Trotz des extrem schwachen ersten Halbjahres sah Adidas zuletzt Licht am Ende des Tunnels - die weltweite Nummer Zwei unter den Sportartikelherstellern hatte sich von Juli bis September zurück in die schwarzen Zahlen gekämpft. Der Umsatz sank im dritten Quartal währungsbereinigt um drei Prozent auf 5,96 Milliarden Euro und lag damit nur leicht unter dem Vorjahreswert. Mit dem florierenden Online-Handel und den eigenen Läden machten die Herzogenauracher die Einbußen im Geschäft mit den selbstständigen Sportartikelgeschäften wett. Nach den massiven Ausfällen während des Corona-Lockdowns hinkt der Umsatz nach neun Monaten mit 14,3 Milliarden Euro allerdings noch ein Fünftel hinter dem Vorjahresniveau hinterher.
Das Betriebsergebnis lag im dritten Quartal mit 794 Millionen Euro knapp zwölf Prozent unter Vorjahr - besser als von Analysten erwartet. Nach neun Monaten stehen damit 526 Millionen Euro zu Buche. Im Vergleich zum Vorjahr mit 2,4 Milliarden Euro ist das ein Einbruch um drei Viertel.
Zweite Corona-Welle bremst wieder
Wie viele andere Konsumgüterhersteller hatte sich auch Adidas während des ersten Lockdowns im Frühjahr vor allem auf den Online-Handel konzentriert. Das starke Wachstum im E-Commerce kann derzeit aber die Verluste im stationären Handel noch nicht ausgleichen. 2020 will Adidas die Umsätze aus diesem Kanal auf vier Milliarden Euro steigern, 2019 waren es fast drei Milliarden Euro. Investitionen sollen in die digitalen Kanäle verschoben werden.
Die Unsicherheiten mit den weltweit steigenden Corona-Neuinfektionen lässt Adidas nun aber wieder vorsichtiger werden. Es seien inzwischen wieder zahlreiche Läden geschlossen, teilte Konzernchef Kasper Rorsted am Dienstag in Herzogenaurach mit. So sind beispielsweise in Frankreich oder Großbritannien die Geschäfte wieder komplett zu. Deshalb bremst der Dax-Konzern die Erwartungen an das vierte Quartal und stellt die Anleger auf ein maues Weihnachtsgeschäft ein. "Waren wir zu Beginn des vierten Quartals zunächst wieder auf einem Wachstumspfad, erfordert die aktuelle Verschlimmerung der Pandemie in vielen Regionen der Welt erneut unsere Geduld und Unterstützung", so Rorsted.
Die Folge davon: Das Betriebsergebnis werde von Oktober bis Dezember nur bei 100 bis 200 Millionen Euro liegen. Voraussetzung davon ist allerdings, dass mehr als neun von zehn Adidas-Geschäften weltweit geöffnet hätten, so die Franken. Derzeit seien 93 Prozent offen. Der Umsatz dürfte im Weihnachtsquartal um einen niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentsatz unter dem Vorjahresniveau liegen.
Analysten zeigten sich hiervon wenig begeistert. Lobten sie noch die guten Zahlen für das dritte Quartal, seien die Aussagen für das angelaufene Schlussquartal 2020 "enttäuschend", so RBC-Analyst Piral Dadhania. Jefferies-Experte James Grzinic nannte sie "wenig konstruktiv" und verwies dabei auf die gegenwärtige Nachfrage und wieder steigende Kosten bei Adidas.
Finanzielle Engpässe sind abgehakt
Die finanziellen Engpässe in der Corona-Krise hat Adidas abgehakt. Noch im Juli hatte der Konzern 500 Millionen Euro aus einer drei Milliarden Euro schweren Kreditlinie abgerufen, die er sich mit Hilfe der Staatsbank KfW besorgt hatte. Dieser Kredit war bereits im Oktober inklusive Zinsen getilgt worden, erklärte Rorsted.
Die Krise hatte Adidas auf dem falschen Fuß erwischt, weil man ein Rating für verzichtbar gehalten hatte. Inzwischen hat Adidas zwei gute Bonitätsnoten der Ratingagenturen Moody's und Standard & Poor's zur Ausgabe von drei Anleihen über 1,5 Milliarden Euro genutzt. Der KfW-Überbrückungskredit sei durch einen Kredit von zwölf Banken über 1,5 Milliarden Euro abgelöst worden.
