar ergibt sich gegenüber dem Ausgabepreis von 44,00 Euro fast eine Verdreifachung. Das relativ kurze Börsendasein ist also eine Erfolgsstory. Mit rund 145 000 Mietwohnungen ist LEG Immobilien ein führendes deutsches Wohnungsunternehmen. Das bisherige Stammland war Nordrhein-Westfalen. Künftig will der Vorstand das Wachstum auch in angrenzenden Bundesländern forcieren. Die Analysten der Société Générale sehen die Chance zur Expansion und Standortdiversifizierung positiv. Darüber hinaus dürften das Auslaufen der subventionierten Mietbeschränkungen in den kommenden Jahren (25 Prozent der Einheiten), verbesserte Mehrwertdienste und die Entwicklung neuer Objekte in kleinem Umfang für einen Ertragsschub sorgen. Nach Meinung der französischen Bank überwiegt die günstige Immobilienmarktdynamik in Deutschland das Risiko einer weiteren Mietpreiskontrolle auf nationaler Ebene. Schließlich fehlt es weiterhin an bezahlbaren Mietwohnungen, während die Haushalte zunehmen. Hinzu kommt eine hohe Investorennachfrage nach Wohnportfolios. LEG hat gute Chancen, davon zu profitieren, denn das Finanzprofil ist stark. Die Société Générale nannte für den soliden Dividendenzahler jüngst ein Kursziel von 144,10 Euro. Dieses Niveau dürfte durchaus erreichbar sein. Allerdings bleibt abzuwarten, ob die Düsseldorfer dieses Ziel noch als MDAX-Mitglied schaffen. Denn im Zuge der DAX-Reform im September zählt der Titel zu den Aufstiegskandidaten in den Leitindex.
Puma: Sport-Lifestyle-Aktie in Bestform
Der Sportartikelhersteller Puma gilt als DAX-Kandidat. Eine baldige Qualifikation wäre gleichbedeutend mit einer steilen Karriere. Schließlich handelte der Titel noch bis Juni 2018 im Kleinstwerte-Index SDAX, bevor es zu einem (Wieder-)Aufstieg in den MDAX kam. Zum Kandidaten für die erste deutsche Aktienliga hat sich der Wert durch einen Kursanstieg von Juni 2015 bis Dezember 2020 von 14,19 Euro auf 92,28 Euro gemausert. Nach einem sehr starken Lauf seit März 2020 mag die Aktie überkauft sein, ein intakter langfristiger Aufwärtstrend bringt aber eine gute Chartnote. Der ehemalige Fußballprofi Bjørn Gulden hat es als Vorstandschef geschafft, dem Schuhe, Textilien und Accessoires vertreibenden Sportartikler ein cooles Lifestyle-Image zu verpassen. Im Verbund mit innovativen Produkten kommt das nicht nur beim Kunden, sondern auch an der Börse gut an. Wichtig ist nun, vom wachsenden Direktvertrieb an Endverbraucher zu profitieren. Nach Ansicht der Bank of America befindet sich Puma hier noch in der Frühphase. Das US-Institut schätzt, dass der E-Commerce 2019 nur sieben Prozent des Umsatzes ausgemacht hat (24,5 Prozent nach neun Monaten 2020, bei einem langfristig denkbaren Anteil von mehr als 50 Prozent) und der Konzern zudem eine App einführen müsse. Gelingt die Umsetzung, winken hohe Margen. Man prognostiziert ein Umsatzwachstum von im Schnitt zehn Prozent per annum von 2021 bis 2025. Der Gewinn je Aktie soll um durchschnittlich 25 Prozent steigen. Optisch ist die Bewertung zwar teuer, aber gemessen an den Wachstumsaussichten zählt Puma zu den günstigsten Werten im Bereich der Sportartikler, daher stufen wir den Wert wieder auf "Kaufen".
Scout24: Wenige Klicks vor dem Ausbruch
Bereits beim Börsengang im Oktober 2015 zählte die Aufnahme in den MDAX zu den erklärten Zielen von Scout24. Keine drei Jahre später ging der Plan auf, am 5. Juni 2018 zog das Internetunternehmen in den Index ein. Seither hat sich die Kapitalisierung von Scout24 um etwa die Hälfte ausgedehnt, womit die Aktie den MDAX um rund 30 Prozentpunkte abhängen konnte. Im vergangenen Herbst sah die Outperformance noch üppiger aus. Doch dann drehte Scout24 nach unten. Die Korrektur bietet Anlegern eine Einstiegschance. Mit ImmoScout24, der in Deutschland fu¨hrenden Internetseite fu¨r die Suche und Vermittlung von Ha¨usern, Wohnungen sowie Gewerbeliegenschaften, sind die Berliner gut durch die Corona-Zeit gekommen. Für neue Wachstumsfantasie sorgt die Transformation vom Anzeigenportal zur Full-Service-Plattform. Profitieren dürfte das Unternehmen auch vom Bestellerprinzip, das auf dem Immobilienmarkt seit Kurzem gilt. Es sieht vor, dass die Auftraggeber eines Maklers mindestens die Hälfte von dessen Gebühren tragen müssen. Um diesen Aufwand zu vermeiden, könnten noch mehr private Verkäufer selbst aktiv werden und auf das Portal zurückgreifen. Fest steht, dass Scout24 demnächst die zweite Tranche eines Aktienrückkaufprogramms initiieren wird. Per öffentlichem Angebot und zu einem festen Preis soll bis zu eine Milliarde Euro in die eigenen Papiere fließen. Details dürften die Berliner am 23. Februar mit den vorläufigen Zahlen für 2020 präsentieren. Fazit: Der Zahlentermin könnte beim Mid Cap den Impuls für einen Ausbruch aus dem Abwärtstrend liefern.
