Die Aktien von Fluggesellschaften eignen sich erfahrungsgemäß eher selten für Langfristinvestments. Für konstant steigende Kurse lieferten die Branchenvertreter in der Vergangenheit zu selten dauerhaft solide Ergebnisse ab. Häufig versalzen volkswirtschaftliche oder geopolitische Ereignisse die Geschäfte. Doch aktuell ist die japanische Investmentbank Nomura sehr zuversichtlich gestimmt für die Aussichten einiger europäischer Branchenmitglieder.

Zuversichtlich macht die Analysten ein Konsolidierungstrend in der Industrie, Kapazitätskürzungen, ein aufwärts gerichtetes volkswirtschaftliches Umfeld und sinkende Treibstoffkosten. So expandierte die globale Flugzeugflotte seit 1979 im Schnitt um 4,0 Prozent p.a. und in der Spitze von 1985 bis 1995 sogar um 5,4 Prozent. Doch von 2004 bis 2014 betrug die Zuwachsrate nur noch geringere 2,9 Prozent. Die Flugauslastung wird als ebenfalls relativ gut bezeichnet. Für Europa wird sie für die vergangenen drei Jahre im Schnitt mit 80,2 Prozent angegeben, verglichen mit 78,0 Prozent in den vergangenen zehn Jahren.

Die Korrelation zwischen der Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes und dem Flugverkehr wird als eng beschrieben. Für die vergangenen fünf Jahre wird der Multiplikator für Europa auf das 1,67-fache beziffert. Was die anhaltend niedrigen Treibstoffpreise angehe, sei das klar positiv für die Luftfahrtindustrie, weil die Kraftstoffkosten etwa 30 Prozent der durchschnittlichen operativen Aufwendungen ausmachten.

Zusammen mit der als günstig eingestuften Bewertung werden auf dieser Basis von Nomura die Aktien von vier europäischen Fluggesellschaften zum Kauf empfohlen. Börse Online nennt die Namen dieser Unternehmen und die Gründe für die positive Einschätzung. Die Kursziele liegen dabei zwischen 24 Prozent und 47 Prozent über den aktuellen Notierungen.



Nomuras europäischer Fluglinien-Favorit Nummer eins: Ryanair Holdings PLC (WKN: A0MJ5T, 11,38 Euro)



Anders als so manche andere Fluggesellschaften kann der irische Billigflieger Ryanair mit einem auch langfristig überzeugenden Chart aufwarten. Beim Versuch, dieses vorteilhafte Chartbild zu verteidigen und auszubauen hilft ein strammer Wachstumskurs. Gut ausgefallen sind auch die jüngsten Quartalszahlen mit einem Nettogewinnanstieg von 197 Millionen Euro auf 245 Millionen Euro und einem Umsatzplus von zehn Prozent auf 1,65 Milliarden Euro. Zudem blickt der Vorstand der größten europäischen Billig-Airline optimistisch auf das Gesamtjahr, obwohl mit einem aggressiven Preiskampf gerechnet wird. Die Beförderungsprognose wurde jedenfalls von 100 Millionen auf 103 Millionen Passagiere angehoben.

Nomura zeigt sich ebenfalls zuversichtlich und verweist zur Begründung auf ein konzernweit eingeleitetes Erneuerungsprogramm, das dabei helfen soll Kosteneffizient zu verbessern, den Zugang zu wichtigen Flughäfen auszubauen und das Firmenimage bei den Kunden zu erhöhen. Wie beispielsweise ein beeindruckender Auslastungsfaktor zeige, scheine das Programm auch zu greifen. Obwohl eine steigende Kapazität den pro Sitzplatz erzielten Umsatz zu belasten drohe, wird mit einem Übertreffen der Ergebnisprogose gerechnet. Außerdem wird für die Geschäftsjahre 2015 bis 2019 ein Gewinnplus je Aktie von 14 Prozent prognostiziert. Das wiederum lasse Aktienrückkäufe und für das Geschäftsjahr die Zahlung einer Sonderdividende von geschätzten 0,38 Euro je Aktie zu.

