Auf den ersten Blick steht Europa momentan nicht gut da. Doch das kann täuschen. Die erfolgreichsten europäischen Aktienfonds finden jedenfalls weiterhin attraktive Aktien. Von Jörg Billina, Ralf Ferken, Stephan Haberer und Stefan Rullkötter

Wer über Europa sinniert, denkt derzeit fast zwangsläufig an die nächste Krise. Wie schlimm wird der EU-Austritt der Briten? Wie können Frankreich und Italien ihre Staatshaushalte wieder in Ordnung bringen? Wie lange hält der Euro noch? Sollte man um europäische Aktien also lieber einen Bogen machen? Fondsmanager denken naturgemäß anders und möchten in die erfolgreichsten Unternehmen des Kontinents investieren. Makroökonomische Themen wie der Brexit oder die Eurokrise spielen da vielfach nur eine untergeordnete Rolle.

Das gilt zum Beispiel für Franz Weis, Eva Fornadi und Rebecca Kaddoum, die den im August 2009 aufgelegten Comgest Growth Europe Opportunities leiten. Die Manager der französischen Fondsboutique setzen seit über 30 Jahren auf Unternehmen, die viele Jahre lang überdurchschnittlich stark wachsen. "Quality Growth" haben die Franzosen diesen Anlagestil getauft, mit dem sie sehr erfolgreich sind und Jahr für Jahr etliche FundAwards gewinnen. Beim Comgest Growth Europe Opportunities zählen zu ihren favorisierten Einzelwerten etwa die Gesundheitskonzerne Fresenius und Lonza sowie die Technologiewerte ASML und Wirecard.

Bankaktien meiden sie dagegen, weil sie ihren Ansprüchen nicht genügen. Insgesamt halten Weis, Fornadi und Kaddoum im Comgest Growth Europe Opportunities lediglich 39 Titel, zu denen auch viele Nebenwerte zählen. Grund: Während die Manager beim Comgest Growth Europe nur in erprobte Titel investieren, kaufen sie beim Opportunities auch Titel, die ihr Wachstum noch nicht so lang unter Beweis gestellt haben. Das Kalkül hinter diesem Ansatz ist einfach: Unternehmen, die lange Zeit stark wachsen, bringen Anlegern auf lange Sicht überdurchschnittlich hohe Renditen, ohne dass die Kurse dafür besonders stark schwanken müssen. Tatsächlich schwanken die Comgest­Fonds meist nicht sehr stark und hielten sich in schwierigen Börsenjahren wie 2008, 2011 oder 2018 sehr gut.

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Growth & Value



Auch Fondsmanager Alexander Darwall weist eine hervorragende Bilanz auf. Seit April 2007 managt der Brite den Jupiter European Growth Fund und investiert dort in europäische Unternehmen, die langfristig stark wachsen können und überdurchschnittlich profitabel sind.

"Wir möchten das Innenleben von starken Unternehmen verstehen und nicht über Marktzyklen spekulieren", sagt er. In den vergangenen zehn Jahren wurde der Jupiter European Growth Fund mit diesem Ansatz zum besten europäischen Aktienfonds, vor allem auf fünf und zehn Jahre ist er spitze und erhält dafür zwei FundAwards. Auch Darwall mischt immer wieder Nebenwerte bei und hält nur knapp 35 Einzelwerte in seinem Portfolio, in die er oft sehr lange investiert bleibt. Zu seinen größten Titeln gehören etwa die Gesundheitswerte Grifols und Novo Nordisk sowie die Technologiewerte Amadeus IT und Wirecard. Telekomwerte meidet er dagegen, weil sie für ihren Geschäftsbetrieb und die Investitionen zu viel Kapital benötigen. "Alles in allem ist Europa die Heimat vieler Unternehmen, die weltweit führende Produkte und Dienstleistungen anbieten und die 2019 weiterhin kontinuierlich erfolgreich gegen die besten Unternehmen auf der globalen Bühne konkurrieren können", erklärt Fondsmanager Darwall.

Sehr erfolgreich waren zuletzt auch zwei Indexfonds von Deka Investments: der Deka Europe Strong Growth 20 ETF sowie der Deka Europe Strong Value 20 ETF. Mit dem Growth­ETF investieren Anleger in 20 europäische Aktien, die mit ihrem historischen und erwarteten Gewinnwachstum überzeugen. Zu den größten Einzelwerten gehören hier etwa die Gesundheitswerte Evotec und Genmab sowie die Luxusmarke Hermès International. Mit dem Value­ETF halten Anleger dagegen 20 europäische Aktien, die mit einem günstigen Kurs­Gewinn­ oder Kurs­Buchwert­Verhältnis überzeugen. Hier zählen die Versicherer Hannover Rück oder Swiss Re beispielsweise zu den größten Einzelwerten.

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Klein & fein



Bei den reinen Nebenwertefonds überzeugt vor allem der Comgest Growth Europe Smaller Companies. Dort investieren Eva Fornadi und Rebecca Kaddoum sowie zwei weitere Kollegen in lediglich 29 Einzelwerte, die ebenfalls ihren hohen Quality­Growth­Ansprüchen genügen. Einen sehr guten Lauf hatte zuletzt auch der DJE Mittelstand & Innovation. Bei diesem DJE-Fonds investiert René Kerkhof in Nebenwerte aus Deutschland, der Schweiz und Österreich, die stark wachsen und nationale oder internationale Marktführer sind - was vor allem auf Gesundheits­, Industrie­ und Technologiewerte zutrifft.