Aktien aus Schwellenländern sind seit mehreren Jahren bei Anlegern kaum noch beliebt. Was steckt hinter dieser Abneigung?
Vor drei
bis vier Jahren erhofften sich die Investoren,
dass die Gewinne der Unternehmen
aus den Schwellenländern
stark und nachhaltig wachsen
werden. Doch das bewahrheitete
sich nicht. Vielmehr verlangsamte
sich das Gewinnwachstum auf breiter
Front. Darüber waren die Anleger
in den vergangenen Jahren verständlicherweise
sehr enttäuscht.
Wie hoch ist das Wachstum?
Im vergangenen Jahr steigerten die
Unternehmen aus dem MSCI Emerging
Markets, dem Leitindex für
globale
Schwellenländeraktien, ihre
Gewinne um sieben Prozent. 2014
werden neun Prozent erwartet.
Was muss passieren, damit Investoren
die aufstrebenden Märkte als
Anlageregion wiederentdecken?
Wenn wir eine Stabilisierung bei den
Gewinnen sehen würden oder sogar
Wachstum, würde das der Anlageklasse
wieder viel Aufmerksamkeit
bringen.
Reichen die niedrigen Bewertungen
vieler Schwellenländeraktien nicht
aus, um das Interesse zu wecken?
Doch. Die Abschläge, die mittlerweile
bei den Unternehmen zu sehen
sind, sind übertrieben. Deshalb
sind auch bereits Kapitalflüsse in die
Emerging Markets erkennbar. Aber
noch halten sie sich in Grenzen. Dabei
sind die Abschläge gegenüber
Aktien
aus Industrieländern so hoch
wie vor zehn Jahren. Wenn mehr Anleger
diese Bewertungslücke erkennen,
dürfte das der Anlageklasse
kurz- bis mittelfristig einen ordentlichen
Schub geben.
Wie sieht es auf lange Sicht aus?
Langfristig müssen die Investoren
ihre Erwartungen dämpfen. Zweistellige
Renditen, wie wir sie vor
zehn Jahren hatten, werden in dieser
Anlageklasse fürs Erste nicht zurückkehren.
Klingt wenig verlockend.
Die Anleger müssen realistisch bleiben.
In den nächsten drei bis fünf
Jahren werden Schwellenländer
nicht wieder so populär sein, wie sie
es vor einigen Jahren waren. Ihr
Wachstum wird geringer ausfallen,
als ihr Potenzial verspricht. Trotzdem
sind sie keine schlechte Anlageklasse.
Denn dort ist immer noch
Wachstum zu finden, und hohe einstellige
Renditen sind möglich.
Was muss passieren, damit die
Schwellenländer ihr Potenzial
besser
nutzen als bisher?
Die Staaten brauchen strukturelle
Reformen, damit sich ihr Wirtschaftswachstum
wieder beschleunigt
und sie zu ihren langfristigen
Wachstumsraten zurückkehren. Es fehlt an Flexibilität in der Arbeitswelt,
an Infrastruktur, an Logistik
und an Investitionen.
Aber in einigen Ländern passiert
doch etwas …
Das stimmt. In Mexiko und in China
haben die Regierungen verstanden,
dass Reformen nötig sind. Indien
liegt in dieser Hinsicht zwar noch
zurück, doch seit Kurzem hat das
Land eine Regierung, die als sehr
reformfreudig gilt. Das macht das
Land langfristig sehr interessant.
Die demografischen Fakten sind
gut, die Wachstumsperspektiven
ebenso.
Kurzfristig sind indische Aktien
nicht interessant?
Nein, denn dafür sind die Kurse in diesem Jahr schon zu stark gestiegen. Es war eine Menge Überschwang im Spiel als allmählich feststand, dass der als Reformer geltenden Narendra Modi die Wahl zum Premierminister gewinnen würde. Nun sind schon viele dieser positiven Erwartungen eingepreist.
Auf Seite 2 und 3: Investor-Info