BÖRSE ONLINE: Der Kurs des Bitcoin ist am Freitag um rund zehn Prozent eingebrochen. Eine normale Kursschwankung oder steckt doch mehr dahinter?
Mark Valek: Die Standardabweichungen der täglichen Kursschwankungen des Bitcoin bewegten sich zuletzt zwischen sechs und zehn Prozent. Statistisch gesehen ist somit eine zehnprozentige Bewegung leicht außerhalb der "Norm", jedoch fernab eines Extremereignisses. Kursbewegungen von über 20 Prozent pro Tag, welche es historisch gesehen bereits mehrfach gab, würden aus meiner Sicht in diese Kategorie fallen.
Seit Wochenbeginn ging es sogar um rund 25 Prozent nach unten. Was könnte der Grund für die derzeitige Talfahrt sein?
Wenn man Treiber für kurzfristige Marktbewegungen herausfinden will, sieht man sich am besten die derzeitige Nachrichtenlage an. Zuletzt gab es wieder Schwierigkeiten hinsichtlich Kryptobörsen. So geriet beispielsweise Binance in die Presse. Die Kryptobörse war gerüchteweise einem Hackerangriff ausgesetzt. Die Lage an der Börse dürfte sich jedoch wieder entspannt haben und es scheint - entgegen anderslautenden Erstmeldungen - doch keine Verluste von Coins gegeben zu haben.
Japan hat zwei Krypto-Börsen vorübergehend geschlossen. Was bedeutet das für die Kryptowährung?
Im ersten Moment sorgt dies wohl für Verunsicherung. Hintergrund scheint jedoch zu sein, dass die japanische Aufsichtsbehörde nach einem hohen Verlust an einer Börse Vorortvisiten an mehreren Börsen absolviert hatte. Daraufhin wurden von einigen der Börsen höhere Qualitätsstandards einfordert. Zwei dieser Börsen müssen scheinbar nun ein Monat lang ihre Tätigkeiten einstellen. Mittelfristig ist dies aber nicht zwingend negativ. Spätestens seit dem Fall "Mt.Gox" ist klar, dass Geld, welches bei Krypto-Börsen liegt, potenziell gefährdet ist.
... 2014 erbeuteten Kriminelle bei einem Angriff auf die damals weltgrößte Kryptobörse Mt.Gox 650.000 Bitcoin...
Wenn die Aufsicht dazu beiträgt, höhere Qualitätsstandard zu gewährleisen, kann dies langfristig durchaus hilfreich für den Sektor sein.
Auch aus den USA kommt Gegenwind. Die Börsenaufsicht SEC will digitale Handelsplätze für Kryptowährungen stärker kontrollieren. Welche Regulierungen erwarten Sie grundsätzlich?
Die diversen Regulierungen sind durchaus erwartbar. Eine neue Anlageklasse ist in sehr kurzem Zeitraum entstanden, da ist es logisch, dass die Behörden darauf reagieren und Regeln einführen, welche analog zu jenen in der konventionellen Finanzwelt sind. Das Thema Kryptowährungen ist aber auch supranational auf dem Tapet. Ein wichtiger Termin hierfür ist wohl das nächste G20 Treffen in Argentinien, welches Ende diesen Jahres stattfinden wird. Die Marktteilnehmer werden dieses sicherlich bereits im Vorfeld sehr genau im Visier haben und versuchen zu antizipieren, welche internationalen Regulierungen hieraus hervorkommen. Derzeit ist es meiner Meinung aber noch etwas zu früh, um versuchen, Ergebnisse daraus vorwegzunehmen. Am Ball bleiben muss man als Kryptoinvestor hier jedoch definitiv.
Auf Seite 2: Ist die Bitcoin-Blase schon geplatzt?
Vom Rekordhoch von Mitte Dezember bei rund 20.000 US-Dollar hat der Bitcoin mittlerweile mehr als die Hälfte wieder abgegeben. Geht die Korrektur noch weiter?
Bereits Anfang Februar habe ich mich eher skeptisch geäußert, was die kurzfristige Entwicklung angeht. Aus heutiger Sicht war dieser Skeptizismus durchaus angebracht. Es sieht so aus, als wäre das Ende der Fahnenstange vorerst noch nicht erreicht.
Ist die Bitcoin-Blase schon geplatzt?
Der Bitcoin wurde schon etliche Male totgesagt. Solange Bitcoin aber für eine gewisse Anlegerschicht als zensurresistente Wertaufbewahrung genutzt wird, würde ich nicht vorschnell vom Platzen der Blase sprechen. Der Großteil der institutionellen Investoren ist noch gar nicht investiert. Für professionelle Investoren gibt es beispielsweise in Liechtenstein aktuell einige Fonds, welche demnächst aufgelegt werden. Mittelfristig wird die Anlageklasse auch für institutionelle Anleger erschlossen werden. Die Gelder dieser Investorenschicht werden dann voraussichtlich auch wieder zu deutlich höheren Kursen beitragen, auch wenn bis dahin noch Zeit vergehen könnte.
Zur Person: Mark Valek ist seit 2013 Partner bei der Vermögensverwaltung Incrementum in Liechtenstein. Er veröffentlicht quartalsweise den "Crypto Research Report" veröffentlicht, einen Schwesterbericht des bekannten "In Gold We Trust Reports".