Sogenannte Spin-offs sind in der Unterhaltungsindustrie schon lange sehr beliebt, zur Fantasy-Erfolgsfernsehserie "Game of Thrones" etwa sollen gleich drei in Arbeit sein. Spin-offs im Medienbereich sind Produkte, die aus einem erfolgreichen fiktiven Werk ausgelagert wurden. Dabei avancieren oft beliebte Nebenfiguren aus dem Original in der neuen Reihe zu Hauptfiguren. Ziel ist es, die Begeisterung des Publikums zu nutzen, um damit noch mehr Geld zu verdienen.
Ums Geldscheffeln geht es natürlich auch bei Spin-offs in der Wirtschaft. Die Muttergesellschaft verselbstständigt einen Geschäftsbereich und gliedert diesen als neu gegründetes Unternehmen aus. Ziel des Managements ist es, die Geschäftsperspektiven zu verbessern, während Aktionäre sich als Folge davon Kursgewinne erhoffen.
Das ist durchaus realistisch, wie zahlreiche Studien bestätigen. Demnach fuhren Anleger historisch gesehen durchschnittlich am besten damit, auf eine gute Kursentwicklung der abgespaltenen "SpinCo" zu setzen. Am zweitbesten schnitt der Aktienkurs der abgespaltenen Muttergesellschaft ab. Die DZ Bank verweist in ihrer Studie darauf, dass die Kursentwicklung des Index S & P-500 Spin-Off in den vergangenen zehn Jahren die Entwicklung des S & P 500 deutlich übertraf.
Mit Blick auf den europäischen Markt kommt Barclays in einem aktuellen Bericht zu dem Schluss, dass Anleger Ausgliederungen in der Regel gut aufnehmen. Eine Analyse aller Deals der vergangenen 20 Jahre habe zeigt, dass die Muttergesellschaften in den zwei Jahren nach der Abspaltung von Vermögenswerten den Gesamtmarkt um etwa 20 Prozent übertroffen hätten. Ebenso sei es nach der Ankündigung von Spin-offs im Schnitt zu steigenden Bewertungen gekommen.
In einem dritten aktuellen Report war laut Morgan Stanley die Wertentwicklung von ausgegliederten Unternehmen im Allgemeinen besser als die des Gesamtmarkts und ihrer Muttergesellschaften. Nahezu zwei Drittel der ausgegliederten Unternehmen hätten sich in Europa in den zwölf Monaten nach dem Ereignis besser entwickelt als der Markt. Dabei sei es im Median in diesem Zeitraum zu einer besseren Wertentwicklung von im Schnitt zwölf Prozent gegenüber dem Gesamtmarkt gekommen. Das US-Institut verweist ergänzend darauf, dass die Wertentwicklung bei größeren Deals meist besser ausfällt als bei kleineren Spin-offs.
In den vergangenen Wochen und Monaten nahm in Verbund mit steigenden Neuemissionen die Zahl der angekündigten Spin-off-Transaktionen zu. Parallel dazu sind gleich drei neue Studien zu diesem Thema erschienen. Das dürfte kein Zufall sein, denn erfahrungsgemäß treten Spin-offs in gehäufter Form oft um die Hochpunkte von Bullenmärkten auf. Gemäß Barclays deutet die aktuelle Aktivitätszunahme darauf hin, dass mehr Unternehmen eine effiziente Kapitalallokation anstreben. Außerdem versuchten sie angesichts der reichlich vorhandenen Marktliquidität von den derzeit hohen Bewertungen zu profitieren.
Eine Erfolgsgarantie gibt es zwar trotzdem nicht, die erwähnten Studienergebnisse bescheinigen Spin-offs aber gute Chancen. Anleger, die diese weiter erhöhen wollen, sollten sich fragen, was die Motive für eine Abspaltung sind und ob damit für eines oder noch besser beide beteiligten Unternehmen Vorteile einhergehen, etwa durch Verschlankung oder stärkere Fokussierung. Außerdem sollten sie die Bewertungen beachten.
Breit gefächert und unkompliziert lässt sich das Spin-off-Anlagethema mit dem Vontobel Open End Partizipationszertifikat auf den Solactive Global Spin-Off Performance-Index umsetzen (WKN: VZ2 SP0). Für das Produkt fällt eine Managementgebühr von 1,5 Prozent per annum an. Das Zertifikat reflektiert die Kursentwicklungen der 20 weltweit jüngsten Spin-offs. Auf Sicht eines Jahres wartet es mit einem Plus von fast 95 Prozent auf.
