Europas größter Versicherer Allianz hat wegen anhaltender Probleme in der Vermögensverwaltung und des Umbaus der Lebensversicherung überraschend schlechte Zahlen für das dritte Quartal abgeliefert und die Erwartungen der Analysten enttäuscht. Dennoch sieht sich DAX-Konzern auf Kurs zu den Jahreszielen. Die Aktie ging nach der Veröffentlichung der Zahlen am Freitag auf Talfahrt. Mit einem Minus von bis zu drei Prozent war sie der schwächste Wert im Dax.

Der Überschuss stürzte wegen Steuereffekten und Turbulenzen am Kapitalmarkt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 14,7 Prozent auf 1,44 Milliarden Euro ab. Der Gesamtumsatz fiel um 4,3 Prozent auf 27,5 Milliarden Euro. Dabei wäre der Rückgang ohne den schwachen Euro noch stärker ausgefallen. Das operative Ergebnis sank um 7,5 Prozent auf 2,45 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Steuern schrumpfte um 6,9 Prozent auf 2,16 Milliarden Euro. Das Ergebnis je Aktie ging um 15,5 Prozent auf 2,99 Euro zurück.

Von Reuters befragte Experten hatten einen Überschuss von 1,54 Milliarden Euro (- 4,0 Prozent), einen Gesamtumsatz von 29,5 Milliarden Euro (+ 14,6 Prozent), ein operatives Ergebnis von 2,52 Milliarden Euro (-4,8 Prozent), ein Ergebnis vor Steuern von 2,35 Milliarden Euro (+1,3 Prozent) und ein Ergebnis je Aktie von 3,40 Euro (-3,4 Prozent) erwartet.

Die Allianz verbuchte in allen Sparten Rückgänge. Dabei traf es die Vermögensverwaltung wegen der anhaltenden Mittelabflüsse beim US-Fondsanbieter Pimco deutlich härter als die anderen Bereiche. Das operative Ergebnis fiel um 13,5 Prozent. Im Geschäft mit Lebens- und Krankenversicherungen (-6,6 Prozent) machte sich vor allem die Abkehr von klassischen Policen bemerkbar. Die Schaden- und Unfall-Sparte, der mit Abstand größte Sektor, litt unter höheren Schäden durch Unwetter und dem Abwärtstrend am Kapitalmarkt (- 5,0 Prozent). Die Sparte Corporate und Sonstiges (-0,9 Prozent) verzeichnete marginale Rückgänge.

Finanzchef Dieter Wemmer glaubt trotz der überraschend schlechten Zahlen weiterhin daran, dass die Allianz in diesem Jahr den operativen Gewinn von 10,4 auf 10,8 Milliarden Euro erhöhen kann. Nach den ersten neun Monaten 2015 kommt der Konzern auf 8,15 Milliarden Euro. Um das Endziel zu erreichen, muss sich der Versicherer also noch steigern. Falls das gelingt, sollen Anleger eine höhere Dividende erhalten.

Hoffnung macht dem Management ausgerechnet das Sorgenkind Pimco, wo die Mittelabflüsse den tiefsten Stand seit zwei Jahren erreichten. Laut Finanzchef Wemmer habe es im Oktober unterm Strich sogar wieder Zuflüsse gegeben. Zudem gebe es auch im Geschäft mit Lebens- und Krankenversicherungen positive Signale, wo die Margen im Neugeschäft gestiegen seien. Dies sei, so Wemmer, ein "eindeutiger Beleg", dass sich die Umsetzung der Strategie weg von klassischen Policen hin zu fondsgebundenen und neuartigen Produkten auszahle.

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Nach Einschätzung von BÖRSE ONLINE hat die Allianz mit dem Umbau des Lebensversicherungsgeschäfts einen wichtigen Grundstein dafür gelegt, um die Rückgänge in der Sparte auszubremsen. Fraglich bleibt allerdings, ob und wann das Neugeschäft den endgültigen Durchbruch bringt. Bei Pimco gibt es ebenfalls positive Signale. Im Gegensatz zum Allianz-Management halten wir es aber für verfrüht, schon jetzt von einer Trendwende zu sprechen. Gewiss, die jüngste Entwicklung könnte drauf hindeuten, dass dort das Schlimmste überstanden ist. Doch ein echter Turnaround wird erst dann als solcher gelten, wenn Pimco wieder dauerhaft signifikante Mittelzuflüsse erzielt.

Am 24. November will der neue Konzernchef Oliver Bäte seine Strategie für die Allianz vorstellen. Das könnte Klarheit darüber schaffen, wie genau der Versicherer auf den Wachstumspfad zurückkehren soll. Bei der Präsentation der Quartalszahlen dämpfte Bäte allerdings die Erwartungen.



Grundsätzlich bleibt die Aktie wegen der Kombination aus niedriger Bewertung, hoher Dividendenrendite und solider Performance vor allem für Langfristanleger interessant. Und auch charttechnisch sieht es gut aus, seitdem das Papier im Oktober in einen Aufwärtstrend zurückgekehrt ist. Angesichts der vielen offenen Fragen raten wir Anlegern aber, die Titel bis zur Strategievorstellung zu halten bzw. zu beobachten.