Zahlen lügen nicht, sagt der Volksmund - doch stimmt das? Der Deutsche Aktienindex notiert seit Jahresanfang mehr als acht Prozent im Minus, aber das täuscht über die breite Performance-Streuung der Einzelwerte hinweg: Während der Jahresgewinner Adidas seinen Ausgangswert um fast die Hälfte steigern konnte, halbierte sich im Gegenzug der Kurs der Deutschen Bank beinahe. Um nach aussichtsreichen Titeln für das zweite Halbjahr zu suchen, müssen Anleger sich jedoch eher unter den Gewinnern umsehen - mit einer Ausnahme.

Als Ausgangspunkt der Suche nach interessanten Titeln für das zweite Halbjahr dient eine Übersicht der bisherigen Jahresperformance sowie der Vorjahresperformance (dabei rechnen wir auch alle Dividenden mit ein, was in zahlreichen anderen Vergleichen vernachlässigt wird und die Ergebnisse teils stark verzerrt). Sind beide Jahreswerte extrem hoch, ist Vorsicht vor einer Überhitzung angebracht - bestes Beispiel: Adidas.

Um gleich gut gelaufene Aktien zu vergleichen, hilft die ebenfalls in der Tabelle dargestellte Volatilität. Sie zeigt, mit welchem Risiko die eventuellen Kursgewinne erwirtschaftet wurden. Aktien mit hoher Volatilität waren im vergangenen Halbjahr starken Schwankungen unterworfen, nur wer exakt zum richtigen Zeitpunkt eingestiegen ist, konnte auch tatsächlich ein Plus verbuchen. Erfolgte der Kauf einen Monat früher oder später, wäre die Rendite bereits deutlich von dem errechneten Wert abgewichen - dieser ist nur eine Stichtagsbetrachtung. Anleger sollten also Papiere mit niedriger Volatilität bevorzugen.

Schließlich stützen wir unsere Auswertung auf eine weitere Kennzahl: Der Abstand zum 200-Tage-Durchschnittskurs zeigt, ob der Trend nach oben weist. Nur Papiere mit positiven Werten, also Aktien oberhalb der 200-Tage-Linie, kommen für ein Investment in Betracht. Ist der Abstand schon zu hoch, ist dies allerdings ein weiteres Signal für eine Überhitzung. Daher sollten Anleger durchaus dem Grundsatz folgen, dass Zahlen nicht lügen - allerdings gehört selbst zu einer schnellen Auswertung stets mehr als nur eine einzelne Nummer. Sind dadurch dann potenziell spannende Papiere identifiziert, sollte ein genauerer Blick auf den Chart geworfen werden.

Rang Aktie Performance 2016 Performance 2015 Volatilität 2016 Abstand zum GD 200
1 adidas 44,6789 59,1987 26,0144 34,6892
2 RWE AG St. 22,9718 -52,3208 55,5372 23,0222
3 Vonovia SE 17,8468 4,2169 27,0864 14,2515
4 Henkel KGaA Vz. 8,98 16,7413 22,1542 13,3801
5 E.ON SE 8,2771 -34,838 45,8183 10,6512
6 Siemens 6,4893 -0,8032 29,2089 4,6733
7 ThyssenKrupp AG 4,8512 -13,3301 50,491 8,1957
8 Merck KGaA 2,9744 15,3104 27,444 10,6872
9 BASF SE 2,3126 4,3819 27,6849 5,5491
10 Fresenius Medical Care 1,6517 26,944 29,0879 3,3538
11 Beiersdorf AG 1,3787 25,9209 23,3611 4,5962
12 Fresenius SE 1,2691 54,0273 28,5718 5,8878
13 Deutsche Post AG 1,0744 -1,1019 29,8773 5,1333
14 Linde AG -1,4041 -11,5927 26,7608 -2,7864
15 Infineon Technologies -1,4318 55,3864 33,3495 9,8818
16 Deutsche Telekom -5,5101 29,8407 27,3048 -0,2587
17 SAP SE -6,5965 27,9886 24,1334 -1,5232
18 Deutsche Börse -7,3779 41,4102 31,8676 -2,4284
19 HeidelbergCement -8,0958 29,8865 33,3744 -2,0941
20 Münchener Rück -13,4107 16,0901 26,4536 -8,5886
21 ProSiebenSat.1 Media -14,4201 39,0411 28,3124 -12,0716
22 Volkswagen Vz. -14,9135 -25,9713 46,5591 -1,1023
23 Allianz SE -18,1034 24,6012 31,8536 -9,4981
24 Bayer -19,7221 4,2063 31,1546 -11,8757
25 Continental AG -20,534 29,885 34,1532 -10,0693
26 Deutsche Lufthansa -22,3488 5,4014 36,3655 -15,5556
27 Daimler -25,5846 15,624 33,179 -15,1468
28 BMW St. -27,5516 11,7788 36,4856 -14,3678
29 Commerzbank AG -37,6097 -12,8253 52,7674 -29,4504
30 Deutsche Bank AG -44,2521 -7,4743 58,5368 -33,9304