Ein Quintett von Aktienfavoriten
Der Schwerpunkt bei unseren Einzelempfehlungen liegt auf dem deutschen Aktienmarkt. Bei den abgespaltenen Unter- nehmen gefallen uns Nagarro und Siemens Energy. Der letztgenannte Wert ist eine Abspaltung aus dem Siemens-Konzern. Die Ausgliederung erfolgte am 28. September 2020 und war das größte Spin-off in Deutschland. Inzwischen hat es der Betreiber von Kraftwerken, Windenergie-, Öl- und Gasexplorationsanlagen sowie Stromübertragung bis in den DAX geschafft. Bei einem Wasserstoff-Informationstag unterstrich der Vorstand jüngst die eigene einzigartige Stellung in der Wasserstoff-Wertschöpfungskette. Die Bank of America sieht bei dem Megatrend vielfältige Möglichkeiten, wovon bisher nur wenig im Kurs enthalten sei. Welch ein Potenzial das US-Institut wittert, zeigt das hohe Kursziel von 46,00 Euro.
Bei Nagarro handelt es sich um eine Abspaltung von Allgeier, einer Technologiegruppe im Bereich IT- und Personaldienstleistung. Das Unternehmen ist seit Mitte Dezember 2020 nun selbst börsennotiert. Die Münchner entwickeln digitale Produkte unter anderem für die Automobilindustrie, Energieversorger, Spieleanbieter oder Telekommunikationsfirmen und ist damit gut aufgestellt, um vom Digitalisierungstrend zu profitieren. Die Jefferies-Analysten erwarten von 2020 bis 2023 eine durchschnittliche jährliche Umsatzsteigerung von 18 Prozent. Als Kursziel nennt das US-Institut 110,00 Euro, was auch die Redaktion von BÖRSE ONLINE für erreichbar hält.
Mit ProSiebenSat.1 Media gehört ein potenziell abgespaltenes Unternehmen zum deutschen Favoritentrio. Zu Beginn des Jahres 2022 plant der Medienkonzern laut DZ Bank sein Partnerbörse-Geschäft per IPO an die Börse zu bringen, dabei jedoch die Mehrheit zu behalten. Die in den USA börsennotierten Konkurrenten Match Group und Bumble werden am Markt mit außerordentlich hohen Multiplikatoren bewertet, sodass bei ähnlichen Bewertungsrelationen ein signifikanter Wert für die Aktionäre gehoben würde, so die DZ Bank. Auch allgemein sprechen Bewertungsüberlegungen für die Aktie. Auf Basis der Schätzungen für 2024 liegt das KGV bei knapp zehn und die Dividendenrendite bei 4,7 Prozent.
Augenspezialist aus der Schweiz
Im Ausland setzen wir auf Otis Worldwide sowie auf Alcon. Der letztgenannte Schweizer Augenheilkunde-Konzern ist eine Novartis-Abspaltung. Die Trennung von dem Pharmakonzern erfolgte im April 2019, aber erst neuerdings kann sich die Notiz nachhaltig über dem Startpreis von 55 Euro etablieren. Die Gesellschaft hat jetzt ihr Produktportfolio aufpoliert: Der jüngst erstmals abgegebene Ausblick für 2025 sieht bei einer Kernbetriebsmarge von 24 bis 26 Prozent einen Umsatz von zehn (Vorjahr: 6,763) Milliarden Dollar vor.
Bedenkt man den Hinweis der Bank Vontobel, wonach 2,2 Milliarden Menschen irgendeine Beeinträchtigung der Sehkraft haben und über einer Milliarde von ihnen mit Alcon-Produkten zu helfen wäre, scheint das Wachstumsziel durchaus realistisch zu sein. Die Aktie kann derzeit in Deutschland allerdings nur außerbörslich oder an der Schweizer Börse gehandelt werden.
Ein stetiges Wachstum winkt bei Otis Worldwide, dem gemessen am Umsatz weltgrößten Anbieter von Aufzügen und Rolltreppen. Als Abspaltung aus dem Mischkonzern United Technologies ist Otis zwar erst seit März 2020 börsennotiert, die Firmenwurzeln reichen aber bis 1854 zurück.
Der US-Konzern operiert in einem oligopolistischen Markt, und immaterielle Vermögenswerte sowie Kostenvorteile führen zu einem breiten wirtschaftlichen Schutzgraben. Weil das Geschäft zudem nicht kapitalintensiv ist, sind regelmäßig robuste freie Cashflows drin. Der Kurs ist gerade aus einem Seitwärtstrend auf neue Bestmarken ausgebrochen. Damit scheint dieser Titel an die historisch starke Performance von Konkurrenten wie Kone oder Schindler anknüpfen zu wollen.