Zwei Schlüsseletappen haben die Karriere
des Jean-Paul Clozel geprägt.
Bei einem Studienaufenthalt an der
University of California konnte der promovierte
Kardiologe zu Beginn der 80er-Jahre
die Entstehung der US-amerikanischen
Biotechindustrie verfolgen. Knapp 15 Jahre
später gründete er dann in der Schweiz
mit Actelion
seine eigene Firma als Ausgliederung
des Pharmariesen Roche.
Megaseller Tracleer
Als glücklicher Zufall für Firmenlenker
Clozel erwies sich dabei, dass Roche einige
Forschungsprojekte nicht mehr weiterführen
wollte - und diese veräußerte. Unter
diesen aufgegebenen Projekten befand
sich auch Tracleer. Dieses Molekül aus der
Klasse der Endothelin-Rezeptor-Antagonisten
hatte Clozels Ehefrau Martine entdeckt.
Es steuert die Verengung und Erweiterung
von Blutgefäßen.
Actelion kaufte das Tracleer-Projekt aus
Roche heraus und entwickelte daraus ein
Medikament gegen Lungenhochdruck. Bei
dieser bislang unheilbaren Krankheit verengen
sich die Blutgefäße in der Lunge. Daraus
entwickelt sich eine dauerhafte Schädigung
der rechten Herzkammer. Auf
lange Sicht führt das unweigerlich zum
Tod. Tracleer
kam 2001 auf den Markt -
und wurde für Actelion eine Lizenz zum
Gelddrucken. Allein im Geschäftsjahr 2013
spülte das Lungenmittel umgerechnet
1,3 Milliarden Euro in die Kassen.
Auf Seite 2: Die nächste Generation
Die nächste Generation
Dank Tracleer schreibt Actelion eine der
wenigen Erfolgsstorys in der europäischen
Biotechindustrie. Damit das auch so bleibt,
wenn im Herbst 2015 der Patentschutz für
Tracleer ausläuft, hat Actelion zwei Nachfolgeprodukte
in dieser Nischenindikation
entwickelt. Opsumit wurde im Oktober
2013 zugelassen. Dank des besseren Wirkprofils
bei weniger Nebenwirkungen legte
Opsumit einen Blitzstart hin. So wurde Opsumit
bereits in die Kostenerstattungsprogramme
der größten US-Krankenversicherer
aufgenommen. In Europa erfolgt die
Umsetzung auf nationaler Ebene. Angesichts
von Preisen wie etwa 3000 Euro pro
Monat in Deutschland winken auch hier lukrative
Geschäfte.
Experten räumen Opsumit jährliche
Spitzenumsätze von zwei Milliarden USDollar
ein. Für Selexipag, das in einem späteren
Krankheitsstadium verabreicht wird,
beziffern sie das entsprechende Potenzial
auf bis zu 1,6 Milliarden US-Dollar. Die
exzellenten
Studiendaten, die Actelion für
Selexipag im Juni präsentierte, ließen die
Aktie abheben. Anders als alle bislang zugelassenen
Präparate kann Selexipag als
Tablette eingenommen werden. Actelion
geht davon aus, Anfang 2015 den Zulassungsantrag
einzureichen. Geht alles glatt,
könnte das Produkt noch 2015 auf den
Markt kommen.
"Wenn die Verträglichkeit gut ist, kann
ein größerer Markt bedient werden. Der
Preis für Selexipag wird ähnlich hoch liegen
wie bei Opsumit", schätzt Lydia Bänziger,
Research-Analystin bei BB Biotech.
Skeptischer äußert sich Olav Zilian, Analyst
des Schweizer Brokers Helvea: "Für Actelion
ist es ambitioniert, die Marktführerschaft
mit Opsumit fortzusetzen. Mittlerweile
gibt es Medikamente, die mit der
Zeit auch kostengünstiger werden. Um
gerade
Patienten, bei denen Lungenhochdruck
frisch diagnostiziert wurde, von
Tracleer
direkt auf Opsumit zu schieben,
muss Actelion noch größere Überzeugungsarbeit
bei Fachärzten leisten." Zilian bezieht
sich dabei auf eine Kombinationstherapie,
die zum größten Wettbewerber werden
könnte. Die aus zwei bekannten Wirkstoffen
gebildete Substanz legte zuletzt
ebenfalls sehr gute Wirksamkeitsdaten vor.
Auf Seite 3: Neue Geschäftsfelder
Neue Geschäftsfelder
Poleposition hin oder her: Actelion stößt
auch in andere Krankheitsfelder vor. Am
weitesten fortgeschritten ist dabei der
Wirkstoff Cadazolid gegen Clostridium difficile,
einen der häufigsten Krankenhauskeime,
der sich zu einer lebensgefährlichen
Durchfallerkrankung entwickeln
kann. Die Studienresultate aus der klinischen
Endphase III kommen 2016, ein
Markteintritt ist frühestens 2017 möglich.
Noch weiter zurück ist ein Wirkstoff gegen
Multiple Sklerose, der gerade die klinische
Testphase II durchläuft.
Mit umgerechnet 800 Millionen Euro hat
Actelion die nötigen Cashreserven, um
zudem per Einlizenzierung oder Firmenkauf
Produkte im fortgeschrittenen Entwicklungsstadium
einzukaufen. Als Übernahmeziele,
so Actelions Firmensprecher
Andrew Weiss, "kommen Firmen infrage,
die in spezifischen Märkten mit schlanken
Vertriebsstrukturen zu Hause sind". In dieses
Raster, so wird unter Experten gemunkelt,
passe etwa die Schweizer Santhera,
die in diesem Sommer überzeugende klinische
Enddaten für eine Substanz zur Behandlung
der Muskeldystrophie Duchenne
präsentierte.
Auf Seite 4: Investor-Info