Wir schauen auf den folgenden Seiten auf die Tages- und Wochencharts der Top-Gewinner Adidas, RWE, Vonovia und Henkel. Die fünftplatzierte E.ON-Aktie lassen wir aus, da RWE charttechnisch derzeit die bessere Alternative ist, und wir zwei Versorger in unserer Auswahl als zu viel erachten. Stattdessen greifen wir mit Infineon ein interessantes Papier aus dem Mittelfeld auf, das ebenfalls mit einem viel versprechenden Aufwärtstrend glänzt.

Auf Seite 2: Adidas





Adidas



Der Star-Performer aus dem ersten Halbjahr dürfte spätestens nach der EM wieder unter Gewinnmitnahmen leiden, vermutlich schon früher - denn die Kurse sind am oberen Ende eines Aufwärtstrends angekommen, gleichzeitig ist der Abstand zum langfristigen 200-Tage-Durchschnitt mit 30 Prozent auf Rekordniveau. Das Papier bleibt zwar interessant, ist jedoch erst nach einer größeren Korrektur bis mindestens 100 / 108 EUR wieder ein Schnäppchen.





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RWE St.



Die zweitplatzierte RWE-Aktie weist bereits nur noch ein etwa halb so hohes Jahresplus auf wie der Performance-Sieger Adidas, hat mit einem Vorjahresminus von mehr als 50 Prozent aber auch noch viel Aufholpotenzial (Adidas: +59% in 2015). Auch hier warnt ein hoher Abstand zur 200-Tage-Linie vor dem sofortigen Kauf, Rückschläge in Richtung der 14er-Marke sind allerdings gute Einstiegsgelegenheiten. Wer längerfristig investiert bleiben will, kann auch jetzt schon zuschlagen, da nach der einjährigen Seitwärtsbewegung und Bodenbildung zwischen 10 und 14 Euro nun Gewinne in Richtung 20er-Marke möglich sind.





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Vonovia



Immobilien - und auch die dazu gehörenden Aktien - sind derzeit besonders beliebt. Dies spiegelt sich auch im Aufwärtstrend von Vonovia wider, die mit knappen 18 Prozent Kursgewinn im ersten Halbjahr auf Platz drei unserer Rangliste liegen. Die Aktie ist noch nicht überhitzt, zeigt einen stabilen Aufwärtstrend, und eine sehr niedrige Volatilität und somit unterdurchschnittliche Schwankungsanfälligkeit. Sie gehört derzeit in jedes DAX-Depot. Kaufzonen liegen bei 29,20 und 32 Euro, das Rekordhoch bei 35,27 sollte bald überschritten werden.





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Henkel



Die Aktie profitierte von der Brexit-Krise, da sich Anleger in diesen Marktphasen gerne auf eher defensive Titel konzentrieren. Doch der Konsum-Titel zeigte vorher schon einen starken Aufwärtstrend. Um 112 Euro sind aktuell verstärkt Gewinnmitnahmen zu beobachten, langfristig sollte diese Hürde aber durchbrochen werden können. Die Obergrenze des Aufwärtstrendkanals im Wochenchart wäre erst bei 150 Euro erreicht.





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Infineon



An kaum einer Aktie wird deutlicher, dass die Halbjahres-Performance alleine noch nicht aussagekräftig genug ist: Zwar liegt die Aktie seit Anfang 2016 noch minimal in der Verlustzone, doch der Blick auf den Chart zeigt einen fast lehrbuchgemäßen Aufwärtstrend. Wenig überraschend, dass die Aktie im Vorjahr zu den Top-Gewinnern gehörte. Die aktuelle Atempause könnte eine gute Einstiegsgelegenheit sein, zumal der Kurs nach unten durch den langfristigen Aufwärtstrend und die 200-Tage-Linie bei 10,40 bis 12 Euro gut abgesichert ist. Je näher an diesen Unterstützungen gekauft wird, desto besser ist das Chance-Risiko-Verhältnis. Nach oben ist der Weg langfristig frei bis etwa 16,50 Euro.







Andreas Büchler ist Herausgeber des Index Radar Magazins, der größte tägliche Börsenstatistik-Report Deutschlands. Er ist zudem Gründer und Partner der Qarat AG, einer auf Quantitative Analyse und Algorithmic Trading spezialisierten Forschungsgesellschaft für Börsenhandelssysteme.

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