Da flattern der Schweizer ABB zu Jahresbeginn binnen weniger Tage gleich drei Aufträge ins Haus - und bei Vorstandschef Ulrich Spiesshofer von Euphorie keine Spur. Und das, obwohl der Energie- und Automatisierungskonzern aus Zürich im dritten Quartal noch unter drastischem Auftragsschwund gelitten hatte. "2017 wird wahrscheinlich ein Übergangsjahr", sagte Spiesshofer dem TV-Sender CNBC auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos nüchtern. Etwas mehr Dynamik im Markt erwartet er erst für 2018. Angesichts des geplanten EU-Austritts von Großbritannien und der neuen US-Regierung gebe es bei den Kunden "viele Unsicherheiten, und das wird die Märkte dämpfen", sagte er.

Auf der anderen Seite der Welt zog ABB unterdessen einen Großauftrag zum Bau einer Stromtrasse an Land. Für 640 Millionen Dollar soll ABB in Indien eine Gleichstrom-Hochspannungsverbindung errichten. Die mehr als 1830 Kilometer lange Leitung mit einer Kapazität von 6000 Megawatt soll eine der längsten der Welt werden, rund 80 Millionen Menschen sollen von ihr profitieren. Ihre Übertragungskapazität entspricht etwa der Leistung von sechs Atomkraftwerken.

Aus Brasilien kam zudem ein 75 Millionen Dollar schwerer Auftrag für die Lieferung fortschrittlicher Konvertertransformatoren, aus den USA ein weiterer Auftrag in Höhe von über 100 Millionen US-Dollar. In Kalifornien soll die bestehende HGÜ-Konverterstation Sylmar (Hochspannungs-Gleichstromübertragung) modernisiert werden. In Davos sagte Spiesshofer derweil, der Konzern habe inzwischen seine Hausaufgaben gemacht und den Speck vergangener Jahre weggeschnitten. Dabei hatte der Schwabe auch mutige Schritte nicht gescheut: Zuerst bot er Investor Cevian die Stirn, der auf den Verkauf der Stromsparte gedrängt hatte, dann überraschte er mit einer Personalie und tauschte seinen Finanzchef aus.

Potenzieller Trump-Profiteur



Nach Ansicht von Experten zählt ABB zu den Konzernen, die von Donald Trump als US-Präsidenten und dessen Versprechen zum Ausbau der Infrastruktur profitieren werden. Auch ABB-Verwaltungsratspräsident Peter Voser ist überzeugt, dass die Firma für die Erneuerung der veralteten Stromnetze und die Reindustrialisierung der USA gut positioniert sei: "Unsere Präsenz vor Ort ist ein Vorteil", sagte er. "Ich erwarte ein Auftragsvolumen entsprechend unseren Marktanteilen, sofern die Projekte umgesetzt werden."