Neue Spekulationen über Reebok
Daneben keimen immer wieder Spekulationen über eine Trennung von der US-Tochter Reebok auf - mehrere Medienberichte hatten das aufgegriffen. Verwunderlich wäre dies nicht, denn: Reebok ist seit Jahren ein Restrukturierungsfall. Die hohen Erwartungen, die mit der Übernahme 2006 verbunden waren, konnte das Unternehmen nie erfüllen. Zuletzt hatte Adidas die Marke wieder ganz auf Fitness ausgerichtet. Vorstandschef Rorsted hatte immer wieder gesagt, Reebok selbst sanieren zu wollen. Jedoch wird seit Jahren immer wieder über einen Verkauf spekuliert.
Der Zeitpunkt dafür sei nicht ideal, aber wenn die neue mittelfristige Agenda früh im Jahr 2021 ohne Reebok angegangen werde, könnte das Management den Fokus stärker auf die Marke Adidas lenken, glaubt Commerzbank-Analyst Andreas Riemann.
Unterm Strich sei ein solcher Schritt positiv für Adidas, findet auch JPMorgan-Analystin Chiara Battistini. Die Marke Reebok habe einiges an Strahlkraft eingebüßt, so dass es schwierig werden dürfte, einen Verkaufspreis mit einem ähnlichen Bewertungsniveau wie bei der Übernahme 2006 zu erzielen. Mit einem Reebok-Verkauf könnte sich der Dax-Konzern aber vollständig auf die Marke Adidas konzentrieren.
Börsen-Radio mit Adidas-Firmensprecher Jan Runau
In Kooperation mit Börsen Radio Network AG
Einschätzung der Redaktion
Die Zahlen zum abgelaufenen dritten Quartal hätten die Anleger wahrscheinlich gar nicht so sehr verschreckt. Vielmehr enttäuschten die Aussagen über das restliche Geschäftsjahr. Noch tags zuvor hatte die Adidas-Aktie stark von der Euphorie am Markt über die Hoffnung auf einen Corona-Impfstoff profitiert. Nach den Zahlen notiert die Adidas-Aktie zum Dienstagmittag sechs Prozent schwächer.
Charttechnisch gesehen hat die Adidas-Aktie ein spektakuläres Jahr hinter sich. In den ersten beiden Wochen von 2020 kletterte der Kurs auf ein Rekordhoch bei 317,45 Euro und pendelte danach wochenlang um die Marke bei 290 Euro. Ende Februar geriet das Papier dann in den allgemeinen Abwärtssog des Corona-Crashs. In nur drei Wochen brach der Kurs um mehr als 40 Prozent ein und stoppte bei rund 160 Euro - hier stand die Adidas-Aktie letztmals vor drei Jahren.
Doch danach kehrten die Anleger zu dem Papier zurück. Seit dem erreichten Tief im März läuft der Kurs kontinuierlich nach oben bis auf rund 286 Euro und konnte somit den Einbruch fast wieder ganz aufholen. Die Q3-Zahlen lassen den Kurs nun aber wieder einbrechen. Als Unterstützung dürfte die 200-Tagelinie bei rund 245 Euro dienen.
In den vergangenen drei Monaten hat das Papier um fast 14 Prozent zugelegt. Seit Jahresbeginn kommt es jedoch auf ein Minus von rund vier Prozent. Damit hat sich die Aktie schlechter entwickelt als Konkurrent Puma, der auf Dreimonatssicht auf ein Plus von etwas mehr als ein Fünftel kommt und im laufenden Jahr um 17 Prozent zugelegt hat.
Allerdings ist Puma im Gegensatz zu Adidas ein Leichtgewicht: Mit einer Marktkapitalisierung von rund zwölf Milliarden Euro ist das Unternehmen deutlich kleiner als der große Herzogenauracher Lokalrivale, der an der Börse aktuell knapp 56 Milliarden Euro wert ist.
Den mögliche Reebok-Verkauf sowie den abgezahlte Kfw-Kredit werten wir positiv. Anleger sollten zudem auf dem Schirm haben, dass der Sportartikelsektor eine attraktive Wachstumsbranche ist, die sich auch nach der zweiten Corona-Welle wieder stabilisieren wird. Das zeigen auch die dennoch starken Zahlen für das dritte Quartal. Der Kursrücksetzer könnte nun dafür genutzt werden, neue Positionen aufzubauen.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 335,00 Euro
Stoppkurs: 225,00 Euro
Mit Material von dpa-AFX und rtr