Beim Gewinn je Aktie wird von 2015 bis 2019 eine Verbesserung von 0,62 auf 1,04 Euro vorhergesagt. Gemessen an dem für das Ende der genannten Zeitspanne genannten Wert würde das auf aktueller Kursbasis einem KGV von 10,9 entsprechen. Das Kursziel für die Aktie wurde von Nomura von 12,00 auf 14,00 Euro angehoben. Damit ergibt sich derzeit ein Kurspotenzial von 23,0 Prozent.



Nomuras europäischer Fluglinien-Favorit Nummer zwei: Easyjet Plc. (WKN: A1JTC1, 16,07 britische Pfund, 21,191 Euro)



Ebenfalls um eine Billigfluggesellschaft handelt es sich mit EasyJet beim zweiten Nomura-Favoriten. Allerdings ist es für die Briten im abgelaufenen Quartal nicht ganz so rund gelaufen wie da die Aktionäre zuvor fast schon gewohnt waren. Das dürfte mit eine Erklärung dafür sein, warum der Aktienkurs zuletzt seinen Aufschwung unterbrochen hat.

Im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres sank der Umsatz jedenfalls um ein Prozent auf 1,2 Milliarden Pfund. Begründet wurde das mit einem Fluglotsenstreik in Frankreich im April und einem Feuer am Flughafen Rom-Fiumicino einen Monat später. Auch der Umsatz pro Sitzplatz ging um 2,8 Prozent zurück, wobei das angesichts eines starken Preiswettbewerbs aber sogar besser war als erwartet

Für das Ende September ablaufende Geschäftsjahr sagt Europas zweitgrößte Discountairline einen Vorsteuergewinn zwischen 620 Millionen und 660 Millionen britischen Pfund voraus. Im Vorjahr wurden hier 581 Millionen Pfund erzielt. Als Stütze erweisen sich den Angaben zufolge die niedrigen Treibstoffpreise, die bisher dabei helfen, die ansonsten steigenden Kosten mehr als nur zu kompensieren.

Aus Sicht von Nomura wird am Markt derzeit der innere Wert der Gesellschaft unterschätzt. Dieser ergebe sich aus einer Geschäftsaufstellung, die nur schwer zu kopieren sei. Wie bei Ryanair wird die Zahlung einer Sonderdividende für möglich gehalten. Zudem gebe es noch immer zahlreiche Wachstumsmöglichkeiten.

Beim Umsatz wird von 2014 bis 2018 mit einer Steigerung von 4,527 Milliarden auf 5,635 Milliarden Pfund gerechnet. Beim Gewinn je Aktie wird gleichzeitig mit einer Verbesserung von 113,07 Pence auf 180,20 Pence kalkuliert. Für 2018 beträgt das geschätzte KGV damit 8,9. Das Kursziel für Easyjet hat Nomura von 19,50 Pfund auf 20,00 Pfund erhöht. Gegenüber dem derzeitigen Niveau ergibt sich damit theoretisch ein Kurspotenzial von 24,5 Prozent.



Nomuras europäischer Fluglinien-Favorit Nummer drei: International Consolidated Airlines Group SA (WKN: A1H6AJ, 4,96 britische Pfund, 6,648 Euro)



Beim dritten Favoriten, der International Consolidated Airlines Group, hat Nomura das Kursziel jüngst ebenfalls angehoben. Bei dem Konzern, der neben der britischen Fluglinie auch die spanische Iberia und die Billigairline Vueling umfasst und gerade den irischen Konkurrenten Air Lingus übernimmt, werden jetzt Notierungen von 750 Pence nach bisher 700 Pence für angemessen gehalten. Wird die Zielvorgabe erreicht, müsste der Kurs um 51,2 Prozent gegenüber den aktuellen Notierungen zulegen.

Auch hier wird von den Analysten anhaltendes Wachstum als möglich erachtet. Beim Umsatz wird mit einem Anstieg von 20,17 Milliarden Euro im Vorjahr auf 25,035 Milliarden Euro im Jahr 2018 kalkuliert. Beim Gewinn je Aktie steht gleichzeitig eine Verbesserung von 0,3918 Euro auf 1,1223 Euro im Excel-File. Damit ergibt sich für 2018 ein geschätztes KGV von 5,9.

