Der Comgest Magellan ist ein echter Pionier. Der Fonds begann bereits Ende der 80er-Jahre damit, in Aktien aus Schwellenländern zu investieren. Damals war vom Boom der Emerging Markets noch keine Rede. Seit 15 Jahren wird der Aktienfonds von den beiden Managern Vincent Strauss und Wojciech Stanislawski gelenkt. 2012 kam Emil Wolter als dritter Mann hinzu. Seither zieht sich Altmeister Strauss nach und nach aus der Fondsleitung zurück. Im Vergleich zu seinem unentwegt flachsenden Co-Manager Strauss ist Stanislawski ein ziemlich ruhiger Zeitgenosse. Er ist ernst und sachlich und bleibt bei fachlichen Dingen, als er der BÖRSE ONLINE-Schwesterzeitung €uro am Sonntag ein Interview in der Comgest-Zentrale in Paris gibt.

Aktien aus Schwellenländern sind seit mehreren Jahren bei Anlegern kaum noch beliebt. Was steckt hinter dieser Abneigung?

Vor drei bis vier Jahren erhofften sich die Investoren, dass die Gewinne der Unternehmen aus den Schwellenländern stark und nachhaltig wachsen werden. Doch das bewahrheitete sich nicht. Vielmehr verlangsamte sich das Gewinnwachstum auf breiter Front. Darüber waren die Anleger in den vergangenen Jahren verständlicherweise sehr enttäuscht.


Wie hoch ist das Wachstum?

Im vergangenen Jahr steigerten die Unternehmen aus dem MSCI Emerging Markets, dem Leitindex für globale Schwellenländeraktien, ihre Gewinne um sieben Prozent. 2014 werden neun Prozent erwartet.


Was muss passieren, damit Investoren die aufstrebenden Märkte als Anlageregion wiederentdecken?

Wenn wir eine Stabilisierung bei den Gewinnen sehen würden oder sogar Wachstum, würde das der Anlageklasse wieder viel Aufmerksamkeit bringen.


Reichen die niedrigen Bewertungen vieler Schwellenländeraktien nicht aus, um das Interesse zu wecken?

Doch. Die Abschläge, die mittlerweile bei den Unternehmen zu sehen sind, sind übertrieben. Deshalb sind auch bereits Kapitalflüsse in die Emerging Markets erkennbar. Aber noch halten sie sich in Grenzen. Dabei sind die Abschläge gegenüber Aktien aus Industrieländern so hoch wie vor zehn Jahren. Wenn mehr Anleger diese Bewertungslücke erkennen, dürfte das der Anlageklasse kurz- bis mittelfristig einen ordentlichen Schub geben.


Wie sieht es auf lange Sicht aus?

Langfristig müssen die Investoren ihre Erwartungen dämpfen. Zweistellige Renditen, wie wir sie vor zehn Jahren hatten, werden in dieser Anlageklasse fürs Erste nicht zurückkehren.


Klingt wenig verlockend.

Die Anleger müssen realistisch bleiben. In den nächsten drei bis fünf Jahren werden Schwellenländer nicht wieder so populär sein, wie sie es vor einigen Jahren waren. Ihr Wachstum wird geringer ausfallen, als ihr Potenzial verspricht. Trotzdem sind sie keine schlechte Anlageklasse. Denn dort ist immer noch Wachstum zu finden, und hohe einstellige Renditen sind möglich.


Was muss passieren, damit die Schwellenländer ihr Potenzial besser nutzen als bisher?

Die Staaten brauchen strukturelle Reformen, damit sich ihr Wirtschaftswachstum wieder beschleunigt und sie zu ihren langfristigen Wachstumsraten zurückkehren. Es fehlt an Flexibilität in der Arbeitswelt, an Infrastruktur, an Logistik und an Investitionen.


Aber in einigen Ländern passiert doch etwas …

Das stimmt. In Mexiko und in China haben die Regierungen verstanden, dass Reformen nötig sind. Indien liegt in dieser Hinsicht zwar noch zurück, doch seit Kurzem hat das Land eine Regierung, die als sehr reformfreudig gilt. Das macht das Land langfristig sehr interessant. Die demografischen Fakten sind gut, die Wachstumsperspektiven ebenso.


Kurzfristig sind indische Aktien nicht interessant?

Nein, denn dafür sind die Kurse in diesem Jahr schon zu stark gestiegen. Es war eine Menge Überschwang im Spiel als allmählich feststand, dass der als Reformer geltenden Narendra Modi die Wahl zum Premierminister gewinnen würde. Nun sind schon viele dieser positiven Erwartungen eingepreist.

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