Der aktivistische Investor Starboard Value sieht viel Potenzial beim Softwarehersteller Autodesk – doch es gibt auch Forderungen. Es könnten jedoch geniale Kurschancen winken
Vor mehr als 20 Jahren gegründet, hat sich die Investmentfirma Starboard Value auf aktivistische Investments spezialisiert. Der Hedgefonds steigt bei Firmen ein, deren Wert sich im Aktienkurs nicht widerspiegelt, und versucht, durch aktive Maßnahmen verborgene Werte zu heben. Nun hat Starboard wieder zugeschlagen und sich mit 500 Millionen Dollar beim amerikanischen Softwarehersteller Autodesk eingekauft.
Autodesk ist Marktführer für Software in der Architektur-,Ingenieur-und Baubranche. Laut Schätzungen liegt der Marktanteil bei 30 Prozent und ist damit dreimal so hoch wie der des zweitplatzierten Anbieters. Potenzial sehen Analysten insbesondere in der anstehenden Digitalisierungswelle entlang der Wertschöpfungskette der Planungs-und Bauphase. Autodesk ist mit seinem umfangreichen Produktportfolio ein großer Gewinner des Digitalisierungstrends. Neben der Baubranche hat Autodesk Software für die Produktentwicklung und -fertigung sowie Software für die Medien-und Entertainmentbranche im Angebot. Für Videospielentwickler und Filmproduzenten bietet Autodesk etwa die 3-D-Software Maya an, die zum Beispiel für Animationen und Spezialeffekte verwendet wird.
Das Potenzial sieht auch der neue aktivistische Investor, doch er erkennt offenbar auch einige Stellschrauben, an denen gedreht werden muss, um das volle Potenzial des Unternehmens auszuschöpfen. So müsse Autodesk nicht nur seine Margen verbessern, sondern auch Anpassungen im Vorstand vornehmen. Vor Kurzem hat sich der aktivistische Investor mit Führungskräften von Autodesk getroffen, um Bedenken im Zusammenhang mit dem Betrieb, der Unternehmensführung und der Handhabung einer jüngst durchgeführten Buchhaltungsprüfung zu besprechen. In der kürzlich abgeschlossenen Untersuchung kam heraus, dass Autodesk den freien Cashflow, den das Unternehmen als wichtige Kennzahl für die Vergütung von Führungskräften verwendet, manipuliert und so Anleger getäuscht hat. Einer der Kritikpunkte von Starboard ist nun, dass Autodesk die Ergebnisse der Untersuchung erst offengelegt hat, nachdem sich das Zeitfenster für die Aktionäre zur Nominierung von Kandidaten des Verwaltungsrats Ende März geschlossen hatte.
Autodesk Aktie Kursziel: 285 Euro
Da sich Autodesk nicht kooperationsbereit zeigte, hat Starboard nun rechtliche Schritte eingeleitet, um die Wiedereröffnung des Fensters zur Ernennung von Mitgliedern des Verwaltungsrats und die Verschiebung der jährlichen Aktionärsversammlung zu fordern, die derzeit für den 16. Juli angesetzt ist.
In einer E-Mail an Reuters nahm Autodesk Stellung zu den Vorwürfen des neuen Investors. Man führe einen offenen Dialog mit seinen Aktionären und freue sich über konstruktive Beiträge, zitiert Reuters einen Unternehmenssprecher. "Wir sind von unserer strategischen Ausrichtung, den erheblichen Margenchancen und unserer Unternehmensführung überzeugt", so Autodesk weiter. Von den operativen Chancen ist auch der neue Investor überzeugt und geht davon aus, dass Autodesk seine Wachstumsraten und die Rentabilität in den nächsten Jahren deutlich verbessern kann. Für die Aktionäre ist der Einstieg des Hedgefonds ein positives Signal, und es wäre nicht die erste Erfolgsgeschichte von Starboard Value.
Erfolgreich war der Hedgefonds in der Vergangenheit unter anderem beim Webhoster Godaddy, an dem Starboard zuletzt rund 7,8 Prozent der Anteile hielt. Seit dem Einstieg 2021 ist der Hedgefonds mit seiner Position schätzungsweise über 90 Prozent im Plus.
Übrigens: Dieser Artikel ist zuerst in der neuen Print-Ausgabe von BÖRSE ONLINE erschienen. Diese finden Sie hier