Nach Meinung von Nomura beurteilt der Markt die Möglichkeiten zu Kosteneinsparungen bei diesem Unternehmen. Sowohl bei Iberia und erst Recht bei British Airlines gebe es in dieser Hinsicht mittelfristig aber viel Potenzial nach unten. Nicht ausreichend gewürdigt werde auch die Option, die Allianz mit anderen Fluggesellschaften auszubauen. Dank einer starken Position an wichtigen europäischen Flughäfen wie London Heathrow, Madrid und Dublin sei die International Consolidated Airlines Group dafür aber gut aufgestellt.

Was die angesprochenen Kosten exklusive der für Treibstoff anfallenden Kosten angeht, so sind diese bereits im zweiten Quartal um 6,9 Prozent gesunken. Das verhalf der größten europäischen Airline zu einer kräftigen Ergebnisverbesserung. Der Nettogewinn kletterte um 28 Prozent auf 358 Millionen Euro, während der Umsatz um 11,2 Prozent auf 5,7 Milliarden Euro zulegte. Bestätigt wurde auch die Prognose für das laufende Jahr, die einen operativen Gewinn von mehr als 2,2 Milliarden Euro beinhaltet.



Nomuras europäischer Fluglinien-Favorit Nummer vier: Deutsche Lufthansa AG (WKN: 823212, 10,475 Euro)



Die vierte und letzte Nomura-Kaufempfehlung unter den europäischen Fluglinien ist mit der Deutschen Lufthansa ein Branchenvertreter, der seit geraumer Zeit an der Börse einfach auf keinen grünen Zweig kommt. Im Zuge des jüngsten Ausverkaufs am deutschen Aktienmarkt ist die bereits zuvor arg gebeutelte Notiz unter wichtige Unterstützungen gefallen, wodurch sich das Chartbild weiter verschlechtert hat.

Das ist auch deshalb beängstigend, weil zuletzt aus dem Unternehmen wieder etwas bessere Nachrichten gekommen sind. So beförderte die Gesellschaft im Juli konzernweit knapp 11 Millionen Passagiere, was gegenüber dem Vorjahresmonat einem Plus von 4,6 Prozent entspricht. Die Auslastung verbesserte sich gleichzeitig um 2,3 Punkte auf 86,9 Prozent. Zudem wurde für das zweite Quartal ein deutlich verbessertes Ergebnis vorgelegt. Der Dax-Vertreter profitierte dabei von niedrigeren Treibstoffkosten und einem besseren Finanzergebnis. Konkret erhöhte sich der Umsatz auch dank des schwachen Euros auf rund 8,4 Milliarden von 7,7 Milliarden Euro. Das Konzern-Nettoergebnis stieg auf 529 Millionen von 173 Millionen Euro.

Am Aktienmarkt wird der Titel aber dennoch weiterhin gemieden. Das dürfte nicht zuletzt mit der nach wie vor eher geringen Ergebnis-Visibilität zu tun haben. Zudem stören häufige Streiks, die internen Widerstände gegen die eigene Günstig-Airline Eurowings und auch die hohen Pensionslasten stellen fast so etwas wie ein schwarzes Loch dar. Außerdem sprechen die Verantwortlichen selbst von einem herausfordernden Preisumfeld und im Frachtbereich gibt es wachsende Probleme, wie ein zuletzt deutlich gesunkener Nutzladefaktor bestätigt.

Nomura hält aber eine Einigung mit dem streikfreudigen Personal für möglich und auch eine Überholung des Point-to-Point-Streckensystems für machbar. Solange aber keine Klarheit bestehe, ob sich diese Hoffnungen erfüllen, sei der Glaube an die Kaufempfehlung für den Titel nicht Hundertprozent gegeben. Die Möglichkeit einer Wiederaufnahme der Dividendenzahlung sowie eine sehr günstige Bewertung sprächen aber für den Wert. So beinhalten die Schätzungen für 2018 einen Gewinn je Aktie von 3,55 Euro und eine Dividendenzahlung von 0,79 Euro je Aktie. Auf Basis dieser Prognosen ergeben sich ein geschätztes KGV von 2,95 und eine Dividendenrendite von 7,54 Prozent. Allerdings bleibt abzuwarten, ob sich diese Erwartungen auch erfüllen werden. Als Kursziel gibt Nomura 16,00 Euro an, was einem Kurspotenzial von satten 52,7 Prozent entspricht.