Ein Jahr zuvor hatte noch ein Gewinn von fast 10,5 Milliarden Dollar in den Büchern gestanden. Insgesamt kostete das Desaster um den einstigen Verkaufsschlager Boeing bisher 14,6 Milliarden Dollar. Bislang hatte der Flugzeugbauer die Gesamtbelastung auf nur rund acht Milliarden Dollar geschätzt. Doch muss der Konzern allein 8,3 Milliarden ausgeben, um Fluggesellschaften für gestrichene Flugverbindungen und verzögerte Wachstumspläne zu entschädigen, weil ihre 737-Flotte am Boden bleiben muss. Weitere vier Milliarden an Kosten dürften in diesem Jahr noch dazukommen, weil sich der Neuanlauf der Produktion verzögert.

"Wir räumen ein, dass wir viel Arbeit vor uns haben", sagte der neue Boeing-Chef David Calhoun, der im Zuge der Affäre vor kurzem Dennis Muilenburg an der Firmenspitze abgelöst hat. Bei Entscheidungen über die Boeing 737 MAX stehe die Sicherheit an erster Stelle. Calhoun zeigte sich zuversichtlich, dass Boeing den Zeitplan bis zur erhofften Wiederzulassung einhalten könne. Die US-Luftfahrtbehörde hatte diese bis Mitte des Jahres in Aussicht gestellt - später als Boeing anfangs erwartet hatte. Der Konzern hat die Flugsteuerung und die zugehörige Software erneuert, die bei den beiden Abstürzen mit zusammen 346 Opfern in Indonesien und in Äthiopien eine Rolle gespielt haben soll. Seit der zweiten Katastrophe binnen weniger Monate im März 2019 gilt praktisch weltweit ein Flugverbot für den Flugzeugtyp.

Calhoun kündigte an, das beschädigte Vertrauen in die Marke wiederherzustellen. An eine Namensänderung für die 737 MAX denke er aber nicht. Boeing hat die Produktion des einstigen Erfolgsmodells vorübergehend eingestellt.

Allein im vierten Quartal 2019 wies der Airbus-Rivale einen operativen Verlust von 2,53 Milliarden Dollar aus - was viele Analysten überraschte, denen Gewinnschätzungen angesichts der Turbulenzen schwergefallen waren. Ein Jahr zuvor hatte Boeing auf gleicher Basis noch 3,87 Milliarden Dollar verdient. Die Aktie stieg dennoch um 2,5 Prozent.

UMSATZEINBRUCH UM EIN VIERTEL


Der Umsatz brach im abgelaufenen Jahr um 24 Prozent auf 76,6 (2018: 101,1) Milliarden Dollar ein. Statt 806 Verkehrsmaschinen wie 2018 wurden nur noch 380 ausgeliefert, womit Boeing Platz eins unter den weltgrößten Flugzeugbauern an Airbus abtreten musste. Im vierten Quartal, in dem Boeing nur noch 79 Verkehrsflugzeuge an die Kunden übergab, brach der Umsatz um 37 Prozent ein.

Denn nicht nur die 737 MAX macht Probleme. Der Handelskrieg zwischen den USA und China dämpft auch die Nachfrage nach dem Langstrecken-Jet 787 "Dreamliner" aus dem asiatischen Staat - ausgerechnet nach dem Modell, das die größte Rendite bringt. Im Oktober hatte Boeing angekündigt, die Produktion Ende 2020 auf zwölf von 14 Maschinen pro Monat zu drosseln. Nun sollen von Anfang 2021 an für zwei Jahre nur noch zehn 787 "Dreamliner" gebaut werden. Das Coronavirus werde die Auftragslage in China aber nicht nachhaltig beeinträchtigen, betonte Calhoun.

rtr