Das Management hat nun versprochen, dass sich im zweiten Halbjahr mehr Dynamik entfalten wird. Vor allem von den Kunden der Öl- und Gasindustrie sollten mehr Aufträge kommen. Dort sorgen höhere Rohstoffpreise für mehr Investitionsbereitschaft. Klar ist auf jeden Fall: ABB muss liefern. Dabei ist die Ausgangsbasis gar nicht schlecht.
ABB zählt zu den weltweit führenden Anbietern von Elektrotechnik. Die Firma ist seit der Neuaufstellung 2016 in vier Bereiche gegliedert: Stromnetze, Elektrifizierungsprodukte, Robotik und Antriebe sowie Automation. Der Konzern ist in vielen großen Zukunftsthemen mit vertreten. Robotics und Automation besetzen Industrie 4.0. Die Energiewende, hin zu dezentraler Erzeugung, benötigt intelligente Netze. ABB baut Elektromotoren, aber auch die Ladestationen für E-Mobility.
Abspaltungen sind möglich
Jeder Bereich hat einen eigenen Vorstand. Zudem gibt es je ein Vorstandsressort für Europa, Amerika und Asien. Mit dieser Matrixorganisation läuft ABB der organisatorischen Entwicklung anderer Konzerne hinterher. Und darauf zielt auch die Kritik. "In der Regel sind Mischkonzerne deutlich komplexer und deshalb schwieriger zu führen", sagt Förberg. Mit einer Matrixstruktur ist das noch komplexer. Dort können die operativen Bereiche schnell den direkten Marktzugang verlieren. Das wäre leicht aufzulösen, indem etwa einzelne Bereiche abgetrennt und an die Börse gebracht würden. Und ABB hat gleiche mehrere potenzielle Kandidaten. In der Vergangenheit war etwa die Stromnetzsparte als möglicher Abspaltungskandidat genannt worden.
Bisher hat sich Firmenchef Spiesshofer vehement gegen die Aufspaltung gewehrt. Er glaubt, dass ABB es als Ganzes schaffen werde. Im zweiten Halbjahr muss er es beweisen. Die Investoren sind der Meinung, dass die Aktie 35 Franken wert sein könnte. Das - gemessen am aktuellen Kurs - um mehr als 50 Prozent höhere Ziel hält auch Spiesshofer für erreichbar. Ob die Aktie das über eine Abspaltung oder in aktueller Aufstellung erreicht, dürfte Anlegern letztendlich egal sein.