Siemens Energy: Energiegeladener Börsenneuling
Ein wahrer Jungspund, und das im doppelten Sinne, ist Siemens Energy (SE): Am 28. September 2020 wurde das Spin-off von Siemens erstmals an der Börse notiert. Nur knapp drei Monate später schaffte der Titel den Sprung in den MDAX und ist damit aktuell das jüngste Mitglied in dem Index. Laut Rangliste der Deutschen Börse ist der Energietechnikspezialist auch ein aussichtsreicher Anwärter auf einen Platz im DAX, wenn dieser im Herbst auf 40 Mitglieder erweitert wird. Das liegt vor allem an der atemberaubenden Rally, die die Aktie in ihrer bis dato kurzen Börsenhistorie aufs Parkett gelegt hat. Vom Start bei 22 Euro schnellte der Kurs auf 34 Euro empor, das entspricht einer Zunahme der Marktkapitalisierung von stolzen 8,6 Milliarden Euro. Angetrieben wird der Titel durch die weltweit milliardenschweren "grünen" Investitionspläne. Mit der 67-prozentigen Beteiligung an dem Windkraftspezialisten Siemens Gamesa reitet der Konzern voll auf der Ökowelle. Damit nicht genug: Soeben haben die Partner bekannt gegeben, sich zusammen noch stärker im Bereich Klimaschutz zu positionieren. Sie wollen eine Offshore-Windturbine entwickeln, die bereits vor Ort mit dem erzeugten Strom Wasserstoff herstellt. "Wasserstoff ist für uns ein wichtiges Zukunftsthema, an dem wir auf verschiedenen Wegen arbeiten", erklärt SE-Chef Christian Bruch. Für einen kleinen Dämpfer sorgt derzeit eine Klage von General Electric wegen angeblich illegaler Wettbewerbspraktiken. Der langfristig aussichtsreichen Story wird dies aber keinen Abbruch tun.
Zalando: Profiteur des starken Onlinehandels
Auch der Online-Versandhändler Zalando gilt als potenzieller DAX-Aufrücker. Die Kursverdreifachung seit März hat den Börsenwert auf gut 24 Milliarden Euro gehievt. Als Europas führende Onlineplattform für Mode, Schuhe und Kosmetik, die Menschen aus 17 Ländern beliefert und in den Fashion Stores ein breites Angebot von mehr als 3000 Marken bereithält, hat sich Zalando eine gute Marktstellung erarbeitet. Das Unternehmen gilt als Profiteur des digitalen Wandels - ein Trend, der sich durch die Covid-19-Pandemie noch einmal beschleunigt hat. Die Analysten bei der Baader Bank sehen Zalando in einer starken Position. Als Online-Modehändler könne man seinen Service rund um die Uhr anbieten, während die stationären Läden seit Mitte Dezember geschlossen seien. Davon profitiert das Unternehmen, und die Zahl der Neukunden wächst deutlich. Immer mehr Kunden wenden sich dem digitalen Einkaufsverhalten zu. Eine Entwicklung, die sich angesichts der sich abzeichnenden Marktbereinigung - mögliche Insolvenzen durch die Lockdown-Maßnahmen - im stationären Mode-Einzelhandel, fortsetzen sollte. Zalando hat laut Baader Bank die richtigen Maßnahmen eingeleitet, um weiter zu wachsen und Marktanteile zu gewinnen. Am 13. Januar führte dies bei Baader zu einer Kurszielanhebung von 100 auf 115 Euro. Auch die Commerzbank hob taggleich die eigene Zielvorgabe von 102 auf ebenfalls 115 Euro an, nachdem eine Präsentation des Zalando-Finanzvorstands bei einem Investmentseminar der Commerzbank gut ankam. Im Konsens sehen Analysten den Gewinn je Aktie von 2019 bis 2023 stark von 0,40 Euro auf 1,91 Euro steigen. Ein Ausblick, der die derzeit optisch hohe Bewertung relativiert.